Die Erkenntnis, dass Doping und Arzneimitteilmissbrauch im Sport kein ausschließliches Problem des Hochleistungssports sind, resultierte bisher im wesentlichen auf Informationen
aus amerikanischen und kanadischen Studien. Jetzt hat das Niedersächsische Innenministerium die Ergebnisse einer von der EU geförderten und vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) unterstützten Studie "Dopingbekämpfung in kommerziell geführten Sportstudios" vorgelegt, die zu erheblicher Besorgnis Anlass geben. Nach den Untersuchungen der in vier EU-Ländern (Deutschland, Belgien, Italien und Portugal) durchgeführten Studie greifen durchschnittlich 5,7 % aller Sportlerinnen und Sportler in kommerziellen Fitness-Studios zur Verbesserung ihrer Leistungen zu Medikamenten.
Niedersachsens Innen- und Sportminister Heiner Bartling befürchtete bei der Vorstellung der Studienergebnisse in Hannover eine weitaus höhere Dunkelziffer und schätzte, dass rund 20 Prozent aller Besucher von Fitness-Centern Anabolika und andere verbotene Präparate zum Muskelaufbau oder zur Leistungssteigerung nehmen. "Dort bekommen sie zum Teil das Zeug unter der Ladentheke", kritisierte der Minister, der darauf hinwies, dass allein in Deutschland pro Jahr für etwa 100 Millionen Euro illegale Dopingmittel gekauft würden. Gefördert werde die Missbrauchsbereitschaft aber auch durch die leichte Verfügbarkeit der Dopingpräparate. So stelle auch das Internet eine wichtige Plattform für den illegalen Handel mit Dopingmitteln dar. Allein für Deutschland wurden 15 Websites mit 250 Angeboten für Dopingmittel verzeichnet. Unter Umgehung der nationalen Vertriebsregeln, der Grenzkontrollen und der Arzneimittelgesetze lassen sich die Fitness-Sportler ihre Präparate direkt ins Haus liefern. Sportreferentin Anja Surmann (Hannover) wies darauf hin, dass die Dopingmittel oft auch von Dealerbanden im Umfeld von Sportstudios angeboten würden. Deshalb sei es auch wichtig, die Ermittlungsbehörden stärker für dieses Problem zu sensibilisieren.
Die hohe Missbrauchsbereitschaft und der damit verbundene gesundheitliche Schaden war für die an der Studie beteiligten europäischen Antidoping-Experten Anlass, Maßnahmen und Materialien zu entwickeln, um diesen Trend aufzuhalten. Minister Bartling zog deshalb auch das Fazit, dass sich - auch außerhalb des Leistungssports - ein enormer Handlungsbedarf zur Dopingbekämpfung ergebe, dass sich die Handlungskompetenz für staatliche Stellen aus dem volksgesundheitlichen Schaden begründe, dass Doping in den EU-Mitgliedsstaaten nicht länger als ein von Staat und Gesellschaft toleriertes Kavaliersdelikt gelten dürfe und dass durch die Studie ein Maßnahmenkatalog mit Empfehlungen entstanden sei, der zu einer langfristigen und konsequenten Eindämmung des Dopingproblems im Fitness-Sport führen könne.