Bewegung für ein langes Leben

Gerontologen der Universität Stuttgart erforschen, was zu gesundem und erfülltem Leben im Alter führt.

Forscher haben jetzt einen Zusammenhang zwischen Laufgeschwindigkeit und Sterbewahrscheinlichkeit festgestellt. Foto: picture-alliance
Forscher haben jetzt einen Zusammenhang zwischen Laufgeschwindigkeit und Sterbewahrscheinlichkeit festgestellt. Foto: picture-alliance

Ihr Fazit: herausforderndes Bewegungstraining ist ein Schlüssel zu einem gelingenden Leben.

Dem Tod einfach davonzulaufen: Dieser Traum ist so alt wie die Menschheit. Doch wie schnell ist der sprichwörtliche Sensenmann eigentlich unterwegs? Australische Forscher haben den Zusammenhang zwischen der Gehgeschwindigkeit älterer Menschen und ihrer Sterbewahrscheinlichkeit untersucht. Das Ergebnis: Wer schneller als 0,8 Meter pro Sekunde geht, hängt den Sensenmann ab.

Clemens Becker, Geriater und Privatdozent an der Uni Stuttgart, verweist gerne auf diese Studie um zu zeigen, wie wichtig motorische Fähigkeiten für ältere Menschen sind. Becker hat in seiner Tätigkeit als Chefarzt am Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart festgestellt, dass die Gehgeschwindigkeit aussagekräftige medizinische Diagnosen erlaubt. Mehr noch als klassische Risikofaktoren wie Bluthochdruck oder erhöhte Cholesterin- und Zuckerwerte lässt das Geh-tempo Rückschlüsse auf Erkrankungsrisiken zu. Noch ein Vorteil: „Die Messung ist leicht durchführbar und intuitiv zu verstehen“, so Becker.

In der zweiten Lebenshälfte wird Bewegung nicht weniger wichtig als in der ersten – ganz im Gegenteil. Diese Erfahrung macht auch die Ergotherapeutin Anna Kroog in ihrem täglichen Umgang mit älteren Menschen. Seit fünf Jahren arbeitet die Dreißigjährige in der Reha-Abteilung des Robert-Bosch-Krankenhauses. Als Ziel der Therapie nennt sie, „dass ältere Menschen wieder so selbständig wie möglich ihren Alltag meistern können“. Eigenständiges Handeln hängt wiederum eng mit der individuellen Fitness zusammen. „Ob es um Waschen, Anziehen, oder Einkaufen geht: Voraussetzung dafür ist die Mobilität.“

Angeregt von ihren praktischen Erfahrungen, suchte Anna Kroog nach drei Jahren im Beruf eine Möglichkeit, ihre gerontologische Kompetenz berufsbegleitend zu vertiefen. So stieß sie auf den Master-Studiengang „Integrierte Gerontologie“ der Universität Stuttgart, der Fragen des Alterns aus den Perspektiven verschiedener Disziplinen betrachtet. Neben Ingenieur- Sozial- und Verhaltenswissenschaften spielen auch Kognition und Motorik, der Fachbereich von Professorin Nadja Schott, eine große Rolle. Von ihr lernte Kroog, dass ein gezieltes Training der motorischen Fähigkeiten nicht nur die körperliche Gesundheit stärkt. Auch die kognitiven Fähigkeiten und alltägliche Fertigkeiten werden positiv beeinflusst. „Letzten Endes geht es um gelingendes Altern“, resümiert Schott.

Der Effekt regelmäßigen, gezielten Bewegungstrainings auf Gesundheit und Lebensqualität älterer Menschen ist groß. Und doch ist die Praxis oft weit davon entfernt. Nadja Schott bemängelt, dass Senioren häufig zu wenig herausgefordert werden. „In Deutschland heißt Seniorensport noch oft: betreutes Sitzen mit Augenrollen. Wir packen die älteren Menschen in Watte, aus Angst, es könnte etwas passieren.“ Doch diese Schonhaltung sei kontraproduktiv, sagt Schott. Ihre Studenten an der Uni Stuttgart lässt sie deshalb ganz praktisch Trainingsprogramme für und mit Senioren durchführen. Die häufigste Reaktion: „Oh, die können aber noch viel!“

Dass die Gehgeschwindigkeit irgendwann nachlässt, ist nicht zu vermeiden. Wohl aber lassen sich durch frühzeitiges und regelmäßiges Üben körperliche und kognitive Fähigkeiten lange auf einem stabilen Niveau halten. Damit sinkt einerseits das Risiko von Erkrankungen und Stürzen, andererseits steigt die Lebensqualität der älteren Menschen. Ein Nebeneffekt des anspruchsvollen Seniorensports, der vor Leistungstests nicht zurückschreckt: Auch Männer fühlen sich davon mehr angesprochen, deren Teilnahmequote steigt von 10 auf 50 Prozent. „Zudem ist das ein soziales Event“, stellt Nadja Schott fest. „Und damit ist es gleichzeitig eine Freundschafts- und Partnerbörse.“

Für Anna Kroog hat sich der Aufbaustudiengang in einer weiteren Hinsicht gelohnt. Besonders profitiert hat sie vom Kurs zum Thema „Führen, motivieren und Wandel begleiten“ – denn nach zwei Jahren als Trainee hat sich auch ihr beruflicher Werdegang beschleunigt. Sie leitet jetzt die Abteilung für Ergotherapie.                                        

(Quelle: Martes New Media)


  • Forscher haben jetzt einen Zusammenhang zwischen Laufgeschwindigkeit und Sterbewahrscheinlichkeit festgestellt. Foto: picture-alliance
    Forscher haben jetzt einen Zusammenhang zwischen Laufgeschwindigkeit und Sterbewahrscheinlichkeit festgestellt. Foto: picture-alliance