Christa Thiel: Appell an alle: Nichts Schönreden, aber dennoch Daumen-Drücken

Christa Thiel führt erstmals bei den Olympischen Sommerspielen das Schwimm-Team des Deutschen Schwimm-Verbandes an. Für die dsb-website kommentiert die Juristin Olympia nach den ersten beiden Wettkampftagen aus der Sicht der Vizepräsidentin des Deutschen Sportbundes.

 

Christa Thiel, Vize­prä­si­den­tin des DSB kommen­tiert die olym­pischen Spiele (Foto: Bongarts)
Christa Thiel, Vize­prä­si­den­tin des DSB kommen­tiert die olym­pischen Spiele (Foto: Bongarts)

Die ersten beiden der 16 olympischen Tage sind verstrichen. Wie fällt Ihr Zwischenfazit als Vizepräsidentin des Deutschen Sportbundes aus?
 
Thiel: "Ich bekomme hier ja vor Ort sehr viel weniger mit als die TV-Zuschauer zu Hause. Wir haben bei Olympia sicherlich keinen glücklichen Einstieg gehabt, aber in den Mannschafts-Sportarten haben unsere Teams ja ihre ersten Spiele alle gewonnen. Es bleibt festzustellen: Mit Platz 15 in der Nationenwertung können wir nicht zufrieden sein, das ist klar. Es ist sicherlich kein guter Auftakt. Aber es bleibt festzuhalten: Keiner von uns hat es sich leicht gemacht."

"Wir haben bei Olympia sicherlich keinen glücklichen Einstieg gehabt, aber in den Mannschafts-Sportarten haben unsere Teams ja ihre ersten Spiele alle gewonnen."


Wie schätzen Sie denn den Verlauf in Ihrer eigenen Sportart, dem Schwimmen, ein?
 
Thiel: "Auch wir sind hinter unseren Erwartungen zurück geblieben. Es gibt für ein Abschneiden wie bei Hannah Stockbauer keine augenscheinliche Erklärung. Bei unserer 4x100-m-Freistil-Staffel der Männer konnte es aber beispielsweise eine Medaille geben, wenn es optimal läuft, aber eben auch anders, selbst wenn es gut läuft. Die Athleten versuchen jetzt, trotz der negativen Schlagzeilen das Beste herauszuholen. Sowohl Franziska van Almsick als auch Hannah Stockbauer sagen jetzt, das bisherige Rennen abhaken und auf das nächste konzentrieren."
 
Gibt es denn Sportarten, in denen es schwerer fällt, erfolgreich zu sein als in anderen?
 
Thiel: "Es gibt sicherlich ein paar Sportarten, die schon vorher von außen auf den Medaillenrängen platziert werden, während einige andere mehr eine Außenseiterrolle habe. Als Favorit ist es halt schwerer, der Druck ist bei Olympia immens. Es ist schon etwas ganz anderes als Welt- und Europameisterschaften. Ich will ein Beispiel geben, dass diese Einschätzung einmal genau anders herum dokumentiert. Meine Wasserballer haben gegen Griechenland gespielt. Sie sind in das Spiel gegangen, wir haben überhaupt nichts zu verlieren. Bei den Griechen war es genau anderes herum: Sie waren als Medaillenkandidat der große Favorit. Bei uns hat alles geklappt, wir haben uns keine Fehler erlaubt. Sie haben dann den Hannah-Stockbauer-Effekt erlebt. Am Ende haben wir mit 5:4 gewonnen."

 

"Es geht doch nicht darum, dass die Ergebnisse schön geredet werden. Aber es sind doch erst zwei von 16 Tage vergangen, ..."
 
Bisher ist die Medaillen-Ausbeute hinter den Erwartungen zurück geblieben?
 
Thiel: "Ja, das stimmt. Aber es ist immer dieselbe hausgemachte Geschichte bei uns. In den ersten zwei Tagen läuft es nicht zufriedenstellend, und schon kommt es zur Pauschal-Verurteilung: Alles ist Mist. Es geht doch nicht darum, dass die Ergebnisse schön geredet werden. Aber es sind doch erst zwei von 16 Tage vergangen, warum können wir nicht eine Jetzt-Erst-Recht-Mentalität entwickeln wie in andere Ländern auch, ein Daumen-Drücken für das Kommende? Die Beurteilung unserer Leistung fällt in anderen Länder ganz anderes aus als bei uns selbst. Abgerechnet wird erst am Schluss. Mein Appell: Lieber in die Zukunft kommentieren, statt nach zwei Tagen alles schlecht machen."
 
Sind Sie denn mit der Beurteilung der Lage von außen zufrieden? Ist es vergleichbar mit Olympia für die Schwimmer vor vier Jahren?
 
Thiel: "Wenn ich schon den Satz höre ´Sydney lässt grüßen´ höre, dann wird mir ganz schlecht. Wir haben im Schwimmen eine ganz andere Mannschaft als vor vier Jahren, es herrscht eine ganz andere Stimmung. Und es ist ja überhaupt nicht so, dass die Sportlerinnen und Sportler depressiv herum hängen, sondern jeder will die Sache optimal angehen."


  • Christa Thiel, Vize­prä­si­den­tin des DSB kommen­tiert die olym­pischen Spiele (Foto: Bongarts)
    Christa Thiel, Vize­prä­si­den­tin des DSB kommen­tiert die olym­pischen Spiele (Foto: Bongarts)