In mindestens sechs Disziplinen gibt es Medaillenchancen. Im Sprint Weltspitze, in den Ausdauerdisziplinen meilenweit davon entfernt: Die Bahn-WM in Melbourne hat einmal mehr bestätigt, dass es im BDR eine Zwei-Klassen-Gesellschaft gibt. Nach fünf Podestplätzen bei der WM sind die Aussichten für die Olympischen Spiele in London dennoch glänzend, denn dort dominieren die Sprintrennen. "Die Bilanz fällt sehr gut aus. Wir haben bei Olympia ganz sicher in sechs Disziplinen Medaillenchancen", sagte BDR-Sportdirektor Patrick Moster.
Die Sprinter um die neuen Weltmeister Stefan Nimke (Schwerin), Kristina Vogel (Erfurt) und Miriam Welte (Kaiserslautern) haben das Niveau eindeutig mitbestimmt, der Rest hängt dagegen weiterhin kräftig durch. Gerade die inzwischen schon Jahre andauernde Flaute des Bahn-Vierers, der zum zweiten Mal nach 2008 bei Olympia fehlen wird, gibt immer wieder neue Rätsel auf. "Wir müssen neue Wege gehen und ganz neue Denkweisen einfließen lassen, um die Lücke zu verkleinern", sagte Moster, ohne dabei konkret zu werden.
An eine Zukunft ohne Trainer Sven Meyer denkt er aber zunächst nicht: "Wir müssen analysieren, was fehlgelaufen ist, dass wir soweit abgedriftet sind. Wir planen aber mit Meyer weiter. Es ist nicht personengebunden, wo wir international stehen. Wir müssen mit unseren Möglichkeiten und in unserem System dagegenhalten." Dennoch wird es wohl noch eine ganze Weile dauern, bis gerade der Abstand zu Großbritannien und Australien reduziert werden kann. Die einzige Ausdauer-Hoffnung für London ist Roger Kluge aus Eisenhüttenstadt, der Olympia-Zweite von 2008, der im Omnium eine Medaille anstrebt.
In acht von zehn olympischen Disziplinen wird der BDR im Sommer vertreten sein, und die Sprinter könnten dabei Großes erreichen. Egal, ob Teamsprint, Olympischer Sprint oder Keirin, bei Männern wie bei Frauen sind die Deutschen ernsthafte Medaillenkandidaten. Während es aber bei den Frauen an Vogel und Welte, die bei der WM im Keirin und 500-m-Zeitfahren noch Bronze und Silber holten, keine Zweifel gibt, wird die Nominierung bei den Männern ein diplomatischer Drahtseilakt für Sprint-Bundestrainer Detlef Uibel.
Sowohl Routinier Nimke, der sein mögliches Karriereende vergolden möchte, als auch der Cottbuser Maximilian Levy, der im Keirin zum WM-Abschluss Silber gewann, sind wohl gesetzt. Auch der Erfurter René Enders und der Geraer Robert Förstemann haben die nötige Qualität, einer muss jedoch weichen. "Egal, für welche drei er sich im Sprint entscheidet, er wird einem Vierten sehr wehtun müssen. Ich möchte nicht in seiner Haut stecken", sagte Moster. Levy ergänzte: "Einer von uns wird in der schlechten Haut stecken. Der Bundestrainer weiß aber auch, egal, wen er auswählt, er wird gut fahren".
Das Hauptaugenmerk wird bei der Auswahl der Teamsprint haben, auch wenn der BDR durch die Disqualifikation bei der WM einen Rückschlag erlitt. "Es ist sehr, sehr schwierig", betonte Uibel: "Alle vier haben hervorragende Leistungen gebracht. Ich wünsche mir eine relativ schnelle Lösung, weil es das Schwerste wird, dass alle nach der WM an einem Strang ziehen." Uibel hob auch die Entwicklung im Olympischen Sprint und Keirin hervor: "Die neue Erkenntnis ist: Durch unseren Leistungsstand gehören wir zu den Favoriten in allen Disziplinen. Das wird in die Nominierung einfließen".
Im Medaillenspiegel belegte die deutsche Auswahl letztlich Rang drei hinter den dominierenden Briten und Gastgeber Australien. Zumindest die Sprinter könnten in London daran rütteln. "Da muss mehr gehen als in Peking", fordert Moster schon jetzt. Bei Olympia 2008 hatte der BDR zwei Medaillen gewonnen, im Sommer sollen es wesentlich mehr werden.
(Quelle: SID)
