Die Lehren von Bochum

Der Sport als Brücke: In der deutsch-israelische Freundschaft ist das in den vergangenen Jahren gelungen. Der Anschlag auf die Ausstellung jüdischer Sportstars trifft deshalb ganz SPORTDEUTSCHLAND.

Die Stele der Brüder Flatow war auch ein Ziel des Anschlags. Foto: picture-alliance
Die Stele der Brüder Flatow war auch ein Ziel des Anschlags. Foto: picture-alliance

„Zwischen Erfolg und Verfolgung – Jüdische Stars im deutschen Sport bis 1933 und danach“, so lautet der Titel einer Wander-Ausstellung, in deren Mittelpunkt 17 herausragende deutsch-jüdische Sportlerpersönlichkeiten stehen, die allesamt Nationalspieler, Welt- und Europameister, Olympiasieger und Rekordhalter waren. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 2020 wurde sie in Bochum zum Ziel eines Anschlags, der von der Sportministerkonferenz bis hin zum DOSB breite Empörung hervorgerufen hat.

Unbekannte hatten die lebensgroßen Plexiglasfiguren der Leichtathletin Lilli Hennoch und der Turnolympiasieger Alfred und Gustav Felix Flatow am Jahrestag der Reichspogromnacht 1938 zerstört. Bereits in den Wochen zuvor war die Figur von Walther Bensemann beschädigt sowie die Stele der Brüder Flatow mit antisemitischen Parolen beschmiert worden.

„Diese feige Tat trifft ganz SPORTDEUTSCHLAND. Wir verurteilen die hinterhältigen Angriffe auf das wichtige Andenken unserer Sportkameraden Lilli Hennoch, Alfred und Gustav Felix Flatow und Walther Bensemann auf das Schärfste. Zugleich stehen wir solidarisch mit unseren Mit-gliedsverbänden DFB und Makkabi Deutschland und all denen, die sich für die Werte des Sports aktiv einsetzen,“ erklärte DOSB-Präsident Hörmann nach dem Anschlag.

Der Sport als Wegbereiter und Brückenbauer – das ist in der deutschen Nachkriegsgeschichte zweifellos ein Kapitel, dass er mit Ausdauer und großer Ernsthaftigkeit verfolgt hat. Auf der Basis der Begegnung vor allem junger Menschen sind viele gesellschaftlichen Hindernisse und politische Barrieren überwunden worden. Das Spektrum reicht von europäischen Nachbarn bis hin zu fernen Partnern anderer Kontinente. Und auch für die wohl schwierigste und sensibelste Annäherung nach dem Zweiten Weltkrieg, die deutsch-israelische Verständigung und die Versöhnung mit Menschen jüdischen Glaubens, hat der Sport entscheidende Weichen gestellt.

Schon früh begann die vorsichtige Kontaktaufnahme zwischen Israel und Deutschland auf sportlicher Ebene. Makkabi wurde als konfessioneller Sportverband zum festen Bestandteil des deutschen Sports und zehntausende junger Sportlerinnen und Sportler haben in den vergangenen siebzig Jahren viel für die deutsch-israelische Freundschaft getan.

Mit Fug und Recht darf man von Sport als Brücke sprechen. Eine Brücke, die sogar den tragischen Ereignissen bei den Olympischen Spielen 1972 standhielt. Sie zu erschüttern würde einem Fundament des deutschen Sport Risse versetzen. Die Empörung des deutschen Sports über die Anschläge von Bochum kann deshalb gar nicht laut genug vorgetragen werden.

Zugleich sollten sich Verbände und Kommunen ermuntert fühlen, der Wander-Ausstellung „Zwischen Erfolg und Verfolgung – Jüdische Stars im deutschen Sport bis 1933 und danach“ noch mehr Interesse entgegenzubringen und sie in ganz Deutschland bekannt zu machen.

(Autor: Stefan Volknant)

In jeder Ausgabe der DOSB-Presse, die wöchentlich erscheint, gibt es einen Kommentar zu aktuellen Themen des Sports, den wir hier veröffentlichen. Diese mit Namen gezeichneten Beiträge geben nicht unbedingt die offizielle DOSB-Meinung wieder.


  • Die Stele der Brüder Flatow war auch ein Ziel des Anschlags. Foto: picture-alliance
    Stele der Brüder Flatow vor der Reichtagskuppel in Berlin Foto: picture-alliance