Eine Chance, die die Vereine nicht verpassen sollten

Im August geht die Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann in die zweite Runde: Neue Auszubildende erlernen in Sportvereinen einen kaufmännischen

Dienstleistungsberuf. Inzwischen gibt es etwa 70 Lehrlinge für diesen neuen Ausbildungsberuf im organisierten Sport. An ein, zwei Tagen pro Woche erwerben sie eher theoretisches Wissen in der Berufsschule, das sie dann an den restlichen Tagen an ihrem zweiten Lernort, dem Verein, praktisch anwenden. Diese duale Erstausbildung geht mit auf die Initiative des Deutschen Sportbundes (DSB) zurück.

In den letzten Jahren nehmen die Anforderungen an die Vereine in der Verwaltung und Organisation zu. "Aus Gesprächen mit vielen Freiwilligen in den Vereinen und Verbänden weiß ich, dass sie in der Büroarbeit hauptberuflich unterstützt werden wollen", so die Erfahrung von DSB-Präsident Manfred von Richthofen, "in der Sportpraxis hat sich dies mit hauptamtlichen Sportlehrern ja auch längst bewährt." Nach der dreijährigen Ausbildungszeit sollen die Sport- und Fitnesskaufleute als qualifizierte Sachbearbeiter in den Sportorganisationen tätig sein und den ehrenamtlichen Vorständen mehr Zeit für die strategische Vereinsplanung lassen. Auch wenn die Sport- und Fitnesskaufleute nicht führen müssen, schließt das nicht aus, dass sie über die Jahre und nach entsprechenden Fortbildungen in die Rolle eines Geschäftsführers oder einer Geschäftsführerin hineinwachsen können.

Mit dieser Erstausbildung besetzt der selbstverwaltete Sport eine Ausbildungsnische. "Studenten mit sportökonomischem oder Verwaltungs-Studium sind meistens überqualifiziert und zu teuer für Vereine", sagt von Richthofen. Nur Großvereine könnten sich so einen Geschäftsführer oder Sportstudioleiter leisten. Auch die Sportfachwirte sind eine Stufe höher anzusiedeln. Dagegen ist der Sport- und Fitnesskaufmann von der Berufsschule und dem Ausbildungsbetrieb ausgebildet – ein praxisnahes, präzises Fachwissen ist garantiert.

Ebenso sieht es Dieter Schäfer, Geschäftsführer des Sportkreises Märkisch-Oderland. Seit einem Jahr bildet er im Sportkreis eine 20-jährige Frau aus. "Unser Ziel ist es, einen Arbeitsplatz für sie zu schaffen", sagt Schäfer. Mittelfristige Personalplanung ist auch das Ziel beim ASC Göttingen. "Zwei unserer Mitarbeiterinnen sind jenseits der 55", sagt Geschäftsführer Jörg Schnitzerling, deshalb hat der ASC gleich zwei Auszubildende eingestellt. Und Roland Medinger, Geschäftsführer des VfL Sindelfingen, ergänzt: "Nach drei Jahren habe ich eine gute und eingearbeitete Mitarbeiterin."

Völlig problemlos verlief die Zusammenarbeit zwischen dem VfL Sindelfingen und der IHK Böblingen. "Die Industrie- und Handelskammer war eine halbe Stunde bei uns, um die Ausbildungsbefähigung zu prüfen", berichtet Medinger. Über ein pädagogisches Hochschulstudium und zehn Jahre Berufserfahrung verfügen gleich drei Angestellte des VfL, damit war die Prüfung lediglich ein formaler Vorgang. "Nur wenige Vereine haben bisher Erfahrungen mit der Ausbildung von Mitarbeitern", erklärt sich Friedhelm Kreiß, Vorsitzender des DSB-Ausschusses für Ausbildung und Personalentwicklung die Zurückhaltung des selbstverwalteten Sports. Der Großteil der gegenwärtig 500 Auszubildenden ist schließlich bei kommerziellen Sportanbietern angestellt. "Viele Vereine denken, dass sie dies nicht leisten können", so Kreiß. Schließlich hätte die Vereinsführung genug zu tun und deshalb nicht noch Zeit für einen Auszubildenden, so der Tenor in den Vereinen. "Die Ausbilder in den Vereinen sollten für Schwierigkeiten und Fragen ihrer Azubis immer ansprechbar sein", findet Klaus Schirra, Berater in der Führungs-Akademie des Deutschen Sports, "aber sie müssen ihnen nicht dauernd über die Schulter sehen oder ihre Arbeit anleiten und kommentieren."

Einen Lehrling auszubilden ist zwar eine verantwortungsvolle Aufgabe, aber die Vereine werden in der Organisation und der Ausbildung unterstützt. Der DSB, seine Führungs-Akademie des Deutschen Sportbundes und die örtlichen Industrie- und Handelskammern (IHK) informieren die Sportorganisationen über die Zusammenarbeit mit den Berufsschulen und der jeweiligen IHK. Besonders am Anfang der Ausbildung müssten die Vereine und Verbände Zeit investieren, stellt DSB-Präsident von Richthofen unmissverständlich fest, aber mittelfristig sei die Unterstützung durch die Lehrlinge nicht zu unterschätzen, ganz zu schweigen von der Qualität eines fertig ausgebildeten Sport- und Fitnesskaufmannes – ausgebildet durch den Verein für die Bedürfnisse und Möglichkeiten des Vereins. "Größere Vereine, die nicht ausbilden, verpassen eine Chance", ist sich von Richthofen sicher.