Die Fußballerinnen etwa. Seit den siebziger Jahren haben sie kontinuierlich die Mitgliederzahlen gesteigert, ihre Spielart verbessert und ihre Leistung erhöht, das Nationalteam ist auf einer einsamen Erfolgsspur, und dennoch muss sich Bundestrainerin Sylvia Neid stets mal wieder die blöde Frage nach dem „Trikottausch“ stellen lassen. „Da ärgere ich mich immer noch drüber“, gesteht der Coach, was zu verstehen ist. Danke, das müssen sich Kickerinnen im allgemeinen und Weltmeisterinnen im besonderen schon gar nicht mehr gefallen lassen.
Männersport? Frauensport? Ja, da gibt es noch immer kleine Nischen, wo die Männer dann doch unter sich bleiben wollen und mit kuriosesten Argumenten das Unter-sich-Bleiben verteidigen. So versuchten Funktionäre lange Zeit, Frauen mit aberwitzigen Begründungen vom Skispringen abzuhalten. „Das halten ihre Wirbelsäulen nicht aus“, begründete der ehemalige Generalsekretär des Deutschen Skiverbandes, Helmut Weinbuch, warum Mädchen nicht von der Schanze abheben sollten. Und der Chef des Internationalen Skiverbandes, Gian-Franco Kasper, setzte mit seiner Bemerkung: „Bei der Landung zerreißt es die Gebärmutter“, noch eins drauf. Verhindern konnten beide trotzdem nicht, dass Frauen über den Bakken gehen: Sie starten nun zum ersten Mal bei einer Weltmeisterschaft im tschechischen Liberec. Auch die Biathletinnen ließen sich trotz Spitzennamen wie „Flintenweiber“, „Loipen-Ladykillers“, „Flocken-Pistoleras“ nicht beirren und zeigen sich jetzt gerade in Südkorea bei der Weltmeisterschaft wieder schnell und treffsicher.
Dass Frauen mittlerweile auch im Ring schlagkräftige Auftritte haben, gekonnt demonstrieren, was eine rechte Grade ist oder beim Gewichtheben die zentnerschweren Hanteln in die Luft hieven, als wäre das nichts, mögen manche im geschätzten Sportpublikum kritisch beäugen und sich fragen, ob das nun sein muss. Aber die Sportlerinnen haben eben diese Passion für sich entdeckt. „Ich gefalle mir. Und warum sollen sich starke Frauen nicht auch messen?“, soll die Gewichtheberin Jang Mit-Ran, Olympiasiegerin von Peking im Superschwergewicht, selbstbewusst auf die Frage geantwortet haben, ob sie denn mit ihren Pfunden zurechtkomme und warum sie sich eine Männersportart ausgesucht habe.
Männersport? Frauensport? Da sind sie dann wieder, die Klischees, wenn Anja erzählt, dass sie American Football spielt. „Was, Du spielst? Richtig auf dem Platz? Kein Cheerleader?“ Das ist so die erste Reaktion. Dann: „Ja, wenn ihr Mädels spielt, dann habt ihr doch sicher männliche Cheerleaders?“ Die Spötter sind schnell ganz ruhig, wenn sie die Mädchen und Frauen spielen sehen. Frauen American Football hat in Deutschland schon Tradition: In Berlin gibt es American Football seit über zwanzig Jahren. Die Berlin Kobra Ladies beweisen: Sie haben nicht nur Spaß, sondern auch Erfolg. Und wer glaubt, wenn die Ladies aus Berlin auf die Hamburg Amazons, die Dresden Diamonds oder auf die Pantherladies aus Düsseldorf treffen, dann würde das eine Soft-Variante des Männerspiels sein, der sieht sich getäuscht: Die Frauen geben kein Pardon: Wenn sie über den Platz fegen und dann plötzlich mit harter Bodenlandung ausgebremst werden, dann ist auch der männliche Zuschauer froh, dass er nicht mitten im Getümmel steckt. Dennoch ist er sicher - Männer spielen doch noch etwas härter.
Football scheint mehr und mehr Interessentinnen zu finden. Über 11.000 Mädchen und Frauen spielen laut DOSB-Statistik in Deutschland Football - Tendenz steigend. Das sind weitaus mehr als im Mutterland dieser Sportart, den USA. In den Footballverrückten Staaten steht in der Beliebtheitsskala bei den Mädchen dagegen eine europäische Sportart auf Platz eins - nämlich Soccer. Auch in Österreich und der Schweiz haben Frauen in den letzten Jahren ihre Leidenschaft für American Football entdeckt.
Ja, nun heißt der Quarterback eben nicht mehr nur Pete oder Michael, sondern Caroline, und er trägt Lippenstift - natürlich nach dem Spiel.
Männersport? Frauensport? Nein, also wirklich - Rugby für Frauen? Das ist nichts für Frauen. Der Matsch, der Dreck. Nee, das spielen rothaarige Iren und Schotten mit Zahnlücken oder die verrückten Aussies, aber doch keine Mädchen und Frauen. Von wegen. Natürlich spielt das „schwache Geschlecht“ ziemlich stark Rugby. Wann das Fieber um das Ei bei deutschen Frauen ausgebrochen ist, weiß keiner so genau, aber auch der Rugbyverband zeigt steigende Zahlen, spielt eine Frauenbundesliga und hat eine Nationalmannschaft. Und: Rugby ist eine beliebte Schul-AG bei Mädchen.
Lästermäuler sind ganz schnell ruhig, wenn sie ein Spiel besuchen: Das einzige „Weich-Ei“ auf dem Platz ist das Rugby-Ei. Die Mädchen werfen sich ins Getümmel und fegen über das 100 mal 69 Meter große Spielfeld. Nach den zweimal 40 Minuten sind die Spielerinnen ganz schön fertig - und sehen ziemlich wüst aus: Matsch am ganzen Körper und im Gesicht. Die blauen Flecken, die frau sich bei diesem Spiel mal wieder eingehandelt hat, werden erst nach der Dusche sichtbar. Aber: Das ist Nebensache. Diese Spielerinnen sind einfach nach Rugby verrückt. Und von dieser Leidenschaft lassen sich immer mehr anstecken - europaweit. In Frankreich oder Skandinavien: Frauen sind fasziniert vom ledernen Ei.
Beispiele, die für viele andere Disziplinen gelten und belegen: Die Frage nach Männersport? Frauensport? hat sich erledigt. Es gibt nur noch Sport für alle - und den kleinen Unterschied, der das ganze nur etwas anders aussehen und ablaufen lässt, und den gewissen Reiz ausmacht.