Slalomstangen und motzt vor sich hin. „Ich will aber springen! Über die Hubbel da.“ Sven Hannawald heißt eigentlich Korbinian Seiler, ist vier Jahre alt und seit zwei Tagen Skikursteilnehmer.
Sein Traum, das erzählt er jedem, ist Skispringer zu werden, und der Streit zwischen ihm und seinem Freund Max, der eher auf Martin Schmitt steht, nervt mittlerweile nicht nur den Skilehrer, sondern alle anderen Pistenzwerge zwischen vier und zwölf, die sich in der Skischule im Fichtelgebirge auf zwei Brettern versuchen. „Zuerst muss man schon mal richtig Ski fahren können, sonst kann man nicht auf die Schanze“, versucht Skilehrer Thomas die Steppkes bei Laune zu halten. Und bald sind die Springer vergessen, und die Kinder sind mit Eifer dabei, aufstehen, bremsen, Bogen fahren zu lernen. Die Begeisterung springt über auf die Mamis und Pappis, Omas und Opas, die am Hang stehen oder vom lauschigen Cafe aus ihre Sprösslinge beobachten.
Nach einer Woche ist dann der große Tag: Das Rennen. Eigentlich wollte sich mancher Erwachsene die Übertragung von der Alpinen Ski-Weltmeisterschaft in St. Moritz anschauen. Aber was ist schon ein Herminator oder eine Hilde Gerg gegen den eigenen Nachwuchs, der sich da talwärts stürzt? Das wahre Skileben findet an diesem Vormittag unterhalb des Ochsenkopfes statt, wo es am Ende nur Sieger, viele Schokoküsse und auch ein paar Tränen gibt. Ski Heil.... Wo sind die Talentsucher aus den Vereinen, die die Begeisterung dieser Kinder auffangen könnten? Etwa 150.000 Jungen und Mädchen, so der Präsident des Deutschen Skilehrerverbandes, Ecki Kober, lernen pro Jahr in einer Skischule, wie sie sich senkrecht auf zwei Brettern halten. Wer einmal angefangen hat, der kann meist nicht mehr von dem Schneevergnügen lassen.
Doch diese Begeisterung schlägt sich offensichtlich in Skiclubs kaum nieder. Es hängt von der Initiative einzelner Sportfunktionäre ab, ob beispielsweise Nachwuchsarbeit intensiv betrieben wird. Manche Clubs, die erfolgreiche Leistungsträger hervorbrachten, fielen in einen Dauerschlaf, wenn diese Asse und ihr Umfeld aufhörten. So fragt sich der Laie, der am Hang steht: Warum können hier nicht wie im Fußball Talentsucher stehen, die in Zusammenarbeit mit professionellen Skilehrern und Vereins-Trainern Kinder finden könnten, die für Piste, Loipe oder Schanze geeignet sind? In Frankreich oder Italien sind professionelle Skilehrer am Vormittag mit Touristen im Schnee, am Nachmittag übernehmen sie Aufgaben in Schulen und Vereinen.
Flächendeckende Nachwuchsförderung ist für den Deutschen Skiverband (DSV) aus personellen und finanziellen Gründen kaum möglich. Aber nicht nur in den Alpen, Voralpen oder Mittelgebirgen gibt es begeisterte Skizwerge, die „förderungswürdig“ sind, die aber aus strukturellen Gründen kaum eine Chance haben, „entdeckt“ zu werden, es sei denn, sie ziehen nach Bayern oder Thüringen. Oder in den Schwarzwald. Wenn der DSV eine Möglichkeit fände, die Begeisterung der „Rennzwerge“ aufzufangen und das Zuschauer-Interesse des Skisports umsetzen würde, dann könnte er bald zu den Millionären gehören - zumindest was die Mitgliederzahlen angeht: 696.695 statistische Skifreaks bescheren derzeit dem DSV Platz neun vor den Sportfischern und hinter den Tischtennisspielern.