Den Schulterklopfer von Maskottchen „Trimmy“ hatte sich Traudel redlich verdient. Der Alltags-Fitness-Test (AFT), den der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) bei dem am Donnerstag eröffneten Deutschen Seniorentag auf dem Frankfurter Messegelände vorstellt, war der 70-Jährigen nicht allzu schwergefallen, und ihre Ergebnisse konnten sich sehen lassen. „Wenn Sie so weitermachen“, erklärte Birgit Kramer von der Universität Heidelberg, deren Mitarbeiter die Kraft- und Beweglichkeitsübungen in der Halle 5 betreuten, „kommen Sie auch mit 90 Jahren noch gut im Alltag zurecht.“ Das besagen Forschungsergebnisse aus den USA, auf deren Basis der Test entstanden ist. Traudel zeigte sich erfreut, wird sie damit doch für ihr Aktivsein, ihr regelmäßiges Pilates-Training und die Yoga-Figuren belohnt, die sie sich angeeignet hat.
Der AFT ist die deutsche Übersetzung zentraler Teile des amerikanischen Senior Fitness Tests, der von den Wissenschaftlerinnen Rikli und Jones entwickelt und erprobt wurde. Der DOSB initiierte die Erstellung der deutschen Version, die von Dr. Christoph Rott von der Universität Heidelberg geschrieben und von der Becker-Stiftung gefördert wurde.
Sie reiht sich damit ein in die zweite Gruppe von Älteren, die der DOSB für sich und seine Projekte definiert. Neben aktiven Senioren wie Traudel sind dies noch Menschen im mittleren Erwachsenenalter, die schon „die ersten Einschränkungen merken“, wie die in der Dachorganisation des deutschen Sports für den Bereich der Älteren verantwortliche Ute Blessing-Kapelke erklärt. Zudem gebe es da noch die Hochaltrigen und Pflegebedürftigen, denen man ein ganz besonderes Angebot machen müsse, um sie nach ihren individuellen Möglichkeiten zu bewegen.
Entsprechend sollten die Sportvereine ihren Mitgliedern ab 50 Jahren aufwärts differenzierte Angebote unterbreiten. Diese anzustoßen, Hilfestellungen zu leisten, damit entsprechende Gruppen und Kooperationen im ganzen Bundesgebiet entstehen, hat sich der DOSB auf die Fahnen geschrieben. Einige der Projekte, die dafür sorgen sollen, werden während des noch bis einschließlich Samstag dauernden 11. Deutschen Seniorentags und der Messe SenNova an dem Stand vorgestellt, den sich der DOSB bei der von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) organisierten Veranstaltung unter anderem mit dem Deutschen Turner-Bund (DTB) und den regionalen Sportorganisationen teilt. Nicht nur der sehr sportaffine frühere Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) konnte sich am Eröffnungstag davon überzeugen, mit wie viel Engagement und Ideenreichtum die Dachorganisation und ihre Kooperationspartner bei ihren Initiativen zu Werke gehen.
Ohne ein großes Netzwerk, betont Blessing-Kapelke, gehe es nicht. So müsste gerade im Bereich der bislang wenig Aktiven die Zusammenarbeit mit Fahr- oder Sozialdiensten gesucht werden, um überhaupt an die entsprechende Klientel zu kommen und sie zu den Angeboten zu bringen. Als Bewegungsorte eignen sich nicht nur Turn- und Sporthallen, sondern auch Gemeindesäle, weshalb Kirchen ebenfalls interessante Partner sind. Schließlich benötigen viele Maßnahmen auch eine Finanzierung.
„Mit dem Netzwerk ,Aktiv bis 100‘ gibt es gerade hier in Frankfurt eine Vorzeigeinitiative“, sagt Blessing-Kapelke. Angestoßen vom DOSB-Modellprojekt „Bewegungsnetzwerk 50 plus“, das mit Unterstützung des Bundesinnenministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) Erwachsene ab 50 Jahren zu einem gesunden und aktiven Lebensstil animieren wollte, entstanden unter Führung des DTB lokale Kooperationen, die Hochaltrigen gemeinsam Bewegungsangebote unterbreiten. In der Großstadt wurden diese nach Ende der offiziellen Laufzeit des Projekts vom Turngau Frankfurt weitergeführt, der mittlerweile auf 30 Gruppen verweisen kann. „Es ist faszinierend, wie nachhaltig dieses Projekt wirkt“, sagt Blessing-Kapelke.
Andere befinden sich noch in der Entwicklungsphase, etwa „AUF (Aktiv Und Fit) Leben“. Unter dem Dach dieses Projektes entsteht in den nächsten Monaten ein Serviceordner, der es Kommunen erleichtern soll, ein Netzwerk für den Aufbau von Sportangeboten vor allem für Hochaltrige und Menschen mit Demenz zu flechten. Die zweite Säule des AUF Leben-Projekts wendet sich an Menschen in der Übergangszeit zur Rente, die noch in ihrem Arbeitsleben erreicht und auf eine Zukunft im Ehrenamt bei Sportvereinen vorbereitet werden sollen. Dabei, so Blessing-Kapelke, gehe es darum, wie man die Potenziale der Älteren nutzen könne, deren Anteil in der Gesellschaft immer weiter wächst.
Der DOSB gibt dabei mit seinen vielen verschiedenen Projekten nicht nur Impulse und sorgt für einen Informationsaustausch zwischen seinen Mitgliedsorganisationen sowie den zahlreichen Partnern. Er leistet auch die nötige Lobby-Arbeit bei den Ministerien in Berlin, wo es gilt, die Politiker von der Bedeutung des Sports für die Gesellschaft zu überzeugen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) fand dafür in ihrer Eröffnungsrede des Seniorentags am Donnerstag bestätigende Worte: Das Wissen und der Erfahrungsschatz der Älteren, so die CDU-Politikerin, seien „Gold wert – nicht nur für ihr eigenes Leben und ihre Generation, sondern auch für unsere gesamte Gesellschaft“.
Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) fügte hinzu, dass jeder anders älter werde, „es hängt auch ein bisschen von uns selbst ab, wie wir unsere Zukunft gestalten“.
Nach dem Willen des DOSB bleibt diese zumindest so lange wie möglich bewegt. Wie das aussehen kann, das demonstriert eindrucksvoll die Ausstellung „Aktiv in die Zukunft“, die ebenfalls auf dem Frankfurter Messegelände zu bewundern ist. Männer und Frauen ab 70 Jahren aufwärts sind dabei auf Fotos bei ihrer sportlichen Lieblingsbeschäftigung zu sehen und zeigen, wie fit sie noch sind. „Trimmy“ würde ihnen allen sicher gerne auf die Schulter klopfen.
Quelle: DOSB