Birgit Fischer paddelt und paddelt und steuert neue Ziele an

Sie telefoniert, gibt ein Interview, empfängt Gäste und organisiert das Abholen eines Kanus - alles gleichzeitig. Nicht nur im Wasser stellt Birgit Fischer ihre unwiderstehliche Koordinationsfähigkeit unter Beweis. Die Frau ist ansteckend mit ihrer Dynamik.

Birgit Fischer bei den Olympischen Spielen von Athen (Foto: Bongarts)
Birgit Fischer bei den Olympischen Spielen von Athen (Foto: Bongarts)

Überzeugende Botschafterin für die Devise "Frauen tun dem Sport gut"

 

Stillstand ist wohl ein Wort, das sie mit Grauen erfüllt. Es ist schon ein Wunder, die 43-Jährige zwischen ihren zahlreichen PR-Terminen und anderen Verpflichtungen zu erreichen: Vom Spargelstechen in Beelitz hastet sie zum Eliteforum der Sporthilfe, vom Kanu-Training steigt sie während des Turnfestes bei Kerners Fernseh-Promiturnen ein und auf den Schwebebalken.

 

Jetzt eigentlich - im für eine Sportlerin hohen Alter - macht sie auch außerhalb des Kanus Karriere und ist damit der personifizierte Widerspruch in einer schillernden Werbe- und Medienwelt des Sports, in der blonde Barbiepuppen noch immer eher gefragt sind als gestandene Frauen und mündige Athletinnen. Plötzlich war sie interessant: Nachdem bei den Olympischen Spielen in Athen die Sportart Kanu als Erfolgsgarant vom Rand in den Mittelpunkt rückte, stand auch sie im Mittelpunkt.

 

Mit Ehrungen (zu Recht) überschüttet

 

Nun hörte man der gebürtigen Brandenburgerin zu, überhäufte sie mit Preisen. Zu Recht: Der Kür zur "Sportlerin des Jahres" folgte die Wahl zur "Sportlerin des Jahrhunderts" und zur "Frau des Jahres" sowie zum "Sportstar des Jahres". Ihre Heimatstadt Brandenburg ernannte die erfolgreiche Paddlerin zur Ehrenbürgerin. Und die ostdeutsche "Super Illu" listete sie, die eine typische DDR-Sportkarriere hinter sich hatte, unter den "70 wichtigsten Ostdeutschen" auf. In der Rubrik Sport landete sie auf Platz eins. Und schließlich wurde sie zur "Sportlerin mit Herz" gekrönt, obwohl man ihr doch oft nachsagte, sie sei spröde, schwierig, manchmal gar zickig. Nun entdeckten viele eine andere Seite an der Kanutin. Etwa Humor. Was ist der Unterschied zwischen Paddeln und Rudern? Birgit Fischer erklärt das so: "Der Kanute sagt im Vorbeifahren: 'Ach sieh mal da, die schöne Kneipe, da gehen wir hin'. Und der Ruderer klagt: 'Ach da war eine schöne Kneipe, jetzt sind wir schon vorbei'."

 

Die achtfache Olympiasiegerin ist ein Tausendsassa in jeder Beziehung und in jeder Beziehung ungewöhnlich. Zunächst einmal in ihrem beruflichen Bereich: Neben ihren sportlichen Ambitionen hat sie sich auch als Bundestrainerin im Kanuverband versucht, was aber nicht ihr Ding war. "Ich bin da oft angeeckt", sagt sie, und hier liegt vorerst jedenfalls nicht ihre Zukunft. Angebote aus den USA soll es geben, wo sie die US-Girls für die Spiele in Peking fit machen soll. Aber will sie da vielleicht nicht selber noch mal?

 

Derzeit hat sie zu Hause genug zu tun. Nach einem Rippenbruch bei einem Treppensturz, einem Autounfall in Kalifornien, wo sie sich erhebliche Verletzungen zuzog, fiel ihr das Training schwer, aber jetzt ist sie wieder okay und steuert Kurs WM Zagreb. Mit ihrem eisernen Willen wird sie das schaffen und vielleicht ihren 27 WM-Titeln einen weiteren hinzufügen. Andere Hochleistungsathletinnen sind mit Training und Wettkämpfen ausgelastet, nicht so die allein erziehende Mutter zweier Kinder, die neben Familien-Verpflichtungen auch noch als Geschäftsführerin in ihrer Firma KanuFisch arbeitet. Und dann engagiert sie sich auch noch für gesellschaftliche Bereiche. Die Umweltschützer freuen sich, dass sie Schirmherrin des Netzwerks "Lebendige Spree" ist.

 

Auch politisch zeigt sich die Diplomsportlehrerin engagiert als Kuratoriumsmitglied im Liberalen Netzwerk sowie im Eliteforum der Stiftung Deutsche Sporthilfe, in dem Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik, Kultur und Sport zu gesellschaftspolitischen Themen diskutieren. Und bei der Kampagne "Sport gegen Gewalt & Drogen" ist sie selbstverständlich mit dabei.

 

Das sportliche Ziel? - Peking 2008!

 

Damit nicht genug. Birgit Fischer unterstützt auch die Kampagne "Sport tut Frauen gut - Frauen tun dem Sport gut". Warum das auch noch? "Na, weil ich eine Frau bin." Und: "Ich habe viel Solidarität unter Frauen im Sport erlebt und möchte auch solidarisch sein." Und sie möchte mit gutem Vorbild auch älteren Frauen Mut machen, Sport zu treiben, weil das zu einem besseren Lebensgefühl beiträgt. Aktiv sein hält einen in Schwung - dafür ist Birgit Fischer ein ausgezeichnetes Beispiel. "Unruhe und Veränderung bringen Weiterentwicklung. Ebenso wie Ziele setzen", sagt sie. Im Bob an Olympischen Winterspielen teilnehmen, Neuseeland und Chile bereisen, Wasalauf oder New York Marathon sind angepeilte Projekte. Und da sind dann noch die Spiele 2008 im fernen China. Angesichts der Abenteuerlust und dem Kribbeln, das sie immer noch spürt beim Paddeln auf dem See, wie sie sagt, scheint nichts unmöglich, auch ein Start in Peking nicht. Bis dahin paddelt und paddelt und paddelt sie... und ist anderweitig aktiv.


  • Birgit Fischer bei den Olympischen Spielen von Athen (Foto: Bongarts)
    Birgit Fischer bei den Olympischen Spielen von Athen (Foto: Bongarts)