Der Sport beim Ökumenischen Kirchentag in Berlin

 

Der erste Ökumenische Kirchentag in Berlin hat die Menschen bewegt und die Menschen haben sich bewegt. Der Kirchentag sollte eine

Zeitansage für die Gesellschaft sein. Die Stimmen des Sports waren dabei deutlich zu hören - beispielsweise: bei den zahlreichen Fun-Sport-Attraktionen in der Jugendcity, beim Spendenlauf über eine ökumenische Meile (5.555 Meter), bei der inoffiziellen Deutschen Fußball-Meisterschaft für Pfarrer („German Popen open“ mit „PassTor Westfalia“ als Sieger) und nicht zuletzt bei der im offiziellen Programm detailliert ausgewiesenen Werkstatt „Körper - Sexualität - Sport“, die drei Tage lang unter dem Thema “Menschenwürde achten - die Freiheit wahren“ ihre zentrale open-air-Bühne im Sommergarten auf dem Messegelände fand. Hier wurden zahlreiche bewegte und bewegende Beiträge dafür geboten, welches besondere Terrain der Sport offeriert, um Mitmenschlichkeit und Gemeinsamkeit nachhaltig zu praktizieren.

In einer Gesprächsrunde unter dem provokanten Motto „Sport statt Mord?“ unterstrichen alle Beteiligten die prinzipiellen Möglichkeiten des Sports, selbst erzeugte Konflikte, zwar mit körperlichen Mitteln, aber auf der Basis vorher festgelegter Regeln zu lösen. In einer weiteren Runde zum Motto „Der Kampf ums Glück - Glück durch Sport“ äußerten sich die beiden Basketballer Jörg Lütcke und Henrik Rödl von Alba Berlin just nach dem geschafften Play-off-Einzug ins Finale um die Deutsche Meisterschaft einigermaßen glücklich: „Keine Droge der Welt kann das Gefühl ersetzen, wenn Tausende von Menschen auf der Tribüne dir begeistert zujubeln.“ Die Interviews wurden stimmungsvoll untermalt von musikalischen Improvisationen der Gruppe Bewegungstheater der Deutschen Sporthochschule Köln (Leitung: Prof. Dr. Wolfgang Tiedt).

NOK-Präsident Dr. Klaus Steinbach erntete viel Beifall für seine vorgetragenen Visionen, im Jahre 2012 in Leipzig und Rostock die Olympischen „Spiele mit uns“ zu realisieren. In seinem Statement unterstrich er auch die vertrauensvolle Partnerschaft von Kirche und Sport mit ihrem gemeinsamen Anliegen, Gemeinschaft unter den Leitgedanken von Ethik und Fairplay immer wieder neu herzustellen. Er bezeichnete dabei auch die Mitwirkung der beiden Sportpfarrer von der evangelischen und katholischen Kirche bei den Olympischen Spielen und bei anderen Ereignissen des Sports als ein wichtiges Beispiel „für die gelebte Gemeinschaft“ der beiden großen gesellschaftlichen Institutionen von Kirche und Sport.

Den Höhe- und Schlusspunkt in der Werkstatt „Körper - Sexualität - Sport“ bildete ein so genanntes ökumenisches Sportfest, bei dem die Kirchentagsgäste selbst als Wettkämpfende sportlichen Boden betreten konnten, um das Mit- und Gegeneinander im friedlich-fairen Wettstreit live zu erleben und am eigenen Leibe zu erfahren: „Der Kirchentag sucht das schnellste Quartett“ - so lautete die Idee des Sportfestes, das genauso eine Premiere hatte wie der Kirchentag selbst. Es galt zunächst, sich zu viert in „Gemischten Quartetts“ zusammen zu finden, wobei immer beide Geschlechter und mindestens zwei Religionen bzw. Konfessionen vertreten sein mussten; jedes Quartett musste zudem mindestens hundert Jahre alt sein. Wie bei großen Sportveranstaltungen üblich, gab es eine feierliche Eröffnung und eine Schlussfeier, und zwar mit dem Osnabrücker Bischof Dr. Franz Josef Bode von katholischer und dem Frankfurter Kirchenpräsidenten Prof. Dr. Peter Steinacker von evangelischer Seite als den beiden Hauptakteuren. Ein „Gemischtes Quartett“ musste stellvertretend für alle anderen das Gelöbnis für einen Wettstreit im Geist der Fairness ablegen … und rund 5.000 Besucherinnen und Besucher in der Werkstatt-Arena des Sommergartens auf dem Messegelände hörten aufmerksam zu.

Die eigentliche Wettkampfaufgabe bestand dann darin, ein mit 200 Gramm Sand gefülltes Säcken in einen Gymnastikreifen zu werfen und dabei - so schnell wie möglich - zu viert eine Distanz von 25 Metern zurückzulegen. Erschwerend kam jedoch hinzu, dass das „Gemischte Quartett“ dabei immer in einem Reifen zusammen stehen musste. Alle Teams durften zunächst fleißig üben und hatten dann zwei Versuche. Das Siegerquartett - spontan zusammensetzet aus Bamberg, Erlangen, Garmisch-Patenkirchen und Düsseldorf - brauchte genau 45 Sekunden. Das erste ökumenische Sportfest unter der Leitung des Sportpädagogen Prof. Dr. Dietrich Kurz (Universität Bielefeld) wurde organisiert von Sportstudierenden aus Bielefeld, unterstützt durch eine Berliner und eine Regensburger Gruppe.

Der Ökumenische Kirchentag Berlin 2003 unter dem Motto „Ihr sollt ein Segen sein“ wurde nach rund zweijähriger intensiver Vorbereitungszeit vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken (Zdk) und vom Deutschen Evangelischen Kirchentag (DEKT) als gemeinsames Großereignis erstmals veranstaltet. Der Entschluss dazu geht zurück auf das Jahr 1996; die beiden Laienorganisationen veranstalten seit 1948 jeweils getrennt katholische und seit 1949 evangelische Kirchentage. Das Programmheft hatte Gesangbuchstärke: Über 3.000 Einzelveranstaltungen waren darin verzeichnet, aufgeteilt in die vier großen Themenkomplexe Glauben, kirchliche Einheit, Menschenwürde und Weltverantwortung der Christen. Offiziell waren in Berlin 191.814 Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus 90 Ländern registriert, davon rund 65.000 als Mitwirkende und Organisierende. Fast 40% waren jünger als 30 Jahre, rund 30% älter als 50; gut ein Drittel der Gäste waren Katholiken. Mit rund 50.000 Besucherinnen und Besuchern war das Bundesland Nordrhein-Westfalen vor Baden-Württemberg und dem gastgebenden Berlin am stärksten vertreten. Der 95. Deutsche Katholikentag findet vom 16. bis 20. Juni 2004 in Ulm, der 30. Deutsche Evangelische Kirchentag vom 25. bis 29. Mai 2005 in Hannover statt.