DPA informiert über Jahresbericht der zentralen sportpsychologischen Koordinierungsstelle des deutschen Spitzensports

Immer mehr Hochleistungssportler bedienen sich der Hilfe von Psychologen. Dies geht aus dem Jahresbericht einer von Prof. Dr. Hans Eberspächer geleiteten zentralen Koordinierungsstelle in Heidelberg hervor.

 

Demnach haben in der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele in Athen 25 Sportpsychologen bei 17 Fachverbänden gearbeitet. Dies hat sich offenbar ausgezahlt. «Die Verbände, die eine derartige Betreuung in Anspruch genommen haben, waren erfolgreicher als vor vier Jahren in Sydney», sagte Diplom-Psychologe Jan Mayer von der Universität Heidelberg und Mitglied der Koordinierungsstelle gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

 

Als Musterbeispiel gilt der Deutsche Schützenbund: Für jede der fünf Disziplinen wurde ein Psychologe engagiert. Im Vergleich zu Sydney (ein Mal Bronze) fiel die Bilanz von Athen mit zwei Mal Gold und ein Mal Silber deutlich besser aus. «Die Sportpsychologie muss künftig noch wesentlich besser in die Organisation des Sports eingebunden werden - das zeigt nicht nur die Auswertung der Olympischen Spiele», forderte Eberspächer. «Dabei müssen wir grundsätzlich weg von kurzfristigen Stundeneinsätzen und hin zu einer systematischen Betreuung über längere Zeiträume.» Bereits 1976 war der 60-Jährige mit dem deutschen Team nach Montreal gereist. Der im Medienzeitalter enorm gestiegene öffentliche Druck auf die Athleten hat ihm in den vergangenen Jahren neue Arbeitsfelder beschert.

 

Die in Athen aufgekommene Kritik, dass zum deutschen Olympia-Team mit 459 Athleten zwar 274 Betreuer, 40 Physiotherapeuten und 26 Ärzte, aber nur zwei Psychologen zählten, kann Eberspächers Kollege Mayer nicht ganz verstehen: «Da muss man eigentlich seinen Job schon gemacht haben und nicht mehr vor Ort sein.»

 

Immerhin wird mit dem Begriff Psychologie im Sport inzwischen offensiver umgegangen. Dafür haben auch die Fußballprofis Jan Simak und vor allem Sebastian Deisler sowie der Skispringer Sven Hannawald gesorgt, die sich mit ihren Problemen geoutet haben. Wenn Mayer Sportler in seiner Praxis in Schwetzingen hat und deren Handy klingelt, dann sagen diese inzwischen oft ungeniert, wo sie gerade sitzen. «Das war früher undenkbar. Es hat sich wirklich viel getan», sagte Mayer. Der 32-Jährige kümmert sich neben den alpinen Ski-Damen unter anderem um die Nationalmannschaft der Nordischen Kombinierer und sieht mit Wohlwollen, dass sich der neue Fußball-Bundestrainer Jürgen Klinsmann der Sportpsychologie nicht verschließt. «Für uns ist das ganz toll, dass er dies als ein Puzzleteil in der Leistungsoptimierung sieht.»

Trotzdem gibt es noch Nachholbedarf: beispielsweise in der Trainerausbildung, wo Psychologie zwar unterrichtet, aber fast nie geprüft wird. Und so manche Trainer vom alten Schlag wollen sich nicht reinreden lassen in ihre Methoden. Jene jedoch, die bei den Projekten der zentralen Koordinierungsstelle mitgemacht haben, so Mayer, hätten die Betreuung durch die Sportpsychologen fast durchgehend mit einer Eins bewertet und erklärt, dass sie an einer weiteren Zusammenarbeit interessiert sind.

Zudem beschert die Tatsache, dass die medizinischen und technischen Aspekte in vielen Sportarten mittlerweile ausgereizt sind, den insgesamt etwa 50 Sportpsychologen in Deutschland Zulauf. «Der Kopf ist die größte Ressource», behauptet Mayer.