Carl-Heinz Engelke - ein Leben für den Sport

Carl-Heinz Engelke kennt den Sport von allen Seiten. In jungen Jahren war der inzwischen 80jährige Niedersachse ein erfolgreicher Fußballer und Leichtathlet. Seit über 60 Jahren ist er ehrenamtlich im Sport tätig, seit 1981 für das Sportabzeichen. Mehrere 100.000 Sportabzeichen sind seitdem durch seine Hände gegangen.

Carl-Heinz Engelke mit dem Bundesbeauftragten für das Deutsche Sportabzeichen, Klaus Witte (rechts, Foto: privat).
Carl-Heinz Engelke mit dem Bundesbeauftragten für das Deutsche Sportabzeichen, Klaus Witte (rechts, Foto: privat).

Als Auslandsbeauftragter kümmerte er sich seit 1987 um den Fitness-Orden außerhalb Deutschlands. Im Interview äußert sich Engelke zu seiner Tätigkeit in den vergangenen Jahrzehnten.

Sie waren lange Zeit hauptberuflicher Leiter der Sportabzeichen-Stelle im Landessportbund Niedersachsen unter Albert Lepa, dem 1. Sportabzeichenbeauftragten nach dem Krieg. Wie kam es zu diesem Engagement für den deutschen Fitnessorden?

Engelke: Albert Lepa war ja nicht nur Sportabzeichenbeauftragter und Vorsitzender des Landessportbundes in Niedersachsen, sondern er war auch mein Nachbar. Es bestand eine sehr enge Verbindung zu ihm. Nach dem Krieg hat er mir zum Beispiel seine Nagelschuhe vermacht, die waren damals sehr schwer zu bekommen. Über ihn bin ich dann zum LSB gekommen. Dort war das Sportabzeichen sehr hoch angesiedelt. Niedersachsen war die führende Stelle in Bezug auf die Abnahmen in Deutschland.

Lässt sich schätzen, wie viele Sportabzeichen Sie in Ihrem Leben bereits abgenommen haben?

Engelke: Das lässt sich nicht genau sagen, aber es sind wirklich sehr sehr viele Sportabzeichen, die ich im Laufe meiner Tätigkeit abgenommen habe. Noch mehr Sportabzeichen habe ich nicht selbst abgenommen, sondern geprüft. Insgesamt sind es bestimmt mehrere 100.000.

Und wie oft haben Sie selbst das Sportabzeichen über die vergangenen Jahrzehnte hinweg abgelegt?

Engelke: Ich habe das Sportabzeichen in allen Kategorien abgelegt. Als Leistungssportler habe ich zwar nicht jedes Jahr das Sportabzeichen abgelegt, da andere sportliche Ziele im Vordergrund standen, aber bereits als 17jähriger habe ich das Abzeichen in Bronze gemacht. Normalerweise geht das erst mit 18 Jahren. Mit 40 habe ich das Goldene abgelegt â?? und dass nach den Bedingungen für 18jährige.

Sie sind seit 1987 Auslandsbeauftragter für das Sportabzeichen. Seit wann ist es möglich, das deutsche Sportabzeichen auch im Ausland zu erwerben und in welchen Ländern liegt der Schwerpunkt für das Sportabzeichen außerhalb Deutschlands?

Engelke: Seit 1954 ist es möglich den Fitnessorden auch im Ausland abzulegen. Ich habe die Aufgabe des Auslandsbeauftragten 1987 übernommen. Zuvor war Albert Lepa für das Sportabzeichen im Ausland zuständig, aber eigentlich hat damals seine Frau, genannt "Mieze", alles gemacht. Der Schwerpunkt für das Sportabzeichen im Ausland liegt vor allem in Südamerika, wo sich große Kolonien Deutschstämmiger erhalten haben. In Argentinien, Chile und Brasilien gibt es viele deutsche Schulen, die das Sportabzeichen abnehmen. Aber das Sportabzeichen wird schon lange nicht mehr nur an Deutsche verliehen, auch bei dem Einheimischen wird es immer beliebter.

An welchen Institutionen wird das Sportabzeichen im Ausland abgenommen? Und gibt es in anderen Ländern vergleichbare Auszeichnungen?

