Deutsche Sportjugend 60 Jahre jung

Historisch genau genommen war es ein wenig verspätet, als am 26. Juni im Bärensaal des Alten Stadthauses in Berlin Mitte, der 60. Geburtstag der Deutschen Sportjugend (dsj) begangen wurde.

Staatssekretär Josef Hecken, dsj-Vorsitzender Ingo Weiss, DOSB-Präsident Thomas Bach, DOSB-Vizepräsidentin Gudrun Doll-Tepper und Staatssekretär Thomas Härtel (v.l.) bei den Feierlichkeiten. Foto: dsj
Staatssekretär Josef Hecken, dsj-Vorsitzender Ingo Weiss, DOSB-Präsident Thomas Bach, DOSB-Vizepräsidentin Gudrun Doll-Tepper und Staatssekretär Thomas Härtel (v.l.) bei den Feierlichkeiten. Foto: dsj

Denn das Gründungsdatum der heutigen Organisation mit über 9,5 Millionen Mitgliedern war anno 1950 der 7. bis 9. April, als sich Jugendwarte von 12 Fachverbänden und zehn Landessportbünden in einem Jugendberghaus nahe Bayrischzell trafen. Zahlreiche Ehrengäste aus allen Gesellschaftsbereichen wie DOSB-Präsident Dr. Thomas Bach, Ehrenpräsident Manfred von Richthofen, Staatssekretär Josef Hecken (Familie, Senioren, Frauen, Jugend), dsj-Ehemalige wie Erika Dienstl oder Fritz Mevert sowie ausländische Gäste aus China, Israel und Singapur waren zur Gratulation erschienen.

60 Jahre boten Gelegenheit, die Geschichte der Dachorganisation zu rekapitulieren, sich zu erinnern, zu lachen und ungläubig den Kopf zu schütteln.  Vor allem aber, so hatte es der seit 2002 amtierende dsj-Vorsitzende Ingo Weiss in seiner launigen Eröffnungsansprache („Wir bedanken uns bei Berlins Staatssekretär Thomas Härtel, dass wir in seinem Wohnzimmer feiern dürfen und dass er dafür die Minibar und die Sofas rausgeräumt hat ...“) formuliert, war der Anlass Gelegenheit zum „Blick zurück nach vorn“. Nur wer sich und was ändert, bleibt beständig. Diesem Grundsatz war die dsj von jeher verpflichtet und so soll es auch bleiben. Das machte Ingo Weiss gleich zu Beginn klar.

Staatssekretär Hecken: dsj steht für Vermittlung von Werten

Dass die nachdrücklichste Eloge für die dsj von Staatssekretär Josef Hecken und mithin einem Vertreter der Politik gehalten wurde, war für die Gegenwart zwar eine Selbstverständlichkeit, entlockte aber manch dsj-Ehemaligem beim Zuhören ein leises: „Weißt du noch …?“ Und so konnte es sich Fritz Mevert, dsj-Geschäftsführer von 1963 bis 1978, denn auch später in einer Talkrunde nicht verkneifen, anzumerken: „Ich hätte mir gewünscht, dass das, was heute gesagt wurde, schon vor 30 Jahre in einer Betriebsversammlung der Ministerialräte des Ministeriums vorgetragen worden wäre.“ Hecken hatte die Deutsche Sportjugend mit Verve gewürdigt, sie resümierend als „nachhaltigsten, größten und bedeutendsten Jugendverband der Bundesrepublik“ auf den Schild gehoben. Er verglich das Wirken der dsj mit anderen aktuellen und oft schnell vergessenen gesellschaftlichen Initiativen und stellte fest: „Oft besteht ein umgekehrtes Verhältnis zwischen öffentlicher Wahrnehmung und Nachhaltigkeit.“ Nach viel Geschrei zum Start fehle letztere nämlich oft. „Dagegen hat die Sportjugend über Jahre und Jahrzehnte relativ geräuschlos und ohne viel Aufhebens gearbeitet.“  9,5 Millionen Mitglieder unter 27 Jahre in über 91.000 Sportvereinen sind stolzer Nachweis dafür.

