Ein gutes Instrument des inklusiven Sports

Wolfgang Tenhagen, Präsident des Behindertensportverbandes Schleswig-Holstein, im Interview zum Halt der Sportabzeichen-Tour in Bremen.

Der Präsident des Rehabilitations- und Behinderten-Sporverbandes Schleswig-Holstein Wolfgang Tenhagen (Quelle: RBSV-SH)
Der Präsident des Rehabilitations- und Behinderten-Sporverbandes Schleswig-Holstein Wolfgang Tenhagen (Quelle: RBSV-SH)

Der Präsident des Rehabilitations- und Behinderten-Sportverbandes Schleswig-Holstein e.V. (RNSV) Wolfgang Tenhagen hat den Stop der Sportabzeichen-Tour am 12. September in Bremen besucht, dessen Schwerpunkt das Thema „Inklusion“ war. Im Gespräch erzählt der Bundesbeauftragte im Deutschen Behinderten-Sportverband (DBS) für das Sportabzeichen für Menschen mit Behinderung, warum sich das Deutsche Sportabzeichen besonders gut eignet, um Menschen mit und ohne Behinderung einander näherzubringen.

In welcher Funktion waren Sie beim Halt der Sportabzeichen-Tour in Bremen vor Ort?

In Bremen war ich Ansprechpartner für die Prüfer und stand bereit, falls jemand mit der Klassifizierung der Teilnehmer in die jeweiligen Gruppen von Behinderungen nicht zurecht gekommen wäre. Zugleich wollte ich über das Deutsche Sportabzeichen für Menschen mit Behinderung informieren.

Im Vorfeld des Tour-Stopps war es zunächst wichtig, die Prüfer zu schulen. Der Landessportverband Bremen hat aus diesem Grund Anfang September eine Fortbildung organisiert, die ich geleitet habe. Ich konnte Prüfern, die bereits im nicht-behinderten Bereich gearbeitet haben, zeigen, welche Bedingungen es bei den Prüfungen für Menschen mit Behinderung gibt.

Was gehört zu solch einer Prüferausbildung im Behindertenbereich?

Die Prüfer müssen mit dem so genannten Ringordner umgehen können. Dieser Ringordner ist das Instrument des Deutschen Behindertensportverbandes. In ihm ist genau festgelegt, welche Behinderung in welche Klassifizierung gehört.

Das Prüfen für Sportler mit Behinderung ist ungleich komplexer als das Prüfen von nicht-behinderten Sportabzeichen-Absolventen. Die Prüfer müssen viel mehr lernen. Deshalb haben wir mit dem DOSB vereinbart, dass jeder, der die Prüfberechtigung für Behinderte macht, automatisch auch die Prüfberechtigung für nicht-behinderte Sportler für Leichtathletik und Schwimmen erhält.

Wie kamen Sie persönlich zum Inklusionssport?

Ich hatte mit zwei Jahren Kinderlähmung. Von dieser Erkrankung ist eine Beinverkürzung und Muskelschwund geblieben. Deswegen trage ich rechts eine Orthese. Als ich ein Kind war, sind Eltern mit dem Thema Behinderung noch ganz anders umgegangen. Ich erinnere mich, wie ich als Sechsjähriger am Strand war und ein anderes Kind seine Eltern fragte, was ich denn habe. Die Eltern sagten dann zu ihm: „Komm weg da, guck da nicht hin.“

Ist das Deutsche Sportabzeichen besonders geeignet, um inklusiv Sport zu treiben?

Das Deutsche Sportabzeichen ist ein fantastisches Mittel dafür! Das Deutsche Sportabzeichen können Menschen mit und ohne Behinderung fast immer und überall  gemeinsam ablegen. Diese Möglichkeit ist dem DOSB und dem DBS ein Anliegen, dass in der Praxis an vielen Sportabzeichen-Treffs in ganz Deutschland umgesetzt wird.

Das Deutsche Sportabzeichen ist ein Instrument, dass Kindern das Thema Behinderung nahe bringen kann und ihnen zeigt, was Menschen mit einer Behinderung können. Für viele junge Menschen ist es eine völlig neue Erfahrung, wenn sie zum Beispiel im Schwimmbad einen Menschen mit Beinamputation ohne Prothese sehen. Kinder und Jugendliche lernen beim Sport auf spielerische Art und Weise mit dem Thema Behinderung umzugehen. In der Regel gehen sie recht schnell ganz locker mit dem Thema um.

Mir ist wichtig, dass die Leute begreifen, dass ein behinderter Mensch nicht automatisch krank ist. Ich sage immer: Ich bin ein gesunder Mensch, der eine Behinderung hat.

Auch das Deutsche Sportabzeichen für Menschen mit Behinderung wurde reformiert. Welchen Effekt erhoffen Sie sich durch die Neuerungen?

Wir haben das Sportabzeichen für Menschen mit Behinderung an die vom DOSB neu konzipierten Bedingungen für das Deutsche Sportabzeichen angepasst. Den Wandel zum Leistungsabzeichen mit den Stufungen Bronze, Silber und Gold finde ich vor allem bei den jüngeren Jahrgängen gut. Denn dadurch gibt es einen Ansporn, regelmäßig auf den Sportplatz zu kommen und zu trainieren. Jemand, der im Mai etwa die Bedingungen Bronze schafft, und sich bis zum Oktober auf Gold steigert, hat an seiner körperlichen Fitness gearbeitet und genau das geschafft, was wir erreichen möchten. Das gilt für den Behindertensport genauso wie für das Sportabzeichen für Nicht-Behinderte.

Was wünschen Sie dem Geburtstagskind Deutsches Sportabzeichen?


Ich hoffe, dass noch viel mehr Behinderte auf das Deutsche Sportabzeichen aufmerksam werden. Dazu bedarf es sicher der Kommunikation durch die Medien. Mitunter kommt das zu kurz oder wird ganz verschwiegen. Die Möglichkeit, beim Deutschen Sportabzeichen inklusiv Sport treiben zu können, muss einfach viel mehr publik werden.

Vielen Dank!

(Quelle: wirkhaus)


  • Der Präsident des Rehabilitations- und Behinderten-Sporverbandes Schleswig-Holstein Wolfgang Tenhagen (Quelle: RBSV-SH)
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