Sportentwicklung von oben nach unten …

Mit dem Bewegungsgipfel könnte ein starkes Stück „Sportentwicklung von oben nach unten“ eingeleitet werden, sagt Prof. Dr. Detlef Kuhlmann.

Nach zwei Jahren Pandemie soll wieder mehr  Bewegung in Schule und Verein kommen. Foto: LSB NRW
Nach zwei Jahren Pandemie soll wieder mehr Bewegung in Schule und Verein kommen. Foto: LSB NRW

Schlagzeilen vom Sport sind nicht nur, aber auch in der Bild-Zeitung täglich auf Seite eins zu lesen. Kürzlich ging es dort aber mal nicht um die Bayern oder Borussia, auch nicht um Götze oder Goretzka. Dafür war ausnahmsweise mal vom Schulsport und vom Vereinssport gleich in einem Absatz die Rede. Wer erinnert sich noch? Die beiden dazugehörigen Schlagzeilen am 1. Juni auf Seite eins ganz unten rechts lauteten: „Nicht genug Sport in der Pandemie“ und „Deutsche Kinder sind zu dick!“

Manche mögen diese Erkenntnis für so neu nicht, aber alle für voll zutreffend halten. Als empirischer Nachweis wird eine neue Eltern-Befragung der Deutschen Adipositas-Gesellschaft angeführt: „Die Dickenwelle gilt als Folge der harten Corona-Regeln (Schulschließungen Kontaktbeschränkungen, Verbote von Vereinssport).“ So weit, so schlecht - und am Ende erhält der Artikel einen Hilferuf aus prominentem Munde: „Sportunterricht und Sportvereine stärker fördern“ sagt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, der uns in seinem neuen Buch („Bevor es zu spät ist“) übrigens verrät, dass er beim Sport im Verein (hier: Fußball und Tischtennis) deutlich ehrgeiziger war als in der Schule.

Zum Kontext des Artikels in der Bild-Zeitung gehört auch: Karl Lauterbach sagt das mit der Förderung von Sportunterricht und Sportvereinen nicht einfach nur so daher, sondern er schlägt das der Bundesregierung vor, der er selbst angehört, wo er aber nachweislich nicht (primär) für den Sport ministeriell zuständig ist - weder für den in der Schule noch für den in Vereinen und über Verbände organisierten. Aber egal: Diese gleichsam notwendige wie notorische Lauterbach-Forderung können wir als einen weiteren punktgenauen „Schmetterschlag“ (analog zur Tischtennisvorliebe des von K. L.) werten für den schon vielstimmig geforderten Bewegungsgipfel - mehr noch:

Mit dem Bewegungsgipfel könnte ein starkes Stück „Sportentwicklung von oben nach unten“ eingeleitet werden. Von diesem starken Stück Sportentwicklung könnten die beiden größten Sportanbieter in Deutschland gleichermaßen profitieren: die staatlichen auf Länderebene, die administrativ für den (ausfallenden) Schulsport zuständig sind, und die nicht-staatlichen Vereine und Verbände „vor Ort“ flächendeckend im ganzen Land, die für ihre (Noch-Nicht-)Mitglieder ständig attraktive Sportangebote unterbreiten wollen.

Der Bewegungsgipfel könnte ein starkes Stück „Sportentwicklung von oben nach unten“ auch in der Hinsicht sein, dass hier die öffentliche Sportverwaltung mit der Sportselbstverwaltung ganz oben auf Bundesebene gemeinsame Interessen verfolgen und an einem Strang ziehen nach dem Prinzip von Subsidiarität. Alles muss nur mit dem Ziel auf den Weg gebracht werden, dass diese Elemente der Sportentwicklung, die ganz oben konzipiert werden, möglichst schnell als solche auch ganz unten an der Basis ankommen … im Sportunterricht und im Vereinssport. Dann sind wir wieder bei den (zu dicken) Kindern. Die Bild-Zeitung darf gern weiter auf Seite eins über „Sportentwicklung von oben nach unten“ berichten und Karl Lauterbach ist im Schulsport als Gast und im Vereinssport als Aktiver weiterhin gern gesehen!

P.S.

Dieser Kommentar wurde bereits am 13. Juni geschrieben bzw. eingereicht. Wie schön, dass wir ihn jetzt neu einordnen können … nach der Ankündigung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser beim Parlamentarischen Abend des DOSB am 23. Juni in Berlin, wonach der vielfach geforderte Bewegungsgipfel noch in diesem Jahr stattfinden wird.

(Autor: Prof. Dr. Detlef Kuhlmann)

In jeder Ausgabe der DOSB-Presse, die wöchentlich erscheint, gibt es einen Kommentar zu aktuellen Themen des Sports, den wir hier veröffentlichen. Diese mit Namen gezeichneten Beiträge geben nicht unbedingt die offizielle DOSB-Meinung wieder.


  • Nach zwei Jahren Pandemie soll wieder mehr  Bewegung in Schule und Verein kommen. Foto: LSB NRW
    Kinder werfen Bälle auf einem Kunstrasenplatz Foto: LSB NRW