Die igs hamburg 2013 erfindet den Sport im öffentlichen Raum neu

Heiner Baumgarten über die Idee des ParkSports bei der internationalen gartenschau hamburg (Igs). Der Autor ist Geschäftsführer der internationale gartenschau hamburg gmbh.

Sport im Grünen, aber mitten in der Stadt. Foto: picture-alliance
Sport im Grünen, aber mitten in der Stadt. Foto: picture-alliance

In Hamburgs städtischen Parks und Grünanlagen sind Sport und Bewegung allgegenwärtig. Jogger, Skater, Radler, Freizeitfußballer, Beacher und Walker wandern, spielen, erholen und ertüchtigen sich durch aktive Eroberung der Rasenflächen und Fußwege. Wer in Hamburg lebt, hat Glück – hier gibt es zahlreiche große, attraktive Parks – wichtige Orte der Naherholung im Stadtraum. In Wilhelmsburg, südlich der Elbe, waren die Möglichkeiten für diese Form der Erholung bis dato sehr begrenzt. Wilhelmsburg galt lange als sozialer Brennpunkt. Hier leben 50.000 Menschen aus mehr als 100 Nationen. Hochhaussiedlungen prägen in vielen Bereichen das Bild des Stadtteils, zentrale Verkehrsadern bilden Barrieren. Gleichzeitig ist Wilhelmsburg auch Europas größte Flussinsel, umflossen von Norder- und Süderelbe und damit ein Ort, der enormes Potenzial hat. Seit sechs Jahren wird dieses Potenzial gehoben und es verändert sich viel. Was ist passiert?

Wilhelmsburg ist Ausrichtungsort der internationalen gartenschau hamburg (igs 2013) und der Internationalen Bauausstellung (IBA). Beide Großereignisse finden in diesem Jahr statt und sind Teil eines stadtentwicklungspolitischen Konzeptes, dem „Sprung über die Elbe“, mit dem Hamburg die einzigartige Chance ergreift, auf zentral gelegenen Flächen mitten in der Stadt zu wachsen. „In 80 Gärten um die Welt“ ist das Motto der Gartenschau. Sie bilden auf circa 100 Hektar einen Park des 21. Jahrhunderts, der sich an den Bedürfnissen der Bevölkerung orientiert. Die 80 Gärten sind thematisch in sieben Welten zusammengefasst. Im östlichen Teil des Parkgeländes entsteht auf einer neun Hektar großen, ehemaligen Betonfläche der Bahn, die „Welt der Bewegung“. Hier haben die Planer ein völlig neues Konzept entwickelt: „ParkSport“. Es umfasst gleichberechtigt die beiden Komponenten des neuartigen Ansatzes: Es setzt sowohl Impulse für die Gestaltung von öffentlichen Räumen als auch für die Nutzung durch die Akteure im Sport. Im Unterschied zum klassischen „Sport-Park“, wo der Park einfach als Sportfläche definiert ist, setzt ParkSport auf das Erleben von Sport im Grünen. ParkSport stellt nicht nur buchstäblich den Sport-Park „auf den Kopf“, es schafft neue Sport-Räume und lädt den Sportbegriff neu auf.

Ab dem 26. April kann auf der igs 2013 ParkSport betrieben werden. Die Besucher treffen auf großartige und modernste Freizeit-Sportangebote für Jung und Alt. Klettern, skaten, boulen, minigolfen, joggen, yogen, balancieren, walken oder einfach nur entspannen: Wichtigstes Ziel ist es, Bewegung im Alltag zu ermöglichen: für alle, wohnortnah und fast durchgehend kostenfrei. Nach der igs bleibt der gesamte Bereich mit allen Bewegungsmöglichkeiten für alle Hamburger, vor allem aber für die Bewohner des Stadtteils erhalten. Ab 2014 wird das ganze Areal zum „Wilhelmsburger Inselpark“ und Hamburg um einen ganz besonderen Park reicher. Das weitgehend kostenlose Freizeitangebot – lediglich Kletterhalle, Hochseilgarten und Schwimmhalle sind kostenpflichtig – ist gerade vor dem Hintergrund des einkommensschwachen Stadtteils wichtig; zudem sind in dem außerordentlich jungen Wilhelmsburg nur sehr wenige Kinder und Jugendliche in Sportvereinen organisiert.

Wie bedeutungsvoll „Bewegung von Anfang an“ für die Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten, der Sprachkompetenz und sozialen Fähigkeiten ist, ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Der Park bietet daher neben sportlichen Herausforderungen und Gelegenheiten zum anspruchsvollen Training mit idealen Wettkampfbedingungen vielfältige Bewegungsorte, die einfach zum Ausprobieren und Mitmachen einladen und motivieren sollen: allein, als Gruppe oder mit der ganzen Familie. Aus gutem Eigeninteresse hat Hamburg die Sportentwicklungsplanung mit einer so genannten „Dekadenstrategie Sport“ aufgenommen, ein ambitioniertes Programm für Sport und Bewegung in einer Großstadt entwickelt und einstimmig als Regierungsprogramm beschlossen. Die Idee ParkSport findet in der Dekadenstrategie ihren Ausdruck. Vereinen kommt darin die wichtige Rolle zu, die Stadt flächendeckend mit attraktiven gemeinnützigen Sportangeboten zu versorgen.

Dafür allerdings müssen sie raus aus den DIN-genormten Sportstätten und ihre Qualitäten den bisher nicht organisierten Freizeitsportlern offensiv präsentieren. Die Gestaltung des igs-Parks setzt Akzente: Zwar wird die Sport- und Basketballhalle bestehenden Norm- und Wettkampfanforderungen gerecht und das Kleinspielfeld ermöglicht klassische Spielsportarten wie Fußball und Basketball. Die Gärten aber sind keine Sportplätze im herkömmlichen Sinne. Vielmehr verfremden sie Sportarten, spielen mit Formen, lösen die Grenzen zwischen Sportplatz und Park auf. Sie sind Sporträume im Grünen. Die internationale gartenschau hamburg 2013 findet vom 26. April bis 13. Oktober 2013 statt. Danach soll ein möglichst attraktiver Park für alle Besucher erhalten werden. Ein Pflege- und Entwicklungskonzept für den Wilhelmsburger Inselpark wird die Grundlage für die Entwicklung über zehn bis fünfzehn Jahre nach Ende der igs 2013 sein. Es ist Arbeitsprogramm für das künftige Parkmanagement, das mit den Betreibern von Basketballhalle, Kletterhalle, Hochseilgarten und anderen kostenpflichtigen Sportangeboten im Park, den Sportvereinen und Besuchern des Parks eng zusammenarbeitet. Die aktiven neuen Parknutzer wer-den so primär über die Sportvereine und das Konzept „ParkSport“ beteiligt. So nimmt der Park neue Trends in der Freizeitnutzung auf und schafft Entwicklungspotenziale für die Zukunft.


  • Sport im Grünen, aber mitten in der Stadt. Foto: picture-alliance
    Sport im Grünen, aber mitten in der Stadt. Foto: picture-alliance