 Engelke: Da es sich beim Sportabzeichen um ein deutsches Ehrenabzeichen nach dem Ordensgesetz handelt, muss gewährleistet sein, dass es sich bei der Abnahmestelle um eine deutsche Institution handelt. In der Regel sind das Schulen, Sportvereine und zunehmend auch die Bundeswehr. Gerade bei der Bundeswehr erfährt das Sportabzeichen eine große Wertschätzung.

Lediglich in Österreich gibt es eine ähnliche Auszeichnung, das Östa (Österreichisches Sport- und Turnabzeichen). Es wird dort im Gegensatz zu Deutschland vom Bundeskanzleramt verliehen, denn eine Dachorganisation für den Sport, wie den DSB in Deutschland, gibt es dort nicht.

Erinnern Sie sich an ein besonders Erlebnis in Zusammenhang mit dem Sportabzeichen im Ausland?

Engelke: Ich bin relativ selten im Ausland gewesen. Einladungen gab es sehr viele, aber die finanziellen Mittel war meist nicht da. Natürlich gab es unzählige Erlebnisse. Vor wenigen Jahren habe ich zum Beispiel einen Brief von einem Professor aus den Vereinigten Staaten entgegengenommen. Der Brief war an den schon längst verstorbenen Albert Lepa gerichtet. Der Professor hatte das Sportabzeichen als Schüler in Uruguay abgelegt und das Abzeichen seit dem immer am Revers getragen. Nun hatte er es verloren und war auf er Suche nach einem Ersatz. Eigentlich gibt es dieses Abzeichen gar nicht mehr, aber ich konnte noch eines auftreiben. Der Professor bedankte sich ganz überschwänglich mit dem Worten bei mir, dass dies sein schönstes Weihnachtsgeschenk sei. Das war dann auch für mich ein sehr schönes Erlebnis.

Wie sehen Sie die Entwicklung des Sportabzeichens über die vergangenen Jahre hinweg? Werden wir Deutschen, wie oft behauptet wird, immer unsportlicher?

Engelke: Ich sehe die Entwicklung der vergangenen Jahre und Jahrzehnte mit großem Bedauern. Die Bedingungen für das Abzeichen wurden 1913 festgelegt und gelten im wesentlichen bis heute. Seit dem hat es eine Vielzahl an Neuerungen im Bereich der Bekleidung und der Sportanlagen gegeben. Man müsste denken, dass sich damit auch das Leistungsvermögen weiterentwickelt hat. Aber das Gegenteil ist passiert. Früher war zum Beispiel der Schlagballweitwurf für Schüler kein Problem. Heute haben die Schüler ebenso wie ihre Lehrer große Probleme mit dem Werfen. Auch die große Anzahl der Nichtschwimmer in Deutschland macht mir große Sorgen. Wir müssen darauf dringend reagieren.

Was sind Ihrer Meinung nach die großen Vorteile des Sportabzeichens gegenüber den unzähligen Wettbewerben, die es im Sport gibt?

 
Engelke: Das Sportabzeichen ist im Vergleich zu anderen Wettbewerben anders angepasst. Sonst zählt immer nur der 1. Platz, alle anderen Platzierungen sind eine Niederlage. Beim Sportabzeichen zählt nur das Erfüllen der Bedingungen, eine Rangfolge gibt es nicht. Auf diese Weise hat jeder, der die Anforderungen erfüllt das Gefühl, etwas erreicht zu haben. Und wenn man eine Bedingung nicht geschafft hat, dann hat man noch das ganze Jahr Zeit, seine Leistung zu verbessern und sich zu steigern. Es kommt vor allem auf die individuelle Leistung an.

 


  • Carl-Heinz Engelke mit dem Bundesbeauftragten für das Deutsche Sportabzeichen, Klaus Witte (rechts, Foto: privat).
    Carl-Heinz Engelke mit dem Bundesbeauftragten für das Deutsche Sportabzeichen, Klaus Witte (rechts, Foto: privat).
  • Gratulationen vom DSB-Präsidenten Manfred von Richthofen.
    Gratulationen vom DSB-Präsidenten Manfred von Richthofen.
  • Ein großer Artikel zu seinen Ehren in der Vereinszeitung von Eintracht Hannover.
    Ein großer Artikel zu seinen Ehren in der Vereinszeitung von Eintracht Hannover.