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Dortmunder Forschungsprojekt "Integration von Jugendlichen"
Wie kann die gesellschaftliche Integration von Zuwanderern besser gelingen? Insbesondere die Integration von Jugendlichen mit Migrationshintergrund ist ein Thema, das die Aufmerksamkeit der Medien und der Öffentlichkeit bindet.
Welche Bedeutung den Sportvereinen in diesem Zusammenhang zukommt, wird seit zwei Jahren in dem Dortmunder Forschungsprojekt "Integration von Jugendlichen in Sport und Gesellschaft" (gefördert vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft) analysiert. Der Forschungsbedarf ist enorm: Die optimistischen Proklamationen der Sportorganisationen, wonach Sport zur kulturellen, sozialen oder politischen Integration von Zuwanderern beitragen könne, werden bislang nur durch sehr wenige wissenschaftliche Erkenntnisse fundiert. Die tatsächlichen Integrationswirkungen des Sports und der Sportvereine sind bislang sehr unzureichend erforscht.
Eine erste Fragestellung des Dortmunder Forschungsprojekts lautete: Inwiefern sind jugendliche Migrantinnen und Migranten in den organisierten Sport involviert? Eine zweite Forschungsperspektive konzentriert sich auf die Frage: Mit welchen Integrationseffekten ist zu rechnen, wenn sich Jugendliche mit Migrationshintergrund am Sport beteiligen? Um diese Fragen zu beantworten, wurden Daten von mehr als 34.000 15-jährigen Jugendlichen re-analysiert, die im Rahmen der PISA-Studie erhoben wurden. Diese Daten erlauben es, zuverlässige und „vielschichtig“ differenzierte Aussagen über die Sportengagements von 15-jährigen Jugendlichen mit Migrationshintergrund zu treffen. Die wesentlichen Befunde zur ersten Frage lassen sich zu sieben Stichpunkten zusammenfassen:
Sport besitzt im Lebensalltag von Jugendlichen eine große Bedeutung. Vor allem das vereinsorganisierte Sporttreiben ist bei 15-Jährigen sehr populär, fast jeder zweite Jugendliche gehört einem Sportverein an. Keine andere Freiwilligenvereinigung kann ähnliche viele junge Menschen einbinden. Quantitativ betrachtet, sind die Bindungskräfte des Vereinssports konkurrenzlos.
15-jährige Zuwanderer treiben ähnlich viel Sport in der Freizeit wie deutsche Alters-gleiche. Erstere nehmen aber etwas seltener am Vereinssport teil. Während 48 Prozent der deutschen Jugendlichen einem Sportverein angehören, trifft dies auf 43 Prozent der 15-Jährigen zu, die einen Migrationshintergrund besitzen. Die Unterschiede zwischen deutschen und nicht-deutschen Jugendlichen fallen zunächst bemerkenswert klein aus. Dies ändert sich aber, wenn die Befunde differenziert ausgewiesen werden; dann sind große Binnenunterschiede in der Gruppe der zugewanderten Jugendlichen zu erkennen.
An erster Stelle sind die zumTeil gravierenden Geschlechterunterschiede zu erwähnen. Die Geschlechterdifferenzen fallen bei den Jugendlichen mit Migrationshintergrund insgesamt deutlich größer aus als bei deutschen Heranwachsenden. Dies ist deshalb der Fall, weil sich Jungen besonders häufig und Mädchen besonders selten (vereins-) sportlich engagieren. Die Jungen mit Migrationshintergrund haben sich sogar zu etwas höheren Anteilen als die Jungen mit deutscher Herkunft einem Sportverein angeschlossen (57 Prozent zu 54 Prozent). Bei den Mädchen mit ausländischer Herkunft gehört dagegen ein deutlich kleinerer Anteil als bei den deutschen Mädchen einem Sportverein an (28 Prozent zu 42 Prozent).
Neben dem Geschlecht hängt die Sportbeteiligung von der sozialen Herkunft ab. Sport-liche Aktivitäten im Verein sind für Jugendliche aus Familien typisch, die über mehr ökonomisches Kapital, höhere Bildungsabschlüsse und größere kulturelle Ressourcen verfügen. Diese soziale Geschlossenheit des vereinsorganisierten Sporttreibens ist nicht neu. Die Ausprägung von sportlich-aktiven Lebensstilen und Freizeitinteressen hängt von den sozioökonomischen Lebensbedingungen im Elternhaus und von entsprechenden Anregungen durch die Familie ab.
Auffallend sind große geschlechtsspezifische Interaktionseffekte. Damit ist Folgendes gemeint: Mit besserer struktureller und kultureller Integration der Familie steigt ins-besondere bei den Mädchen die Wahrscheinlichkeit, dass sie am Vereinssport teilneh-men. Zum Beispiel sind Hauptschülerinnen aus ärmeren Familien, in denen Deutsch nicht die Alltagssprache ist, nur zu etwa 10 Prozent in einem Sportverein organisiert, während höher gebildete Mädchen aus sozial und kulturell privilegierten Familien im Durchschnitt zu etwa 50 Prozent Sportvereinsmitglieder sind. Bei den Jungen ist dieser Zusammen-hang nicht zu erkennen. Sie sind weitgehend unabhängig von kulturellen und sozioökono-mischen Voraussetzungen häufig im Sportverein aktiv. Sportvereine erreichen nahezu alle Jungen, aber nur jene Mädchen aus kulturell und strukturell gut integrierten Familien.
Mädchen mit türkischem Migrationshintergrund werden oft als eine besonders sport-distanzierte Gruppe beschrieben. Insgesamt sind etwa 20 Prozent der türkisch-stämmigen Mädchen im Sportverein organisiert. Türkische Mädchen bilden insofern tatsächlich eine relativ sportdistanzierte Gruppe, dies gilt aber auch für Mädchen aus verschiedenen anderen Herkunftsländern. Mädchen mit russischer Herkunft sind ähnlich selten im Sportverein aktiv.
Junge Migrantinnen und Migranten beteiligen sich überproportional häufig an schulischen Sportarbeitsgemeinschaften. Diese Arbeitsgemeinschaften können auch Heranwachsende aus sozioökonomisch benachteiligten und kulturell eher wenig integrierten Familien erreichen. Sie binden eine andere Sozialstruktur und andere Zuwanderergruppen als Sportvereine ein.
Weitere Befunde zur Sportbeteiligung sowie Analysen zu den Integrationseffekten, die mit einer Teilnahme am vereinsorganisierten Sport verbunden sein können, werden in diesem Jahr in Buchform publiziert.
Die Bedeutung von Sportvereinen für die Integration von jugendlichen Migranten untersucht das Dortmunder Forschungsprojekt. Copyright: picture-alliance
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