An diesem Donnerstag wird das Internationale Olympische Komitee auf eine ansehnliche Gruppe von Städten blicken können, die sich um die Olympischen Winterspiele 2022 bewerben. Almaty in Kasachstan, Lwiw (das frühere Lemberg) in der Ukraine, Norwegens Hauptstadt Oslo (mit Lillehammer), Schwedens Hauptstadt Stockholm, dazu wohl Peking (mit Zhangjiakou) in China und eine kombinierte polnisch-slowakische Bewerbung mit Krakau an der Spitze.
München ist nicht mehr dabei. Das haben die Menschen in der bayerischen Landeshauptstadt, der Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen und in den Landkreisen Traunstein und Berchtesgaden abgelehnt.
Selbstverständlich hat der Sport das Ergebnis dieser demokratischen Entscheidung, die er selbst zur Voraussetzung einer Bewerbung gemacht hat, akzeptiert. Aber an der Enttäuschung ändert das wenig. Denn fest steht auch: Eine große Chance für den Sport ist dahin.
Repräsentative Umfragen haben gezeigt, dass mehr als 70 Prozent der Deutschen eine Olympiabewerbung befürwortet hätten. Aber die Menschen wollten es nicht vor der eigenen Haustür. Nicht der Gedanke an die Chancen hat die Meinungsäußerungen bei den Bürgerentscheiden bestimmt, sondern Unwohlsein angesichts eines weiteren Großprojekts. Mit Argumenten, seien sie auch noch so gut und sachlich, ließ sich diese Stimmung nicht drehen.
Das war keine Entscheidung gegen das Konzept, das viel Zustimmung fand. Nur rund ein Prozent der nötigen Sportanlagen hätte neu und dauerhaft gebaut werden müssen. Gäbe es auch dafür einen Wettbewerb, wäre es ein Erfolg mit Weltrekord gewesen. Olympische Winterspiele, das zeigen die vielen Bewerber, wird es weiterhin geben. München 2022 aber hätte der Welt zeigen können, wie man solche Spiele auch nachhaltig veranstalten kann. Diese Chance ist leider nicht gewährt worden.
Der Sport hält sich natürlich an die Spielregeln. Aber auch diese gilt: Wer das Spielfeld verlässt, anstatt weiter mitzumachen, der kann nicht mehr gewinnen. Deshalb muss der Sport diese Diskussion in den kommenden Monaten führen: Wie stehen wir zu großen Sportveranstaltungen und großen Sportprojekten?
Wir dürfen sicher sein: Der Sportbegeisterung in Deutschland wird das Ergebnis vom Sonntag keinen Abbruch tun. Nicht nur der Fußball ruft sie hervor, sondern auch Ereignisse wie kürzlich die Kanu-Weltmeisterschaften, die Biathlon-Weltmeisterschaften in Ruhpolding oder die Leicht-athletik-WM in Berlin. Das galt auch für die Alpin-Ski-Weltmeisterschaften in Garmisch-Partenkirchen, an deren Ende ein finanzieller Gewinn stand, der wieder in den Sport floss.
Eine Olympiabewerbung wäre indes ein umfassendes Konjunkturprogramm für den deutschen Sport bis hinunter in Schulen und Vereine gewesen – das wurde verpasst. Schade.