Das Sportabzeichen - ein wichtiger Fitness-Test auch bei der Bundeswehr

Auch bei der Bundeswehr ist das Deutsche Sportabzeichen ein wichtiger Fitness-Test. Die Soldaten müssen sich einmal pro Jahr den Anforderungen des Sportabzeichens stellen. Der Diplomsportlehrer Manfred Noe ist Koordinator für das Sportabzeichen bei der Bundeswehr und gibt im Interview einen Einblick in seine Arbeit und den Fitnesszustand der deutschen Soldaten.

Neben dem Physical Fitness Test haben sich in der Bundeswehr alle Soldaten einmal jährlich den sportartenspezifischen Anforderungen des deutschen Sportabzeichens zu stellen. Wie viele Soldaten legen pro Jahr das Sportabzeichen ab?

 

Noe: Das ist schwer zu sagen, da wir bei der Bundeswehr im Zuge der Entbürokratisierung kein zentrales Meldesystem mehr haben. Ca. 55.000 bis 60.000 Soldaten melden ihre erfolgreiche Ablegung des DSA jährlich an den DSB weiter. Wir haben die Bestimmung, dass jeder Soldat einmal pro Jahr die Bedingungen für das Sportabzeichen erfüllen muss. Aber nicht jeder Soldat reicht seine Unterlagen an die Landessportbünde weiter, um sich seine Leistungen mit dem offiziellen Abzeichen bestätigen zu lassen. Dies ist für die Soldaten kostenpflichtig und erfolgt nur auf freiwilliger Basis. Zählt man alle Soldaten, die die Bedingungen pro Jahr erfüllen, liegen wir bei ca. 140.000.

Worin besteht Ihre Aufgabe als Koordinator des Sportabzeichens bei Bundeswehr?

Noe: Als Grundsatzdezernent für den Sport bei der Bundeswehr ist das Sportabzeichen nur ein kleiner Bereich meiner Aufgaben. Ich bin unter anderem für Kontakte mit zivilen Institutionen zuständig. Dazu gehört auch der Kontakt zum Deutschen Sportbund und zum Arbeitskreis Sportabzeichen. Ich gebe die Änderungen/ Ergänzungen zum DSA in der Bundeswehr weiter, werbe auf verschiedenen Ebenen für Meldungen an den DSB und aktualisiere die Bestimmungen zur Abnahme in der Bundeswehr.

Der Anteil übergewichtiger Menschen hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen, die sportliche Leistungsfähigkeit ist zugleich zurückgegangen. Beobachten Sie auch bei den Soldaten einen Abfall der sportlichen Leistungsfähigkeit?

Noe: Ja, wir sehen das ganz deutlich. Insgesamt haben wir die Feststellung gemacht, dass die männliche Bevölkerung durch die Bundeswehrsoldaten sehr gut repräsentiert wird. Und da bekommen wir natürlich auch die Problematik einer verschlechterten Leistungsfähigkeit bei den Schulabgängern sehr deutlich mit. Neben dem Sportabzeichen müssen sich die Soldaten auch einem Physical Fitness Test unterziehen. In 2004 haben zum Beispiel ca. 53 Prozent der Hauptschüler und 30 Prozent der Abiturienten, die sich zum freiwilligen Dienst in der Bundeswehr beworben haben, diesen Test nicht bestanden. Das zeigt zudem, dass sportliche Leistungsfähigkeit in engem Zusammenhang mit der Schulbildung steht.

Und wie sieht es mit dem Erfüllen der Bedingungen des Sportabzeichens aus?

Noe: Es gibt dazu keine bundesweite Erfassung aller Bereiche. Allerdings habe ich von der Marine gehört, dass im vergangenen Jahr nur 35 Prozent der Soldaten die Bedingungen für das Sportabzeichen erfüllt haben. Ich denke das sind sehr alarmierende Zustände, zumal die Bedingungen für das Sportabzeichen ja nur einen untersten Leistungslevel darstellen, der für niemanden ein Problem sein sollte.

Ich selbst bin als junger Sportlehrer zur Bundeswehr gegangen, weil ich aufgund des Berufsbildes der Soldaten an die Affinität der Bundeswehr zum Sport geglaubt habe. Ich habe dort jedoch schnell gemerkt, dass wir Sportlehrer für die Soldaten häufig eher eine Belästigung darstellen. Für mich war das anfangs sehr erstaunlich und später vor allem enttäuschend. Das Privileg, Sport treiben zu dürfen, sehen viele nicht, ebenso nicht die Notwendigkeit zum Sport treiben, damit Alltagsbelastungen durch eine gute körperliche Fitness besser bewältigt werden können. Es gibt zwar auch sportlich engagierte Vorgesetzte und Soldaten, aber insgesamt bedarf es einer grundlegenden Bewusstseinsänderung und Einstellung zum Sport.

In der aktuellen politischen Diskussion ist auch die Bildung einer Berufsarmee ein Thema. Könnte dies eine Rahmenbedingung für sportlichere Soldaten sein?

Noe: Die Rahmenbedingungen bei einer Berufsarmee würden sich deutlich von den bisherigen unterscheiden. Jemand der freiwillig kommt, von dem können bestimmte Voraussetzungen in Bezug auf seine Leistungsfähigkeit verlangt werden. Ich sehe dabei aber ganz deutlich das Problem, dass die Bundeswehr ja aus dem vorhandenen Potential an Bewerbern aus den geburtenschwachen Jahrgängen schöpfen müsste und damit zum Beispiel in Konkurrenz zur Feuerwehr und Polizei stände. Das kann dann den Gegeneffekt auslösen, dass bei hohen Anforderungen niemand mehr zur Bundeswehr möchte.

Wie sieht es bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr aus. Wird auch dort das Sportabzeichen abgelegt?

Noe: Teilweise wird es auch im Ausland abgenommen, aber das hängt immer von Möglichkeiten vor Ort ab.