„Die Verantwortlichen in Singapur haben Bestnoten verdient“

Klaus Schormann, Präsident des Internationalen Verbandes für Modernen Fünfkampf und Vorsitzender der Arbeitsgruppe Programmentwicklung in der IOC-Kommission für Kultur und Olympische Erziehung, zu den Olympischen Jugendspielen 2010.

Singapur rüstet sich für die Jugendspiele 2010. Copyright: picture-alliance
Singapur rüstet sich für die Jugendspiele 2010. Copyright: picture-alliance

DOSB PRESSE: Singapur ruft im Sommer 2010 die Jugend der Welt zu den ersten Olympischen Jugendspielen. Wie ist der Stand der Vorbereitung?

SCHORMANN: Erst vor kurzem habe ich mich vor Ort informiert, wie weit die konkrete Planung fortgeschritten ist. Kurz und knapp gesagt: Die Verantwortlichen in Singapur haben  Bestnoten verdient. Trotz der Kürze der Zeit hat das örtliche Organisationskomitee hervorragend gearbeitet – bis ins kleinste Detail. 200 hauptamtliche Mitarbeiter sind dort aktiv; bis zu 500 Kräfte werden das von IOC-Präsident Jacques Rogge initiierte Projekt vielversprechend umsetzen. Das sind junge, engagierte Menschen, überwiegend Frauen. Sie sind kompetent, sehr flexibel, ganz offen, freundlich und arbeiten sehr fix. Die Ausrichter werden alles tun, dass die ersten Youth Olympic Summer Games ein voller Erfolg werden. Ich bin mir da hundertprozentig sicher.  

DOSB PRESSE: Stehen die Einzelheiten der sportlichen Wettkämpfe schon fest?

SCHORMANN: Ja und nein. Meine internationale Föderation, der Internationale Verband für Modernen Fünfkampf, hat alle Details der Klassifizierungen bereits festgelegt. Mitte Dezember ist Meldeschluss für alle Verbände, um dann dem IOC die Wettkampfbedingungen in der konkreten Ausgestaltung vorzulegen. Am 25. Januar 2009 wird es dann ein Treffen unserer Arbeitsgruppen mit IOC-Präsident Jacques Rogge geben, bei dem dann das sportliche Programm genau festgezurrt wird. So gut wie entschieden ist schon, dass wir im Basketball Entscheidungen von Minimannschaften haben werden, drei Feldspieler gegen drei Feldspieler. Im Amateurboxen beispielsweise muss geklärt werden, ob ein 14-jähriger Halbfliegengewichtler gegen einen 18-Jährigen im gleichen Gewichtslimit kämpfen kann; wenn der erste gerade in die Pubertät gekommen ist und sein Gegner schon ein ausgewachsener junger Mann ist, ergeben sich große Bedenken physiologischer und medizinischer Art. Das muss jetzt der Internationale Amateurboxverband AIBA klären.  

DOSB PRESSE: Neben dem Leistungssport soll das Kulturelle im Vordergrund der Olympischen Jugendspiele stehen. Das dürfte eine schwierige Herausforderung werden, weil viele Kritiker der neuen IOC-Offensive meinen, im Grunde genommen habe das Rahmenprogramm doch nur einen Alibi-Charakter. Was antworten Sie den Skeptikern?

SCHORMANN: Die Fakten sprechen für sich. Wir haben alles darangesetzt, dass der kulturelle Begegnungscharakter der 14- bis 18-jährigen Leistungssportler nicht nur eine hohle Phrase wird. Vom 6. bis 8. November gab es in Singapur hierzu ein Arbeitstreffen, bei dem wir mehrere Varianten für Rahmenveranstaltungen intensiv diskutiert haben. Oberstes Prinzip ist, dass wir kulturelle Begegnungs- und Teilnahmeangebote entwickeln wollen und müssen, die für unterschiedliche Altersgruppen umgesetzt werden sollen. Dabei ist natürlich auch zu berücksichtigen, dass diese Zielgruppe in der Sprachausprägung noch nicht so weit entwickelt ist wie wir Funktionäre, die wir durch die Bank über 50 Jahre alt sind und von den Lebenswelten in Beruf, in Familie und im gesellschaftlichem Umfeld geprägt sind. Diese Programmelemente müssen sprachneutral sein. Wir wollen Gesangswettbewerbe organisieren, ein gemeinsames Musizieren – frei nach dem Motto „We are the world“. Die Jugend der Welt soll und will ja auch singen; und wenn die jungen Teilnehmer aus allen Kontinenten Instrumente ihrer Kulturkreise mitbringen, dann wird das garantiert eine super Sache. Natürlich geht es dabei nicht um klassische Weisen, sondern um populäre oder ethnische Musik, wie sie die jungen Männer und Frauen in ihrer Freizeit gern hören und spielen, ganz gleich, ob sie nun in Ludwigshafen oder in Lima wohnen.  

