Das „sogenannte Böse“ im Sport

 

Konrad Lorenz und Karl Adam über die Aggression

 

Er behauptet schon in den Titeln seiner Bücher, mit dem Vieh zu reden,

mit den Vögeln und mit den Fischen. Der Verhaltensforscher Konrad Lorenz, der am 7. November 100 Jahre alt geworden wäre, definierte die „Acht Todsünden der zivilisierten Menschheit“. Er redete auch mit den Sportlern. In seinem Hauptwerk „Das sogenannte Böse“, das den Obertitel trägt, „Zur Naturgeschichte der Aggression“, ist das nachzulesen. Es ist nicht verwunderlich, dass gerade ein Intellektueller des Sports von diesem Werk begeistert war. Karl Adam, der sogenannte Ruder-Professor, besprach das Buch vor Jahren sehr positiv in der Wochenzeitung „Die Zeit“ und bestätigte den Wissenschaftler durch praktische Beispiele der aggressionshemmenden Wirkung durch den Sport. Zwei Gentlemen der Schwerarbeit im Ruderboot, Ingo Kliefoth und Bernd Kruse, hatten 1959 den Zweier-ohne-Steuermann bei der Europameisterschaft gegen die Russen Boreiko/Golowanow, die späteren Olympiasieger, gewonnen. Nach dem Sieg sagte Kliefoth, damals erst 18 Jahre alt: „Scheußlicher Gedanke, dass man durch eine blödsinnige politische Entwicklung eines Tages gezwungen sein könnte, auf so nette Kerle zu schießen.“

Konrad Lorenz hat gesagt: „Wettkämpfe zwischen Nationen stiften indes nicht nur dadurch Segen, dass sie ein Abreagieren nationaler Begeisterung ermöglichen, sie rufen noch zwei weitere Wirkungen hervor, die der Kriegsgefahr entgegenwirken: sie schaffen erstens persönliche Bekanntschaft zwischen Menschen verschiedener Nationen und Parteien und zweitens rufen sie die einigende Wirkung der Begeisterung dadurch hervor, dass sie Menschen, die sonst wenig gemeinsam hätten, für dieselben Ideale begeistern.“ Denn: „Kein Mensch kann ein Volk hassen, von dem er mehrere Einzelmenschen zu Freunden hat.“ Konrad Lorenz hatte Grundsätzliches geschrieben: „Eine im menschlichen Kulturleben entwickelte ritualisierte Sonderform des Kampfes ist der Sport.“ Er behauptete: „Die Fairness oder die Ritterlichkeit des Sports, die auch unter stark aggressionsauslösenden Reizwirkungen aufrecht erhalten wird, ist eine wichtige kulturelle Errungenschaft der Menschheit.“ Konrad Lorenz, 1903 in Wien geboren und 1989 im Alter von 85 Jahren gestorben, wurde zu seinem 100. Geburtstag mit zwei Biographien geehrt. Dabei wird auch seine teilweise angreifbare Rolle im Nationalsozialismus dargestellt. Einer der Buchtitel von Konrad Lorenz lautet: „So kam der Mensch auf den Hund“. Schade, dass er sich nicht noch intensiver mit Olympischen Spielen und Fußball-Weltmeisterschaften beschäftigt hat. Sonst wäre vielleicht ein Buch entstanden mit dem Titel „So kam der Mensch auf den Sport“.