Dem Diktator zum Trotz

Jeder sollte im Krieg gegen die Ukraine seinen Einfluss geltend machen. Der Sport tut dies, indem er möglichst viele Ukrainerinnen und Ukrainer bei den Olympischen Spielen an den Start bringt.

Das Olympische Feuer steht für die Botschaft von Frieden und Freundschaft. Foto: picture-alliance
Das Olympische Feuer steht für die Botschaft von Frieden und Freundschaft. Foto: picture-alliance

Zwei Jahre ist es nun her, dass Russland unter der Führung seines Präsidenten und faktischen Diktators Wladimir Putin den Olympischen Frieden der Spiele von Peking gebrochen hat und die Ukraine erbarmungslos mit einem Angriffskrieg überziehen lässt. Über Hunderttausend Todesopfer hat dieser Krieg bereits gefordert, Millionen Menschen sind geflohen und der Abnutzungskampf an der Front geht Tag für Tag und Minute für Minute weiter. Hoffnung auf ein Ende der Kampfhandlungen gibt es nicht. 

Wer genau hinsehen wollte, hätte den Beginn dieses inzwischen in Schützengräben und auf Schlachtfeldern ausgetragenen Kulturkampfes zwischen den imperialen Machtfantasien eines Despoten und der westlich-demokratisch-liberalen Welt, schon zehn Jahre zuvor erkennen können. Nämlich bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi 2014, denen wenige Tage später die Annexion der Krim durch Russland folgen sollte. Doch zunächst zurück nach Sotschi. 

Für unzählige Milliarden Dollar hatten die Freunde Putins, die nach dem Zerfall der Sowjetunion ihr Geld mit dem Verkauf von Öl und Gas sowie in der Schwerindustrie gemacht hatten und dem modernen Zaren nun einen Gefallen schuldeten, eine olympiareife Infrastruktur mit Sportstätten, Liftanlagen, Hotels und Schnellstraßen in und an den Kaukasus gebaut. Auf dieser strahlenden Bühne sollten die russischen Medaillen besonders glänzen. Und da Erfolg im Sport nicht garantiert ist, half man mit einem dopingbasierten Manipulationssystem nach.  

Gold, Silber und Bronze über 50 km Langlauf der Herren für Russland am Schlusstag der Spiele. Putin brauste zum Wettkampf im polarweißen Dauneneinteiler mit einem riesigen Snowmobil im Bond-Stil durch den Wald heran und ließ sich bei der Schlussfeier vom Publikum und dem anwesenden Who is Who des Sports huldigen. Auch im DOSB fiel das Fazit der Spiele eher positiv aus. Tolle Sportstätten, schöne Medaillenerfolge und mit Umwelt-, Menschrechts- und LGBT-Aktivisten hatten wir uns auch getroffen. Naivität inklusive. 

Wenige Tage später überfielen russische Truppen die Krim, in den Folgejahren infiltrierten inoffizielle russische Truppen den Osten der Ukraine und spätestens seit dem denkwürdigen 24. Februar 2022 gibt es keinen Platz mehr für Interpretationen. Eine freie Ukraine darf es nach dem Weltbild des Wladimir Putin nicht geben. Umso wichtiger ist es zwei Jahre nach Kriegsbeginn unserer Verantwortung gerecht zu werden. Jeder in seiner Einflusssphäre.  

Im Sport bedeutet dies, dass wir national und international unseren Einfluss geltend machen, um möglichst viele Ukrainerinnen und Ukrainer bei den Olympischen Spielen in Paris an den Start zu bringen. Wir tun dies, indem wir in unseren Sportstrukturen Athletinnen und Athleten temporär oder langfristig aufgenommen haben, so wie unsere Vereine an der Basis viele Geflüchtete bei sich integriert haben. Nutzen wir die positiven Potenziale der Bühne Olympia und feiern im Sommer in Paris den Überlebenswillen und die Widerstandskraft der Ukrainerinnen und Ukrainer. Dem Diktator zum Trotz.  

(Autor: Christian Sachs, Leiter Hauptstadtbüro des Deutschen Sports)      


  • Das Olympische Feuer steht für die Botschaft von Frieden und Freundschaft. Foto: picture-alliance
    Zwei Kinder stehen sich gegenüber und übergeben die Olympische Fackel Foto: picture-alliance