DOSB PRESSE: Wettbewerbe für künstlerische und schöpferische Gestaltung soll es auch geben. Welche?

SCHORMANN: Malen, Skulpturen formen, Theater spielen. Wir wollen den jungen Menschen Anreize bieten, sich neben dem Leistungssport auch gestalterisch entfalten zu können. Kreativität ist gefragt. Sie sollen andere Talente in sich entdecken und auch ausleben. Die jungen Gruppen können über ihre NOKs kulturelle Darbietungen anbieten, ob es nun Sketche oder andere Darstellungsformen sind. Daneben soll es sogenannte Abende der Kontinente geben, was dann zwei- bis dreimal wiederholt werden müsste. Denn nicht jeder Starter hat bei seinem individuellen Wettkampfablauf die Möglichkeit, am Termin X teilzunehmen. Das Zeitraster wird ein entscheidendes Kriterium sein.  

DOSB PRESSE: Das hört sich gut an. Lässt sich das auch pragmatisch umsetzen?

SCHORMANN: Die Arbeitsgruppen der IOC-Kulturkommission wollen deshalb im November 2009 ein internationales Jugendlager anbieten, um einen Testlauf durchzuführen. Ich meine, dass alle Programmangebote dieser Art machbar sind und reibungslos ablaufen können, denn es sind ja nicht Erfindungen am Tisch der Sportfunktionäre. Die wesentlichen Impulse für die kulturellen Angebote und Begegnungsebenen kamen von jungen Leuten. Dabei wurde uns auch deutlich gemacht, dass es selbstverständlich im Dorf der Olympischen Jugendspiele Computerspiele geben muss; natürlich nicht gewaltverherrlichende und pädagogisch bedenkliche „games“, sondern pädagogisch wertvolle. Überhaupt dürfen wir bei allen Überlegungen nicht vergessen: Die Teilnehmer, die im Sommer 2010 nach Singapur entsandt werden, sind überwiegend junge Sportler, die in ihrem bisherigen Leben niemals zuvor gereist sind und noch nie im Ausland waren. Allein schon deshalb müssen wir intensiv diskutieren, wie deren pädagogische und soziale Betreuung erfolgen soll. „Laisser-faire“ wie im bisherigen Olympischen Dorf darf es natürlich nicht geben. Wir müssen schon verstärkt darauf achten, dass es kein Fehlverhalten geben darf. Darauf sollten Trainer und Betreuer im Vorfeld großen Wert legen, denn die jungen Leute sind ja noch in ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung und kommen aus unterschiedlichen Kulturkreisen. Wir benötigen für das Jugend-Olympische Dorf „presenter“, junge Menschen, die mit ein wenig jüngeren Leuten kommunizieren können und zugleich Autorität haben. Volunteers, also Freiwillige, will Singapur auch dafür gewinnen, dass die jungen Teilnehmer gerade am Abend gut betreut werden.  

DOSB PRESSE: Können die traditionellen olympischen Jugendlager davon profitieren?

SCHORMANN: Unbedingt. Wir müssen diese Treffen bei den Olympischen Spielen stabilisieren. Sie waren lange Zeit in der Olympischen Charta verankert und sind auf Initiative des Kanadiers Richard Pound herausgenommen worden. Seit zwei Jahren kämpfe ich dafür, die Olympischen Jugendlager verbindlich in einem Artikel der Charta festzulegen. Das wird auf dem Olympischen Kongress Kopenhagen im Oktober 2009 auf der Tagesordnung stehen. Ich bin mir sicher, dass dann das IOC eine Garantie für die Youth Olympic Games und die Olympischen Jugendlager während der Sommer- und Winterspiele abgeben wird.


  • Singapur rüstet sich für die Jugendspiele 2010. Copyright: picture-alliance
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