Der Alte Bahnhof Kettwig ist vor kurzem als Bürger-, Sport- und Kulturzentrum eingeweiht worden. Vor genau 130 Jahren fuhren die
ersten Züge zwischen Essen-Kupferdreh und Düsseldorf. Seit 1980 waren Schalter und Bahnhofshalle geschlossen. Das historische Gebäude, im Stil des Rundbogen-Klassizismus errichtet, verkam denkmalgeschützt seit 1987. Nun präsentiert es sich als Sport- und Kulturtreff im neuen Gewand. Der Alte Bahnhof Kettwig ist auch ein Beispiel dafür, was das Engagement von Bürgern und privaten wie öffentlichen Institutionen selbst in finanziell schlechten Zeiten zu Stande bringen kann.
Denn die erfolgreich abgeschlossene Essener Baumaßnahme setzt ein deutliches Zeichen gegen den Trend. Unüberhörbar sind inzwischen die Proteste gegen Bäderschließungen quer durch Deutschland. Manfred von Richthofen, der Präsident des Deutschen Sportbundes, fragt die politisch Verantwortlichen bei jeder Gelegenheit, „was ihnen die sportlichen Offerten zur Stärkung des Gemeinwohls tatsächlich wert sind“. Die Sportministerkonferenz der Länder stellt trotz anhaltender Erneuerung der Sportstätten „einen bedrückend hohen Sanierungsbedarf fest“. In Essen wird heute nicht ohne berechtigten Stolz aufgezeigt, wie sich bedürfnisgerecht und am Gemeinwohl orientiert planen und umsetzen lässt.
Vor sechs Jahren führte eine beispielhafte Bürgerinitiative aus Organisationen und Persönlichkeiten zur Gründung der Interessengemeinschaft Bahnhof Kettwig e. V. Sie setzte sich das ehrgeizige Ziel, die marode Anlage innen und außen zu sanieren. Der Sportbund Essen, der Stadtsportverband Kettwig und die Kettwiger Sportvereine nutzten die Chance, hier ein Sport- und Gesundheitszentrum (SGZ) einzurichten. Bisher fehlten dafür geeignete Räumlichkeiten. 21 solcher Zentren gibt es in Essen, gut verteilt über das ganze Stadtgebiet. Nur Kettwig wurde auf dem Stadtplan noch als weißer Fleck ausgemacht. Das ist jetzt vorbei.
Der Alte Bahnhof Kettwig ist offen für aktives Leben vieler Art. In vier Geschossen auf 1.100 qm befinden sich Veranstaltungsräume für bis zu 400 Personen, Bühnen für Theater, Konzerte und Kabarett, Sport- und Kreativräume und ein gastronomischer Betrieb. Eine junge Projektleitung hat schon zu Beginn der handwerklichen Arbeiten vor drei Jahren damit begonnen, Kurse, Veranstaltungen und Vermietungen zu koordinieren. Sport- und Tennisplätze, Wander- und Fahrradwege, Wassersportanlagen an der Ruhr und Freibäder befinden sich im attraktiven Umfeld.
Das besondere Engagement und die Spendenfreudigkeit von Bürgern, Parteien und Firmen hat auch die öffentlichen Töpfe geöffnet. Fördergelder zahlten zum Beispiel das Land Nordrhein-Westfalen, die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, die Krupp-Stiftung, die Stadt Essen. 100 junge Arbeitslose erhielten erfreuliche Perspektiven für den zukünftigen Berufsweg. 274 Spender werden in einer ständig aktualisierten Liste aufgeführt. Darunter sind der Anglerclub Kettwig vor der Brücke und die Organisatoren des Marathonlaufs der Kettwiger Sportvereine.