DOSB-Netzwerkprojekt “Bewegung und Gesundheit – mehr Migrantinnen in den Sport“

Bundesministerin für Gesundheit, Ulla Schmidt, und die Vizepräsidentin Frauen und Gleichstellung des DOSB, Ilse Ridder-Melchers reden im Interview über das aktuelle DOSB-Netzwerkprojekt.

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (li.) und DOSB-Vizepräsidentin Ilse Ridder-Melchers. Copyright: picture-alliance
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (li.) und DOSB-Vizepräsidentin Ilse Ridder-Melchers. Copyright: picture-alliance

DOSB PRESSE: Der Deutsche Olympische Sportbund startet mit Unterstützung des Bundesministeriums für Gesundheit das Netzwerkprojekt "Bewegung und Gesundheit – mehr Migrantinnen in den Sport" mit fünf ausgewählten Verbänden. Welche Ziele sollen mit diesem Modellprojekt erreicht werden?

SCHMIDT: Das Projekt "Bewegung und Gesundheit – mehr Migrantinnen in den Sport" wird vom Bundesgesundheitsministerium gefördert. Es ist uns ein besonderes Anliegen, Migrantinnen zu mehr körperlich-sportlicher Aktivität zu motivieren und Migrantinnen über den Vereinssport mit dem deutschen Gesundheitswesen vertraut zu machen. Darüber hinaus werden Sport und Bewegung mit Bildungs- und Qualifizierungsangeboten wie beispielsweise einem Sprachkurs verbunden. Diese so geschaffenen Netzwerke sind ein dauerhafter Beitrag zur Verbesserung der gesundheitlichen Lage und der Integration.

RIDDER-MELCHERS: Der DOSB greift  mit dem Netzwerkprojekt  besonders die Belange und Interessen von Mädchen und Frauen mit Zuwanderungsgeschichte auf, weil sie im Sport noch immer kaum präsent sind. Gleiches gilt auch für ihre Partizipation im Gesundheitsbereich. Hier setzt das Projekt an und will für diese Gruppen durch vernetzte Angebote auf lokaler Ebene neue Zugänge zu Sport, Bewegung und Gesundheit  erproben und für den Vereinssport nutzbar  machen. Gleichzeitig streben wir eine nachhaltige Sensibilisierung und interkulturelle Öffnung der Verbands- und Vereinsarbeit an, eine wichtige Voraussetzung dafür, die Projektinhalte dauerhaft in die Vereinsarbeit zu überführen.

DOSB PRESSE: Das Bundesministerium für Gesundheit und der DOSB arbeiten eng und erfolgreich im Bereich Frauen, Sport und Gesundheit miteinander. Die Bandbreite wird jetzt um den Schwerpunkt Migrantinnen erweitert. Was sind die Gründe dafür aus Ihrer Sicht?

SCHMIDT: Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz haben wir den Nationalen Aktionsplan "IN FORM - Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung" erarbeitet. Ziel ist es, einen gesundheitsbewussten Lebensstil zu fördern. Wir wollen mehr Wissen über Bewegung und Ernährung vermitteln. Vor allem an Gruppen, die sich noch zu wenig bewegen. Hierzu zählen auch Frauen mit Migrationshintergrund. Sie benötigen eine gezielte Ansprache, die ihre sozialen und kulturellen Lebensumstände berücksichtigt.

RIDDER-MELCHERS: Für Migrantinnen gibt es eine Reihe von Hindernissen auf dem Weg zur Vereinsmitgliedschaft zu überwinden. Bei muslimischen Mädchen sind diese Hindernisse in erster Linie in den Normen der Mädchenerziehung (u.a. Trennung der Geschlechter, Verhüllungsgebot, Nacktheitstabu) und in der engen Bindung an die Familie und Ethnie begründet. Das  Projekt soll an  die kulturellen und geschlechtsspezifischen Bedürfnisse dieser Zielgruppe anknüpfen und dazu eng  mit Netzwerkpartnern aus der interkulturellen Arbeit bzw. mit Migrantinnenorganisationen, Gesundheitseinrichtungen und Gleichstellungsstellen zusammenarbeiten. Unser Ziel ist auch, unsere Fach- und Führungskräfte zu sensibilisieren und Migrantinnen in unsere Sportstrukturen einzubinden.

DOSB PRESSE: Frau Ministerin: Wie können aus Ihrer Sicht Migrantinnen über den Sport besser in unsere Gesellschaft integriert werden?

SCHMIDT: Vereinssport kann das Selbstbewusstsein von Frauen und Mädchen stärken, kulturelle Barrieren überwinden und so die gesellschaftliche Integration fördern. Wer in einer Gruppe Sport treibt, lebt nicht nur gesünder, sondern tauscht sich mit anderen aus. Soziale Netze entstehen, das Verständnis zwischen den Kulturen wächst und schafft Vertrauen weit über den Sport hinaus.

DOSB PRESSE: Frau Ridder-Melchers: Der DOSB hatte das Modellprojekt ausgeschrieben und die Mitgliedsorganisationen zur Mitarbeit eingeladen. Welche Verbände werden bei dem Projekt jetzt mitarbeiten?

RIDDER-MELCHERS: Die Jury wählte anhand der Ausschreibungsmodalitäten drei Spitzenverbände und zwei Landessportbünde aus und hatte unter zahlreichen guten Bewerbungen die Qual der Wahl. Die Entscheidung fiel dann für den Deutschen Turner-Bund, den Deutschen Ju-Jutsu Verband und die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft sowie den Landessportverband Baden-Württemberg und die Sportjugend des Landessportbundes Berlin. Das Netzwerkprojekt hat sich zum Ziel gesetzt, Hinweise für die Ausweitung von sportart- und gesundheitsspezifischen Angeboten zu erhalten. Die Erfahrungen in der Arbeit mit Migrantinnen sind bei einigen Sportverbänden z.T. schon vorhanden, andere nehmen das Netzwerkprojekt zum Anlass, Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund in den Blick zu nehmen. Der DOSB wird das Projekt mit den fünf ausgewählten Mitgliedsverbänden begleiten und dafür sorgen, dass die Projektergebnisse von allen Interessierten genutzt werden können.


  • Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (li.) und DOSB-Vizepräsidentin Ilse Ridder-Melchers. Copyright: picture-alliance
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