Doping ist kein Kavaliersdelikt

Doping im Spitzen- und Freizeitsport ist eher als Kavaliersdelikt, aber weniger als eine Straftat im Bewusstsein der Öffentlichkeit. Polizei oder Zoll fahnden zwar nach verbotenen Substanzen, sind aber oft nur durch Zufall erfolgreich.

Auch die aktuellen Ermittlungen gegen den Leichtathletik-Trainer Thomas Springstein wurden von der Staatsanwaltschaft Magdeburg nur vorangetrieben, weil eine Anzeige mit Beweisen vorliegt. Weil sich niemand zuständig fühlt, bleiben viele Fälle liegen.

 

Um diese Vollzugsprobleme zu lösen, will die Sportministerkonferenz der Länder Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften Doping bilden: „Für solch schnelle und zügige Bearbeitung eignen sich in der Regel Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften, zumindest in den großen Ländern. Wir brauchen Spezialisten, die schnell und zügig die Ermittlungsergebnisse sanktionieren.“ Bei Wirtschafts- und Umweltverbrechen haben Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften bereits erfolgreich gearbeitet.

 

Sondereinheiten bei der Polizei

Der Marburger Jurist Professor Dieter Rössner, Mitglied in der Rechtskommission des Sports gegen Doping, fordert auch bei der Polizei Sondereinheiten. „Es ist natürlich so, dass die Staatsanwaltschaft für die rechtlichen Entscheidungen verantwortlich ist. Aber die tatsächlichen Ermittlungen laufen bei der Polizei. Insoweit ist es entscheidend, Sonderzuständigkeiten und feste Ermittlungsgruppen mit polizeitaktischem Know-How haben.“Darunter versteht Rössner verdeckte Ermittlungen mit V-Männern, Telefonüberwachungen und Hausdurchsuchungen.

 

Denn im Gegensatz zu anderen Straftatbeständen sind die Ermittlungen in Sachen Doping äußerst schwierig, meint der Jurist. „Der Dopingbereich schottet sich ab, da gibt es keine Verletzten oder Opfer, die anzeigen, wie bei Vergewaltigung oder Körperverletzung, sondern es arbeiten sozusagen Täter - diejenigen, die die Mittel den Sportlern geben - und Opfer ganz eng zusammen. Keiner hat ein Interesse daran, dass irgendetwas publik wird.“

 

Doping auch im Freizeitbereich

Neben Staatsanwaltschaft und Polizei sollen nach dem Willen der Sportminister in Zukunft die Gewerbeaufsichtsämter in die Fahndung mit einbezogen werden. Es geht nicht nur um Spitzensport, sondern auch um den Missbrauch in Studios und Fitness-Centern. Thomas Röwekamp, der Bremer Vorsitzende der Sportministerkonferenz der Länder: „Doping ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, nicht nur im organisierten Sport, sondern auch im Freizeitbereich.

 

Hier gilt es auch, den Kontrolldruck zu erhöhen und zu verschärfen und insbesondere den Handel mit illegalen Mitteln in den Sportstudios zu verhindern. Hier sollen die Gewerbeaufsichtsämter stärker und intensiver kontrollieren und schneller sanktionieren.“

 

In Deutschland werden Missbrauch und Handel von verbotenen Dopingsubstanzen nach dem Arzneimittelgesetz geahndet. Das zuletzt 1998 novellierte Gesetz sieht auch Freiheitsstrafen vor. Insbesondere gegenüber Jugendlichen ist die Abgabe von Dopingmitteln sogar als Verbrechen eingestuft, das heißt auf einer Stufe mit Raub und Vergewaltigung und sonstigen schweren Straftaten.

 

Sportbetrug als Tatbestand im Strafgesetzbuch aufnehmen

Der Marburger Jurist Rössner: „Ich selbst hatte vorgeschlagen, dass man in den Kernbereich des Strafgesetzbuches einen Tatbestand des Sportbetruges aufnimmt, der dann sowohl Doping umfasst, aber auch Manipulationen etwa im Schiedsrichterbereich und ähnliches, damit man dieses ähnlich wie Raub oder Vergewaltigung im Strafrecht als Verbrechen wahrnimmt.“ Laut Rössner hätte dies den Vorteil, dass bei einer solchen Gesetzeslage bei Dopingverstößen zwingend ermittelt werden muss, weil diese Delikte dann zum Kernbereich des Strafrechts gehören würden.