Der Sport-Inklusionsmanager als Dreh- und Angelpunkt

Martin Metz macht weiter. Der 31-Jährige bleibt auch nach Ende des zweijährigen DOSB-Projekts, welches vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales aus Mitteln der Ausgleichsabgabe gefördert wird, Sport-Inklusionsmanager bei Special Olympics Baden-Württemberg (SOBW). Im Interview mit dem DOSB berichten er und Christian Sigg, der Geschäftsführer des Verbands, was das Projekt so nachhaltig und erfolgreich macht.

Eine Person steht rechts und eine Person steht links neben einer Fahne. Sie halten diese fest. Auf der Fahne steht Special Olympics Baden-Württemberg. Sie stehen auf einer Treppe vor einem Gebäude.
Martin Metz und Christian Sigg (v.l.n.r.) vor dem Haus des Sports ins Karlsruhe. Quelle: SOBW

Was haben Sie in den vergangen beiden Jahren in Sachen Inklusion erreicht und was sind Ihre weiteren Pläne?

Martin Metz: Unsere Zukunftsvision ist, dass wir kein Verband für, sondern von Menschen mit geistiger Behinderung sind. Deshalb binden wir sie viel intensiver als früher ein, etwa bei der Vorbereitung der Landessommerspiele im kommenden Jahr und hier zum Beispiel bei der Wegeleitung und bei der Gestaltung des Rahmenprogramms. Das ist ein Teil unseres Athletenprogramms Sport. Die größte Herausforderung dabei ist die knappe Zeit. Wenn ich in zwei Stunden viel abzuarbeiten habe, werde ich als Sitzungsleiter manchmal schon etwas ungeduldig. Aber wenn man die Ressourcen der Menschen mit geistiger Behinderung erst einmal herausgelockt hat, sind sie sehr wertvoll.

Christian Sigg: Martin Metz konnte sich mit einer Dreiviertel-Stelle endlich um unsere Wunschthemen kümmern, die wir schon länger in der Schublade hatten. Beispielsweise haben wir den Athletenrat, die Vertretung der Sportlerinnen und Sportler mit geistiger Behinderung, gestärkt. Er ist ohnehin schon seit jeher mit Sitz und Stimme in unserem Präsidium vertreten. Jetzt konnten wir die vermehrte Einbindung mit unserem Athletenprogramm Sport endlich umsetzen. Damit Teilhabe im Präsidium auch gelingt, bereiten wir alle Unterlagen in leichter Sprache auf. Davon profitieren übrigens alle Präsidiumsmitglieder, denn die Themen werden so viel greifbarer und verständlicher. Mit solchen Erfolgen haben wir die Landesregierung überzeugt, das Projekt Sport-Inklusionsmanager weiter zu fördern.

Kennen die Mitglieder des Athletenrats solche Mitsprachemöglichkeiten auch aus ihrem Alltagsleben?

Sigg: Einige schon, etwa weil sie an ihrer Arbeitsstelle im Werkstattrat sind. Aber die meisten erfahren eine solche respektvolle Behandlung außerhalb des Sports leider kaum. Die Umwelt traut ihnen oft zu wenig zu. Die Kompetenz, eine eigene Meinung zu haben und zu äußern, wurde bei vielen nie aufgebaut. Wenn sie im Athletenrat erstmals die Begegnung auf Augenhöhe kennenlernen, ist das keine kleine Veränderung, sondern es öffnet sich ein Scheunentor. Das führt dazu, dass sie auch im Alltag viel selbstbewusster für ihre Belange eintreten.

Metz: Dieses Empowerment wollen wir auch bei den Begegnungstagen voranbringen, die wir jetzt planen. Denn einen Zugang zum Vereinsleben kann man nicht nur über den aktiven Sport bekommen, sondern auch als Fan oder als passives Mitglied, indem man beispielsweise bei Festen beim Getränkeausschank hilft. Nicht alle haben ein Leistungsniveau, mit dem sie sofort in eine Trainingsgruppe einsteigen können, aber auch ihnen wollen wir inklusive Kontakte im Umfeld des Sports ermöglichen.

Sie arbeiten nach dem Unified Sports-Konzept. Was verbirgt sich hinter diesem Begriff?

Metz: Dabei bilden Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam Teams oder Tandems. Das ist in vielen Sportarten schon sehr verbreitet, etwa im Fußball. Das Unified Sports-Konzept funktioniert aber auch bei Boccia, Radfahren, Schwimmen oder Ski-Alpin, dort ist es aber noch nicht so bekannt. Für diese Angebote noch viel mehr Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu gewinnen, ist eines meiner weiteren Ziele.

Erleben Sie in Ihrer Arbeit Berührungsängste zwischen Menschen mit und ohne Behinderung?

Metz: In unserem Team kommunizieren wir offen und ehrlich, mit meiner Hörbehinderung wurde ich sofort sehr gut aufgenommen, auch die nötige technische Unterstützung habe ich bekommen. Da gibt es keinerlei Berührungsängste. Im Umgang mit Menschen mit einer geistigen Behinderung ist das oft anders, weil ihr Verhalten anfangs schon verunsichern kann. Sie sind manchmal sehr überschwänglich, das kann auf andere distanzlos wirken. Darauf bereiten wir Helferinnen und Helfer aus Schulen oder Unternehmen vor, die bei unseren Veranstaltungen ehrenamtlich aktiv sind. Wir zeigen ihnen, wie man Menschen mit Behinderung ein würdiges Feedback geben, aber trotzdem eigene Grenzen ziehen kann.

Ihre Expertise ist jetzt von den Organisatoren der Weltspiele Special Olympics 2023 angefragt worden. Sehen Sie sich bei der Inklusion als Vorreiter?

Sigg: Das sind wir beim Bundesverband und in den Landesverbänden von Special Olympics Deutschland alle. Es gibt überall viele gute Ansätze. Beispielsweise gab es beim Athletenforum im Januar diesen Jahres in Berlin mit allen amtierenden Athletenräten deutschlandweit eine sehr ausgereifte Einbindung der Athletinnen und Athleten mit geistiger Behinderung, aber die Ressourcen sind eben nicht überall gleich gut. Wir hatten dank der Förderung und sehr guten Begleitung im DOSB-Projekt die Chance, uns zu professionalisieren. Martin Metz ist als Sport-Inklusionsmanager bei SOBW zu einem Dreh- und Angelpunkt geworden, auch für unsere ehrenamtlichen Sportkoordinatoren, die vorher engagierte Einzelkämpfer waren. Jetzt ist das Ganze mehr als die Summe seiner Teile geworden. Und das Wissen, das wir uns erarbeitet haben, bringen wir in die deutschlandweite Entwicklung dieses zentralen Bereichs natürlich mit ein.

(Quelle: DOSB)


  • Eine Person steht rechts und eine Person steht links neben einer Fahne. Sie halten diese fest. Auf der Fahne steht Special Olympics Baden-Württemberg. Sie stehen auf einer Treppe vor einem Gebäude.
    Eine Person steht rechts und eine Person steht links neben einer Fahne. Sie halten diese fest. Auf der Fahne steht Special Olympics Baden-Württemberg. Sie stehen auf einer Treppe vor einem Gebäude.