DSB-Präsident macht sich für die Frauen stark und mahnt zum Kompromiss

Schwerin war eine Reise wert: Zu diesem Urteil kamen die meisten Teilnehmerinnen der 32. Vollversammlung des Bundesausschusses Frauen im Sport des Deutschen Sportbundes am Ende ihrer Tagung.

Das lag nicht nur an den ausgezeichneten Gastgebern: Der Landessportbund Mecklenburg-Vorpommern hatte mit Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider eine Schirmherrin gefunden, die den Sport nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis unterstützt. Und auch Sozialministerin Marianne Linke zeigte im Schweriner Schloss ihre Sympathie für sportliche Anliegen.

 

Frauen als "Aktivposten der Sportbewegung"

Der Schweriner See lag im Nebel, als die Vorsitzende des Bundesausschusses, Ilse Ridder-Melchers die Delegierten im Tagungshotel Crowne Plaza begrüßte. „Die Zukunft des Sports gestalten“ war das Thema  dieser Vollversammlung, die vielleicht - so unkten einige der Frauen - die letzte gewesen sein könnte. Denn das Thema Fusion schwebte wie ein Damoklesschwert über der Vollversammlung. Was wird der Zusammenschluss zwischen Nationalem Olympischen Komitee und Deutschem Sportbund für Folgen haben?

 

Mit vielen Fragen im Gepäck waren die Frauen angereist. Und hofften nun, dass sich nicht nur der Nebel über dem See, sondern auch in Sachen Fusion lichten würde. DSB-Präsident Manfred von Richthofen sorgte dann mit überraschender Deutlichkeit für klare Sicht. Vielleicht hat er sich an Friedrich Nietzsche orientiert, als er dann mit Zuckerbrot und Peitsche den Frauen den Fusionskurs erläuterte.

 

Natürlich sieht der Präsident die Frauen als „Aktivposten der Sportbewegung“ und schätzt ihr Engagement hoch ein. „Zwischen Tradition und Trend präsentieren sich die Frauen auf hervorragende Weise. Dies alles schließt natürlich weitere Verbesserungen gerade im Sinne der Gesamtheit des organisierten Sports nicht aus. Und daran sollten wir zielstrebig und gemeinsam zusammenarbeiten. Denn auf den Frauen im Sport ruhen weit über Mitgliederentwicklungen hinaus große Zukunftshoffungen. In dieses Bild passt auch der Anspruch der Frauen auf angemessene Berücksichtigung ihrer Interessen bei den Bemühungen um eine neue Dachorganisation des Sports.“

 

Fusion wird nicht alle Wünsche erfüllen

Dass von Richthofen der Sache der Frauen schon immer positiv gegenüber steht, sich immer - auch bei Bitten von der Basis - persönlich für Frauenanliegen stark gemacht hat, dass wissen die weiblichen Delegierten. Dennoch - im Bereich der Fusion sind  nicht alle Wünsche zu erfüllen. „Denn Konzentration der Kräfte heißt natürlich auch Verschlankung, Gremien-Reduzierung, Aufgaben-Verlagerungen und hier und da sogar Verzicht“, machte Richthofen deutlich.

 

Gleichzeitig gesteht der DSB-Chef aber den Frauen Sonderrechte zu, denn er kennt ja nicht nur „seine Frauen“, sondern auch „seine Männer“: „Die Sonderstellung der Frauen ist in zentralen Punkten zur Zeit noch unverzichtbar, weil der Gleichstellungsprozess noch nicht als abgeschlossen betrachtet werden kann.“ Nun sind in der neuen Satzung eine Vizepräsidentin Frauen, die Vollversammlung, das Antragsrecht, sowie das Ziel der Gleichstellung vorgesehen. Aber keine Quote und kein Bundesausschuss mehr.

 

Kampflos wollten die Frauen nun ihre Forderungen nicht aufgeben. Und seit langer Zeit wurde einmal wieder richtig diskutiert. Gremienarbeit, also etwa in einem Bundesausschuss, sei wichtig. Ohne dies wäre effektive Arbeit gar nicht möglich, waren sich etwa Inge Voltmann-Hummes (DTB) und Marion Hornung vom LSB Berlin einig. Silvia Nowak vom LSB Schleswig-Holstein brachte zum Ausdruck, was nicht nur die Landessportbund-Präsidenten in den letzten Tagen in Rage brachte: „Warum muss alles unter diesem Zeitdruck ablaufen?“ Und auch die Frage, was denn nun das NOK eigentlich aufgeben müsste, beschäftigte die Frauen.

 

Die Zeitschiene, dass machte von Richthofen deutlich, ist aus seiner Sicht nicht zu kippen, vor allem, „weil man so eine Geschichte tot diskutieren kann“. Der DSB-Präsident weiter: „Und ich möchte mir dieses Gequatsche ersparen. Alle müssen sich über die Konsequenzen im Klaren sein, wenn die Fusion nicht klappt. Dann steuern wir auf eine Spaltung des Sports zu.“

 

Verzicht auf verbindliche Quote

Kompromissbereitschaft ist deshalb angesagt. Die signalisiert auch der Präsident des gastgebenden LSB, Wolfgang Remer. Und die Frauen erkennen den Ernst der Lage, zeigen sich bei ihrem Votum über ihren Fusions-Antrag, der einstimmig angenommen wird, verantwortungsbewusst: Sie verzichten auf die verbindliche Quote.

 

Dass Ilse Ridder-Melchers sich als zähe Verhandlungspartnerin gezeigt hat und durch ihren Einsatz  zusammen mit dem Ausschuss und den hauptamtlichen Mitarbeiterinnen das Machbare für die Frauen im Fusionsprozess herausholte, betonte der Präsident. “Sie lässt keine Gelegenheit aus, sich vehement für die Geschlechter-Gleichstellung einzusetzen. Und  das immer in einem guten Klima und mit großer Offenheit - auch, wenn wir nicht immer einer Meinung sind.“

 

Bei soviel Lob mochte Ilse Ridder-Melchers nicht zurückstehen. „Der Präsident hat uns  schon immer unterstützt, und auch bei der Fusion stand er an unserer Seite. Wir haben uns ja nicht aus Gründen des Selbstzwecks so ins Zeug gelegt, sondern für den Sport.“

Aus Sicht der Frauen kann die Fusion starten. „Aber leisten Sie nun in ihren Verbänden noch Überzeugungsarbeit“, forderte der Präsident die Delegierten auf. Außerdem schlug er vor, 2007 auf dem Bundestag der neuen Organisation ein sportpolitisches Signal zu setzen, indem man ihn als „Frauen-Bundestag“ gestaltet. „Das wäre nicht nur für die Frauen, sondern auch für den Sport eine Chance, Zukunftsweichen zu stellen.“

 

Die Kampagne ist ein voller Erfolg

„Sport tut Frauen gut - Frauen tun dem Sport gut“ ist die Kampagne, die im letzten Jahr in Ingolstadt auf der Vollversammlung gestartet wurde. Das Fazit nach einem Jahr ist durchweg positiv: Sie kommt an - nicht nur bei denen, die schon im Verein sind, sondern auch bei denen, die gerne zur Bewegungseinsteigerin werden wollen. Bei so viel Erfolg ist eine Fortsetzung die logische Folge. Die Zukunft des Sports gestalten - die Frauen sind dabei. Das haben sie in Schwerin diesmal eindeutig signalisiert. Insofern war Schwerin wirklich eine Reise wert.

 

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