Hecken hob hervor, dass sich die dsj in ihrer Arbeit keineswegs nur auf das gemeinsame Sporttreiben beschränkt, „sondern für die Vermittlung von Werten wie Verlässlichkeit, Zusammengehörigkeit, Disziplin, Fairness und Miteinander steht“. In Kirchen, Parteien, Gewerkschaften finde das immer weniger statt, weil sich junge Leute abwendeten. Im Sport sei das nicht der Fall. „Deshalb leistet die Sportjugend eine unerlässliche Arbeit, ohne die die Gesellschaft heute schlechter aussehen würde.“ Hecken bestätigte der Sportjugend, dass es seitens des Bundes nach der Kürzung der Unterstützung für die rund 2.000 Stellen des Freiwilligen Sozialen Jahres von 400 auf 72 Euro pro Monat eine Anschlussfinanzierung von 5 Mio Euro geben werden, die die benötigte Gesamtsumme von 6,5 Mio zum größeren Teil ersetzt. Man werde versuchen müssen, ohne die offene Restsumme auszukommen oder sie aus eigenen Quellen erschließen, sagte Ingo Weiss hinterher im Gespräch. Josef Hecken beendete sein Statement mit einem programmatischen Satz, der nach vorne blickte: „Wir haben eine gemeinsame Verantwortung für unsere Zukunft und für unsere Jugend.“

DOSB-Präsident Bach: Sport als Bindeglied zwischen den Generationen

DOSB-Präsident Dr. Thomas Bach knüpfte daran an und sagte: „Angesichts der zunehmenden Individualisierung und des Auseinanderdriftens der Gesellschaft ist der Sport ein ganz wichtiges Bindeglied zwischen den Generationen. Und die Sportjugend ist ein Leuchtturm.“ Bestätigt werden können diese anerkennenden Worte mit vielen Aktionen, Projekten, Initiaven, Tagungen, Veranstaltungen, Ausstellungen, Wortmeldungen. Stichworte wie das Freiwillige Soziale Jahr, Sport baut Brücken, Jugendmesse YOU, Turnfest, Bundesjugendtreffen und neuerdings Jugendevent, Präventionstag, Olympisches Jugendlager, Dopingprävention, Buchveröffentlichungen und Fachkonferenzen, der vielfältige internationale Austausch und viele andere stehen dafür.

dsj schaut über den Tellerrand

Der Jugendforscher und Mitverfasser mehrerer Shell-Studien Arthur Fischer trug anläßlich des Festaktes Thesen zum Thema „Herausforderungen an eine zukunftsorientierte Jugendarbeit“ vor. Diese unterstrichen noch einmal die wichtige Rolle der Sportjugend in der Gegenwart und vor allem in einer Zukunft, in der Integration in jedweder Hinsicht eine überragende Aufgabe sein wird. „Bei allen genannten Aufgaben kommt der Sportjugend eine herausragende Bedeutung zu, da die dort erwarteten Fähigkeiten und Fertigkeiten in der Regel nicht an die soziale Schichtung der Bevölkerung und die damit verbundenen unterschiedlichen finanziellen oder sonstigen Möglichkeiten gebunden sind“, lautete Fischers subsumierende Erkenntnis.

Dass sich die Deutsche Sportjugend dieser Bedeutung durchaus bewusst ist, dass sie in ihren vielfältigen Aktivitäten laut Ingo Weiss „trotz ihrer 60 Jahre noch weit vom Rentenalter entfernt“ ist, belegte die Festveranstaltung mit ihrer Mischung aus Präsentation, Würdigung, aber auch Diskussion und Information auf an- und zupackende Art und Weise. Dazu gehörte auch, dass im Rahmen der Feier im direkten Wortsinne weit über den Tellerrand hinaus geschaut und eine Vereinbarung mit dem China Youth Center for International Exchange über die Zusammenarbeit im Bereich der Jugendhilfe unterzeichnet wurde.


Der Bericht wurde von DOSB-Autor Klaus Weise verfasst.


  • Staatssekretär Josef Hecken, dsj-Vorsitzender Ingo Weiss, DOSB-Präsident Thomas Bach, DOSB-Vizepräsidentin Gudrun Doll-Tepper und Staatssekretär Thomas Härtel (v.l.) bei den Feierlichkeiten. Foto: dsj
    Staatssekretär Josef Hecken, dsj-Vorsitzender Ingo Weiss, DOSB-Präsident Thomas Bach, DOSB-Vizepräsidentin Gudrun Doll-Tepper und Staatssekretär Thomas Härtel (v.l.) bei den Feierlichkeiten. Foto: dsj