Die olympischen Weichen werden weit vor Athen gestellt

 

„Nach wie vor lautet unser angestrebtes Ziel, bei den Olympischen Sommerspielen den dritten Platz im Medaillenspiegel zu erreichen. Doch die

Entscheidung darüber fällt nicht allein, wie viele meinen, in Athen, sondern auch bereits in diesem Jahr“, erklärte der Leitende Direktor Leistungssport im Deutschen Sportbund (DSB), Armin Baumert. „Hier und heute werden die Weichen gestellt. Wenn es uns 2003 nicht gelingt, bei den anstehenden Welt- und Europameisterschaften sowie Qualifikationsturnieren auch die entsprechenden Quotenplätze zu holen, dann sind unsere Chancen von vorn herein wesentlich gemindert. Eine Ausnahme von dieser Regelung bilden nur noch die Leichtathletik und das Schwimmen.“

Baumert hofft, dass zu dem abgesicherten Jahres-Etat noch weitere zusätzliche Olympia-Sondermittel bereit gestellt werden können. „Ein so hervorragender Judoka wie Frank Möller braucht eben unbedingt internationale Trainingspartner, wenn er Erfolg haben will. Dazu gehört dann auch, dass er entweder selbst nach Japan fliegt oder dass japanische Athleten zu uns kommen“, so der BL-Direktor und bezieht dieses genannte Einzelbeispiel auf alle Kampfsportarten.

Außerdem plädiert der oberste deutsche Leistungssport-Manager dafür, mehr denn je nach Konzentrationsmöglichkeiten zu suchen, damit sich die Athleten bereits beim täglichen Training mit den Besten und Stärksten reiben, unter einander die Kräfte messen und entsprechend gefordert werden. „Unsere Situation im Wintersport ist deshalb so überragend, weil, wie die Spiele in Salt Lake City nachdrücklich gezeigt haben, hier seit Jahr und Tag nach diesem Prinzip gearbeitet wird.“

Um in Athen unter die besten drei Nationen zu gelangen, muss vor allem in den Medaillen trächtigen Sportarten wie der Leichtathletik, dem Schwimmen, Rudern, Kanu, Fechten und Schießen „gepunktet werden“, so Baumert, der noch immer mit Magenschmerzen an Sydney denkt, wo es mit dem Schwimmen und Schießen zwei Sportarten gab, die alle Vorgaben und Prognosen zunichte machten. „Mehr denn je müssen wir uns damit vertraut machen, dass wir gegen insgesamt 200 Nationen anzukämpfen haben und dass einzelne Länder nur darauf erpicht sind, in einer ganz speziellen Sportart oder Disziplin vorn zu sein und an die Gesamtwertung überhaupt keinen Gedanken verschwenden. Das macht für uns die Sache nicht leichter, weil wir den Anspruch erheben, möglichst überall erfolgreich zu sein.“

Neben der Konzentration fordert Baumert nachdrücklich, den Nachwuchs schon in das Training der Topathleten mit einzubinden und ihm vor allem auch einen Wettkampf-Einsatz auf hoher Ebene zu ermöglichen. Daran sollten auch die Meeting-Veranstalter denken. „Die 18- bis 23-Jährigen sollen nicht nur bei guter Laune gehalten werden, sondern sie müssen in erster Linie lernen, rechtzeitig Erfahrungen zu sammeln. Gerade beim Übergang vom Junioren- zum Erwachsenenalter stellen wir immer wieder Defizite fest. Deshalb müssen wir mit aller Konsequenz daran arbeiten.“

Im übrigen denkt der hauptamtliche Leistungssport-Chef auch daran, dass Trainingslager nicht unbedingt immer an irgendeinem schönen Strand im Ausland stattfinden müssen, sondern dass es auch in Deutschland genügend Sportschulen und Bundesleistungszentren gibt wie etwa Kienbaum, das sich im Hinblick auf die Leichtathletik-WM in diesem Jahr in Paris und die Olympischen Spiele 2004 in Athen wegen der ähnlichen klimatischen Verhältnisse geradezu aufdrängt. „Jeder Verband sollte auf das Preis-Leistungsverhältnis achten und versuchen, alle Ressourcen auszuschöpfen.“

„So erfreulich die Leistungen der Handballer und Basketballer mit dem sensationellen zweiten beziehungsweise dritten Platz bei den jüngsten Weltmeisterschaften auch gewesen sind, im Prinzip bringt uns jede Mannschaft nur eine einzige Medaille, meint Baumert, der aber weit davon entfernt ist, hier abwertend zu urteilen. Im Gegenteil: „Die Spielsportarten besitzen nicht nur einen hohen Identifikationsgrad, sie sind auch für das Wir-Gefühl ganz entscheidend. Ich wünsche mir, dass außer Heiner Brands Handballern noch möglichst viele andere Teams den Sprung nach Athen schaffen und sich qualifizieren. Das gilt für das Hockey genauso wie für Basketball, Wasserball, Volleyball und auch Fußball, wo die Frauen in Sydney immerhin die Silbermedaille errangen.“