Der weiße Blitz Heinz Fütterer wird 80

Heinz Fütterer egalisierte 1954 in 10,2 Sekunden über 100m die Welt-Bestmarke von US-Legende Jesse Owens. Am 14. Oktober wird der Ex-Europameister 80 Jahre alt.

Heinz Fütterer lächelt am Mittwoch (12.10.2011) bei einem Empfang in Stuttgart hinter einer Pappfigur, die ihn am 28.August 1954 bei den Europa-Meisterschaften in Bern zeigt. Foto: picture-alliance
Heinz Fütterer lächelt am Mittwoch (12.10.2011) bei einem Empfang in Stuttgart hinter einer Pappfigur, die ihn am 28.August 1954 bei den Europa-Meisterschaften in Bern zeigt. Foto: picture-alliance

Seine Worte kommen wie aus der Pistole geschossen. Ähnlich schnell wie damals die Beine reagierten, als Heinz Fütterer am 31. Oktober 1954 beim Leichtathletik-Sportfest in Yokohama/Japan in 10,2 Sekunden Weltrekord über 100 m lief. "Ich bin am Start förmlich explodiert und habe mich der Erdenschwere enthoben gefühlt", sagt der Ex-Europameister 57 Jahre danach. Und wenn man ihn heute so hört und sieht, dann glaubt man gar nicht, dass er am Freitag (14. Oktober) schon 80 Jahre alt wird.

Ein halbes Jahrhundert nach dem Ende seiner Karriere verfolgt der Staffel-Olympiadritte von Melbourne 1956 das Geschehen in der Welt und insbesondere im Sport immer noch hellwach. Keine Frage, dass "der weiße Blitz" der Fünfziger Jahre auch den Fehlstart von "Blitz" Usain Bolt bei der WM von Daegu miterlebt hat. "Bolt war nicht in seiner früheren Form. Er wusste, wie stark sein Trainingskamerad Yohan Blake war. Ich habe es selbst einmal erlebt, wie mein Kopf in seiner solchen Situation vor dem Duell mit einem starken Gegner ausgesetzt hat und ich im Startloch geblieben bin", sagt Heinz Fütterer und zeigt viel Verständnis für den Fauxpas des 100-m-Weltrekordlers.

Heinz Fütterer, der angesichts der vielen Dopingfälle nicht an eine heile Welt des Sports glaubt, ist sich allerdings ziemlich sicher, dass Jamaikas Weltstar seine Zeiten "sauber" erzielt. "Usain Bolt lief schon mit 16 Jahren unglaublich schnell, bei ihm stimmt der ganze Bewegungsablauf. Er hat enorme Hebel, und er lässt die Arme lang, wenn er läuft, dadurch werden auch die Schritte lang", sagt der aus Illingen bei Rastatt stammende Ex-Weltrekordler und folgert daraus: "Ich glaube, dass Bolt sauber ist. Ansonsten könnte man sich den ganzen Anti-Doping-Kampf an den Hut stecken."

Mit Blick auf Olympia 2012 sieht Heinz Fütterer schwere Zeiten auf Usain Bolt zukommen: "Vor allem Yohan Blake wird ihm Sorgen bereiten. In Brüssel hat der in 20,26 fast seinen 200-m-Weltrekord gebrochen. In London wird er Bolt auch über 100 m einheizen."

Sollte es so kommen, dann wird auch Bolt die andere Seite Olympias kennenlernen - wie einst Heinz Fütterer. Im Jahr nach dem Aufstieg hatte den Deutschen ein Muskelriss im letzten Trainingslager den Start bei Olympia 1952 in Helsinki gekostet. 1956 dann ein zweites verflixtes Olympiajahr: Muskelriss bei den Ost-West-Ausscheidungen mit der DDR. Die Zeit war trotz des November-Termins von Melbourne zu kurz. Fütterer schied im 100-m-Zwischenlauf aus, zum Trost gabs 4x100-m-Bronze.

Eine Sonnenseite gab es auch. 1954 wurde Fütterer über 100 und 200 m in Bern Europameister und kam beim deutschen Rekord in 10,3 erstmals an die Glanzzeiten der schwarzen Amerikaner heran. Im Herbst dann die Japan-Reise. "In Osaka war ich zuvor 10,2 gelaufen mit zu viel Rückenwind", erzählt Heinz Fütterer, der dann in Yokohama in regulären 10,2 Weltrekord lief und über 200 m in 20,8 einen Europarekord, den er 1955 auf 20,6 steigerte. 1958 lief er ebenfalls in Köln 4x100-m-Weltrekord in 39,5 Sekunden zusammen mit seinen späteren Golf-Partnern Martin Lauer und Manfred Germar sowie Manfred Steinbach. Im gleichen Jahr holte er in Stockholm EM-Gold mit der Staffel.

"Mir war plötzlich klar, dass ich mit den vielen Reisen meine Familie vernachlässige", sagte er beim Rücktritt. Die erste Ehe, aus der eine Tochter hervorging, zerbrach, die zweite Ehefrau schenkte ihm einen Sohn. Mit Gattin Nummer zwei geht der langjährige Repräsentant eines Sportartikelherstellers (Puma) noch heute gern auf Reisen. "Nicht mehr Amerika", aber gern die Pfalz, der Elsass, der Schwarzwald und der Rhein, erzählt Weinfreund Fütterer.

Einen Gehirntumor, der 1990 eine komplizierte Operation nötig gemacht hatte, überstand er gut, künstliche Knie- und Hüftgelenke bereiten wenig Probleme. "Ich halte mich fit, indem ich Golf spiele und Freundschaften pflege", sagt der Jubilar, dessen Straße in seinem Heimatort in Olympiaweg umbenannt wurde.

(Quelle: SID/Gerd Holzbach)


  • Heinz Fütterer lächelt am Mittwoch (12.10.2011) bei einem Empfang in Stuttgart hinter einer Pappfigur, die ihn am 28.August 1954 bei den Europa-Meisterschaften in Bern zeigt. Foto: picture-alliance
    Heinz Fütterer lächelt am Mittwoch (12.10.2011) bei einem Empfang in Stuttgart hinter einer Pappfigur, die ihn am 28.August 1954 bei den Europa-Meisterschaften in Bern zeigt. Foto: picture-alliance
  • Heinz Fütterer (li.) übergibt beim letzten Wechsel den Stab an Manfred Germar (re.). Die deutsche 4 x 100-m-Staffel der Männer konnte sich bei den Olympischen Sommerspielen am 30. November 1956 im australischen Melbourne in 40.8 Sekunden knapp hinter der zeitgleichen Staffel Frankreichs (im Hintergrund) und den mit 40.6 Sekunden siegreichen Australiern (re.) für den Zwischenlauf qualifizieren. Im Schlusslauf errang die deutsche Staffel die Bronzemedaille. Foto: picture-alliance
    Heinz Fütterer (li.) übergibt beim letzten Wechsel den Stab an Manfred Germar (re.). Die deutsche 4 x 100-m-Staffel der Männer konnte sich bei den Olympischen Sommerspielen am 30. November 1956 im australischen Melbourne in 40.8 Sekunden knapp hinter der zeitgleichen Staffel Frankreichs (im Hintergrund) und den mit 40.6 Sekunden siegreichen Australiern (re.) für den Zwischenlauf qualifizieren. Im Schlusslauf errang die deutsche Staffel die Bronzemedaille. Foto: picture-alliance