„Echt nach Paris“

Voller Vorfreude schauen der DOSB-Präsident Thomas Weikert und die deutschen Handballfrauen hundert Tage vor Beginn auf die Olympischen Spiele 2024 in Paris.

De Handballfrauen haben das Ticket für Paris erspielt und erkämpft. Foto: picture-alliance
De Handballfrauen haben das Ticket für Paris erspielt und erkämpft. Foto: picture-alliance

Noch wenige Sekunden hat die deutsche Handballnationalmannschaft der Damen zu spielen und Kapitänin Emily Bölk sitzt schon draußen. Das Ding ist durch, die Kamera fängt Bölks Gesicht ein. Die großgewachsene Rückraumspielerin ist eine toughe Führungsfigur in einem ebenso stabilen Sport, aber jetzt fließen Tränen der Freude. Beim Neu-Ulmer Olympiaqualifikationsturnier haben die Handballfrauen das Ticket für Paris erspielt und erkämpft.

Olympiateilnahme, das macht etwas mit einem. Für rund die Hälfte aller Olympiafahrer*innen bleibt es bei lediglich einer einzigen Teilnahme, und es lässt sich kaum ermessen, wie viele Pfostenschüsse, Millimeterentscheidungen oder Verletzungen bei anderen auch diese eine Chance vereitelt haben.

274 Quotenplätze haben deutsche Athlet*innen bereits errungen. Die erwartungsfrohe Spannung im Team D steigt weiter, in dieser Woche wird beispielweise unser Partner adidas das Dress der Olympiamannschaft präsentieren. Im Mai beginnt die erste von fünf Nominierungsrunden, die letzten Startplätze werden kurz vor der Eröffnung der Spiele vergeben.

Woraus speist sich diese Vorfreude? Zum einen natürlich aus dem alles überragenden sportlichen Wert der weltgrößten Sportveranstaltung, verbunden mit dem Wissen, bei Olympia nicht nur mit den Weltbesten der eigenen Sportart an den Start zu gehen, sondern mit allen anderen auch. Das setzt sich fort mit dem Faszinosum Olympisches Dorf, in mehr als 200 Nationen gemeinsam wohnen, schlafen, essen und später auch feiern. Das gibt es in dieser Form außerhalb von Olympia nirgendwo und niemals.

Dazu addiert sich aber mit der Gastgeberin Paris noch ein großes Extra: Zwölf Jahre nach London endlich wieder Spiele in greifbarer Nähe. Endlich wieder Olympia in der gleichen Zeitzone, so dass auch Kinder und Jugendliche Sportarten im TV verfolgen können, die sie möglicherweise noch nie gesehen haben, aber danach lieben werden. Und für das Team D endlich wieder Spiele, zu denen Familie und Freunde als Unterstützer*innen anreisen können. Diese Erwartung hat den DOSB veranlasst, in Paris neben dem gewohnten Deutschen Haus zusätzlich ein Fan-Fest für eine weitaus größere Anzahl von Unterstützer*innen der Olympiamannschaft zu platzieren.

„Locations“, interessante Orte, das ist auch noch so ein Pfund, mit dem Paris wuchern kann. Der Eiffelturm oder das Grand Palais als Hintergrund olympischer Entscheidungen, das kann den olympischen Moment noch einmal größer, oder besser, großartiger machen. Ganz zu schweigen von der, trotz aller herausfordernden Sicherheitsaspekte, schlicht genialen Idee, die Eröffnungsfeier aus dem Stadion auf die Seine und an ihre Ufer zu verlagern.

Die Welt leidet momentan an einer ganzen Serie von Konflikten und Krisen. Olympische und Paralympische Spiele können diese nicht aus der Welt schaffen, aber sie können der Welt zeigen, dass es miteinander auch und möglicherweise besser geht. Teil und auch Gastgeber dieses großen Gemeinschaftserlebens zu sein ist ein Ziel auch des deutschen Sports. Eine gelungene Fußball-EM und herausragende Olympische Spiele könnten uns ein neues Sommermärchen bereiten, aus dem wir dann mit Begeisterung Motivation und Zuversicht ziehen können, eine gute und nachhaltige eigene Bewerbung auf die Beine zu stellen. Durststrecken überstehen und sich dann am Ende doch Träume erfüllen - die Spielerinnen um Emily Bölk haben gerade gezeigt, wie es geht: „Wir deutschen Handballfrauen haben 16 Jahre darauf gewartet. Da kriege ich direkt wieder Gänsehaut, wenn ich mir das vor Augen führe - dass wir echt nach Paris fahren.“

(Autor: Thomas Weikert, Präsident des Deutschen Oylmpischen Sportbundes)


  • De Handballfrauen haben das Ticket für Paris erspielt und erkämpft. Foto: picture-alliance
    Handball-Frauen im Kreis von oben mit einem Schild "Ticket to Paris" Foto: picture-alliance