Digitaler Verein 2030

Vereine sind offen für Neues, flexibel, anpassungsfähig und zukunftsgerichtet, das zeigt sich auch in der Umsetzung der Digitalisierung.

In vielen Sportvereinen hat die Digitalisierung längst begonnen. Foto: LSB NRW
In vielen Sportvereinen hat die Digitalisierung längst begonnen. Foto: LSB NRW

Es war ein echter Wachrüttler, als der international erfolgreiche Unternehmer und Sportfan Alexander Otto den Gästen beim DOSB-Neujahrsempfang 2018 eindringlich das Jahresprogramm ins Aufgabenbuch schrieb: Startet die Strategie zur Digitalisierung der Sportvereine! Kurz danach nahm der Freiburger bei seiner Frühjahrstagung das Thema umfassend auf.

Schnell wurde deutlich, dass das digitale Management in den Vereinen längst begonnen hat: Viele Vereine haben eine Homepage (oft liebevoll wie professionell erstellt), die Vereinszeitung wird per E-Mail kurzfristig versendet, Mitgliedermeldung und Buchhaltung digitalisiert, Spielergebnisse stehen mit Schlusspfiff im Netz oder als Video im Stream bei Sportdeutschland TV, Sportangebote und freie Plätze können durch Mausklick erkundet werden, Vorstandssitzungen per Skype ablaufen. Technische Innovationen werden für flexibles Schließen der Sporthallen genutzt, Drohnen ermitteln den Zustand der Rasenflächen, in vereinseigenen Fitnessstudios werden elektronisch gesteuerte Belastungsparameter angeschlossen und mit individuellen Wearables verlinkt. In Akademien der Verbände wird an E-Learning-Konzepten gearbeitet und flächendeckendes Monitoring für individuelle Bildungskarrieren vorbereitet.

Alles nicht überraschend, denn das ist die DNA der Vereine seit 200 Jahren: offen für Neues, soweit es Vereinsmitgliedern zu Gute kommt, flexibel, anpassungsfähig und zukunftsgerichtet. Nicht überall und immer, aber immer öfter.

Parallel haben der Niedersächsische und der Schwäbische Turnerbund mit dem Frankfurter „Zukunftsinstitut“ im Handbuch „Sportverein 2030“ die zwölf Megatrends der künftigen gesellschaftlichen Entwicklung analysiert und auf die Vereinswelt heruntergebrochen. In zahlreichen regionalen Workshops erarbeiten Vereinsvertreter ihre langfristigen strategischen Ziele.

Wie sehr Alexander Otto es mit seiner Aufforderung ernst gemeint hat, zeigt sich jetzt mit dem von seiner Sportstiftung finanzierten Managementhandbuch „Wie wird mein Sportverein digital?“. Es ist aus einem erfolgreichen Modellprojekt mit dem Großverein TSG Bergedorf erwachsen und eine vorzügliche Ergänzung zum „Sportverein 2030“. Besonders beeindruckend sind die über 30 Handlungsfelder, in denen die neuesten Technologien in ihrer Bedeutung für den Vereinsalltag vorgestellt werden.

In diesen Tagen fand der traditionelle, bei Vereinsvertretern stark nachgefragte Hamburger Sportkongress des Verbandes für Turnen und Freizeit statt. In dem anspruchsvollen Managementteil stand die sich enorm beschleunigende digitale Transformation mit ihrer neuen Qualität an Datenmanagement aufgrund komplexer Algorithmen, Robotik und künstlicher Intelligenz im Mittelpunkt – das mit vielfältigen sozialen Folgen und organisatorischen Herausforderungen für Vereine.

Die Chancen, durch optimierte Information der Mitglieder Komfort und Selbstorganisation zu erhöhen und Haupt- wie Ehrenamt von Bürokratie zu entlasten, waren wiederkehrende Themen. Deutlich wurde, dass die vielen möglichen (und mitunter unmöglichen) Technologietools zu einem strategischen Ganzen zusammengeführt werden müssen – der digitale Verein als agiler Mittler zwischen Wertschöpfung und Wertschätzung.

Die konkrete Lösung wird in der Zusammenführung und Auswertung der unendlich vielen Datenspuren liegen, die Vereinsmitglieder und -mitarbeiter hinterlassen. Notwendig ist eine komplexe Softwareplattform, die alle relevanten Daten erfasst und ordnet, zugleich mit Apps und Schnitt-stellen die Bedarfe des jeweils besonderen Vereins berücksichtigen kann. Früher entwickelte Programme können das oft nicht abbilden oder sind umständlich zu handhaben.

Derzeit wächst entsprechend dem Bedarf der Vereine nach Implementierung und kontinuierlicher Beratung die Zahl der Softwareanbieter mit etablierten IT-Unternehmen und innovativen Start-Ups. Beispielhaft ist hier die Kooperation von DFB mit dem Branchenriesen SAP zur Entwicklung eines Big-Data-Zentrums in Frankfurt, andererseits das junge Start Up Campai in Berlin mit internationalen Datendesignern, die schon mehr als 6000 Vereine beraten. Ihr Ziel ist, möglichst viele Abläufe zu automatisieren und so mehr Freiräume für Zukunftsaufgaben zu schaffen.

Der Markt der Anbieter ist in Bewegung, und Vereine suchen ihre optimale Lösung. Es ist kein Zufall, dass sich allein von September bis November mindestens 14 Fachtagungen und Sportkongresse in ganz Deutschland mit der Digitalisierung des Sports und seinen Folgen befasst haben bzw. noch beschäftigen werden. DOSB, Landessportbünde wie Spitzenverbände sind gefordert und bereits unterwegs. Die Führungsakademie des DOSB hat dafür eine ganze Woche Ende November angesetzt.

Denn auch das hat Alexander Otto im Januar 2018 gemeint: Wenn die Vereine nicht aktiv die digitale Transformation in ihrem Sinne mitgestalten, werden sie ihre Zukunft verlieren. So sieht es nicht aus.

(Autor: Prof. Hans-Jürgen Schulke)

In jeder Ausgabe der DOSB-Presse, die wöchentlich erscheint, gibt es einen Kommentar zu aktuellen Themen des Sports, den wir hier veröffentlichen. Diese mit Namen gezeichneten Beiträge geben nicht unbedingt die offizielle DOSB-Meinung wieder.


  • In vielen Sportvereinen hat die Digitalisierung längst begonnen. Foto: LSB NRW
    Trainer mit Laptop am Spielfeldrand. Foto: LSB NRW