Bereits Babys werden heute zum Schwimmen gebracht, Kinder gehen vor allem im Sommer gern ins Schwimmbad. Gleichzeitig hat die Zahl der schwimmfähigen Kinder in Deutschland abgenommen. Im vergangenen Jahr zeigte eine repräsentative Umfrage im Auftrag der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), dass 60 Prozent der Sechs- bis Zehnjährigen keine sicheren Schwimmerinnen und Schwimmer sind. Als solche gelten alle, die die Disziplinen des Jugendschwimmabzeichens in Bronze (Freischwimmer) erfüllen.
Fehlendes Schwimmvermögen ist wesentliche Ursache für das Ertrinken von Menschen. Die Gründe hierfür sind auch im schulischen Bereich und in den anhaltenden Bäderschließungen in Deutschland zu suchen. Ein Viertel der Grundschulen, bemängelt die DLRG, haben mittlerweile keinen Zugang mehr zu einem Bad – und können somit ihrem gesetzlich vorgeschriebenen Auftrag, Schwimmunterricht zu erteilen, nicht nachkommen. Auch fehlt es vielen Lehrkräften offenbar an einer entsprechenden fachlichen Ausbildung. So erklärt sich dann auch diese Zahl: Nur noch 36 Prozent der 14- bis 29-Jährigen gab im vergangenen Jahr an, das Schwimmen in der Grundschule gelernt zu haben.
Etwa 100 Bäder im Jahr werden in Deutschland geschlossen. Den Kommunen fehlt das Geld, sie zu unterhalten, oder sie können notwendige Sanierungen nicht bezahlen. Hinzu kommt: Schwimmhallen werden privatisiert und in Spaßbäder umgewandelt. Somit haben Schulen sowie Schwimm- und Rettungsvereine immer größere Schwierigkeiten, für ihren Schwimmunterricht Wasserzeiten zu bekommen. Auch kulturelle Unterschiede spielen beim Schwimmbadbesuch eine Rolle. Ist Deutschland auf dem besten Weg, ein Land der Nichtschwimmer zu werden?
Das Überleben im Wasser ist in diesem Zusammenhang das wichtigste Gut. Nur ein flächendeckendes Netz an Schwimmbädern wird die hohe Nichtschwimmerquote senken können. Es gibt weitere wichtige Aspekte in der Bäderdiskussion: Für die Schwimmvereine stellen kommunale Einrichtungen die Existenzgrundlage dar.
Vielfach außer Acht gelassen wird in der öffentlichen Diskussion, wie das Schwimmbad im Kindesalter eine Grundlage für Wohlbefinden im Alter legt. Die Grundsportart Schwimmen ist ein Lifetime-Sport – eine sportliche Bewegungsform, die bis ins höchste Alter ausgeübt werden kann, die auch dann noch Ausdauer und Beweglichkeit schult und nebenbei die Teilhabe am Leben garantiert. Je eher und je besser Kinder schwimmen lernen, desto eher und mit mehr Freude werden viele von ihnen Jahrzehnte später durchs Wasser pflügen. Viele Senioren entdecken ihre Schwimmfähigkeit nach Jahrzehnten wieder und genießen es, sich einmal leicht und ohne Barrieren bewegen zu können. Nicht umsonst gibt es dieses geflügelte Wort: Schwimmen, das verlernt man nicht!
Der gemeinnützige, organisierte Sport vermittelt Kindern schon ab dem Säuglingsalter Spaß im Wasser, lehrt ihnen den vielseitigen und sicheren Aufenthalt im nassen Element und qualifiziert diejenigen, die Fürsorge für das Lernen von Schwimmen tragen. Er trägt seinen Teil bei. Die Grundlagen für sein Wirken müssen aber die politisch Verantwortlichen gewährleisten. Die Forderung an sie kann nur lauten: Jedes Kind sollte in erreichbarer Nähe ein öffentliches Bad mit bezahlbaren Preisen und einem zum sportlichen Schwimmen tauglichen Becken vorfinden.
(Autor: Tobias Dollase)
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