Der Breitensport hat die Herausforderung Europa angenommen

 

9. Bundeskonferenz in Potsdam mit grenzüberschreitenden Impulsen

 

Der Breitensport in Deutschland hat die Herausforderung Europa längst erkannt und angenommen. Dafür sprechen

die vielen Aktivitäten und Projekte, die schon heute auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene seitens der Sportvereine und Sportverbände praktiziert werden. Allerdings gilt es, dieses Potenzial zukünftig noch offensiver im Sinne einer aktiven Europapolitik zu nutzen und gegenüber allen Entscheidungsträgern im europäischen Integrationsprozess - von Kommune, über Landes- und Bundesregierung bis zu EU-Institutionen - darzustellen. Dies ist das Fazit des Vizepräsidenten des Deutschen Sportbundes (DSB), Prof. Dr. Peter Kapustin, nach der 9. Bundeskonferenz Breitensport, die in Potsdam unter dem Hauptthema „Sport tut Europa gut“ stand. Dabei kommt Kapustin zwar zu dem Schluss, dass versucht werden sollte, die eigenen Ziele gegebenenfalls mit europäischen Förderprogrammen zu verfolgen und umzusetzen. Doch unter dem Stichwort „Nicht nur Brüssel ist der Schlüssel“ soll Europa als Querschnittsaufgabe in die Struktur des jeweiligen Verbandes integriert und europäische Integration von allen Orten aktiv betrieben werden. Zudem wird an die Verantwortlichen in politischen Funktionen appelliert, eine Entbürokratisierung der Anträge für EU-Projekte anzustreben. Als Beispiel dafür wurde das EU-Projekt „Erziehung durch Sport“ angeführt.

Rund 150 Breitensportexperten aus über 50 Mitgliedsorganisationen des DSB zeigten mit ihrer Teilnahme Interesse am Thema Europa und belebten damit die Forderung des DSB-Präsidenten Manfred von Richthofen, dass von dieser Bundeskonferenz ein grenzüberschreitender Impuls ausgehen solle. An die Adresse der Politik sagte der DSB-Präsident in Potsdam: „Wer ein Europa der Bürger aufbauen und festigen will, der sollte den Sport als treibende Kraft begreifen und seine sozialen und kulturellen Handlungsfelder offensiv nutzen.“ Von Richthofen wies in Potsdam auf ein kleines Jubiläum hin, das in diesen Tagen gefeiert werden kann: Zehn Jahre EU-Büro des deutschen Sports in Brüssel bedeute zehn Jahre Überzeugungs- und Kärrnerarbeit. „Mit Hilfe des deutschen EU-Büros wurde in der Tat das gesellschaftlich bedeutsame Gesamtbild des Sports auf europäischer Ebene ins Blickfeld gerückt“, sagte der DSB-Präsident weiter. Und er wagte die Feststellung, dass - nicht zuletzt auf Grund der stetigen Lobbyarbeit - der Sport in der zukünftigen europäischen Verfassung verankert sein werde: „Zwar nicht so nachdrücklich wie erhofft, aber doch als Rechtsgrundlage, auf der sich aufbauen lässt.“

Der Leiter des EU-Büros des DSB in Brüssel, Tilo Friedmann, unterstrich in Potsdam, dass der Breitensport Bestandteil europäischer Politik ist. Die Präsidentin des Weltrates für Sportwissenschaft und Leibeserziehung, Prof. Dr. Gudrun Doll-Tepper, hob die Vielfalt der breitensportlichen Initiativen in Europa hervor, die von der katalanischen Pyramide bis zum ostfriesischen Boßeln reiche und forderte einen Austausch untereinander und eine weltweite Öffnung. Eindrucksvoll war der Bericht des Geschäftsführers des niederländischen Instituts für Sport und Bewegung, Wim Florijn, über die Kampagne „Breitensportimpuls“, die von 1999 bis 2013 angesetzt ist und mit jährlich 14 Millionen Euro unterstützt wird, um den Breitensport auf lokaler Ebene zu stärken. Wolfgang Baumann, Leiter des Geschäftsbereichs Breitensport im DSB, kündigte eine Forcierung des Austauschs mit anderen Ländern an. Auch Akademien wie die von Günther Staffa vorgestellte Europäische Sportakademie des Landes Brandenburg sollen für eine dichtere Vernetzung sorgen.

In der von ARD-Sportkoordinator und Mitglied der Medienkommission des DSB, Hagen Boßdorf, geleiteten Podiumsdiskussion wurde gefordert, über den Sport europaweit nicht nur in Sonntagsreden, sondern im Alltags-Text zu sprechen. Die sozialen Werte des Sports sollen auf europäischer Ebene herausgestellt werden, mit dem Ziel einer Qualitätssteigerung im Zusammenspiel internationaler Organisationen. Auf die Bemerkung eines Diskutanten „Europa kommt sowieso“ reagierte die Europaabgeordnete aus Brandenburg, Anne-Karin Glase, mit der Replik: „Quatsch - Europa ist längst da.“ Deshalb formulierte der für den Breitensport verantwortliche DSB-Vizepräsident, Prof. Dr. Peter Kapustin, auch nach interessanten zweitätigen Beratungen: „Lust auf Bewegung, Lust auf Europa!“

Die Spitzenverbände und Verbände mit besonderer Aufgabenstellung im Deutschen Sportbund sind für die Auseinandersetzung mit Europa offenbar gerüstet. Prof. Dr. Detlef Kuhlmann von der Universität Regensburg präsentierte Ergebnisse einer Studie zu den Breitensportprofilen der Verbände und berichtete von weiteren Fortschritten, wies aber auch auf vereinzelte Defizite bei kleineren Verbänden und bei Landesorganisationen hin.

Der Potsdamer Oberbürgermeister Jann Jakobs forderte in seinem Grußwort, das Motto „Sport tut Europa gut“ in Verbindung zu bringen mit dem Bemühen um Integration in Europa. Der Präsident des Landessportbundes Brandenburg, Edwin Zimmermann, ist zwar stolz auf die kürzlich gegründete Europäische Sportakademie des Landes Brandenburg, richtete aber auch einen Hilferuf an die Bundeskonferenz Breitensport: „Hier fehlen Sportstätten, wo gefahrlos Sport getrieben werden kann. Sorgen sie dafür, dass der Goldene Plan Ost nicht beendet wird.“

Für die Finanzierung der 9. Bundeskonferenz Breitensport sorgte das Unternehmen ratiopharm, die Nummer zwei auf dem Pharmamarkt in Deutschland, das mit dem Mitglied der Geschäftsleitung, Dr. Dieter Eckhard, in Potsdam vertreten war. Die 10. Bundeskonferenz Breitensport wird am 9. und 10. Oktober 2004 in Hamburg stattfinden.