Einfluss Deutschlands auf die internationale Olympische Bewegung oft unterschätzt?

Mit drei Mitgliedern Rang drei im Mitgliederranking - Nach USA die meisten Sitze in IOC-Gremien

Mit drei Mitgliedern Rang drei im Mitgliederranking - Nach USA die meisten Sitze in IOC-Gremien

Der aktuelle Einfluss Deutschlands auf die Olympische Bewegung wird möglicherweise oft unterschätzt. Diese Auffassung vertritt Katharina Wildermuth, Olympiateilnehmerin in der Rhythmischen Sportgymnastik von 1996. Sie hat sich während eines vierwöchigen Studienpraktikums in der Pressestelle des NOK u.a. mit der Frage der Verteilung von Gremiensitzen im Internationalen Olympischen Komitee (IOC) beschäftigt. IOC-Präsident Rogge hatte die Zusammensetzung der IOC-Arbeitsgremien für das Jahr 2004 Ende Februar bekannt gegeben.

 

"Von 202 weltweit anerkannten Nationalen Olympischen Komitees (NOK) sind 79 durch Repräsentanten ihrer Länder in den IOC-Kommissionen vertreten. Dies ergibt einen prozentualen Anteil von 39,11%", hat die 24jährige Studentin der Medienwissenschaften und Politik herausgefunden. Die Vertreterinnen und Vertreter europäischer Länder sind dabei mit den weitaus meisten Sitzen in den IOC-Gremien vertreten. Deutschland nimmt auf Platz zwei weltweit nach den USA eine Spitzenposition ein.

 

Berücksichtigt werden muss dabei jedoch, dass die Liste der Mitglieder der IOC-Gremien nicht identisch ist mit der Liste der einflussreichen IOC-Voll-Mitglieder, die innerhalb der Sessionen alljährlich grundlegende Entscheidungen wie z.B. über die Vergabe der Olympischen Spiele fällen. Doch betrachtet man diese IOC-Voll-Mitgliedschaften, so ergibt sich überraschenderweise zunächst ein fast vollkommen identisches Bild. Hier sind Delegierte aus 78 Herkunftsländern vertreten und auch bei diesen Mitgliedschaften hat Europa eindeutig die Nase vorn.

 

"Die Untersuchung der Länder- bzw. Kontinentalverteilungen in den einzelnen Kommissionen und Arbeitsgruppen des IOC wurde anhand von 25 (der 26) Kommissionen vorgenommen. Einzel-Delegierte für spezielle Sachgebiete wurden als weitere Kommission zusammengefasst und in die Berechnung einbezogen. Lediglich die Kommission für Philatelie, Memorabilien wurde nicht berücksichtigt werden, da hier die Herkunftsländer der Mitglieder nicht eindeutig ermittelt werden konnten", erläutert Katharina-Wildermuth, die sich nach ihrer Spitzensportkarriere nun voll auf Studium und Berufseintritt konzentriert.

 

Die Zahl der verfügbaren Gesamtsitze in den Kommissionen des IOC betrug nach ihren Berechnungen 335. Davon erhielten Afrika 34 (10,15%), Amerika 70 (20,9%), Asien 48 (14,33%), Ozeanien (11 (3,28%) und Europa 172 (51,34%) Sitze. Bei den IOC-Mitgliedern verteilen sich die Mitgliedschaften auf Afrika 17(13,6%), Asien 24(19,2%), Amerika 21 (16,8%), Europa 57 (45,6%) und Ozeanien 6 (4,8%). Asien und Amerika haben im Vergleich zu den Arbeitsgremien also die Plätze getauscht.

 

"Augenscheinlich ist das IOC bemüht, Vertreter aller Kontinente in seine Arbeits-Gremien zu integrieren. Auffällig bleibt dabei jedoch die Dominanz der Delegierten aus Europa, der Wiege der olympischen Bewegung, und Amerika. Dies zeigt auch die Betrachtung der Sitzverteilung in den Einzelgremien", hat die neunfache deutsche Meisterin herausgefunden.

 

Bei der Verteilung der 27 Sitze der Kommission Kultur und Olympische Erziehung liegt Europa mit insgesamt 13 weit vor Amerika (5), Afrika (4), Asien (49) und Ozeanien (1). Das gleiche gilt auch für die Kommission Frauen und Sport. Hier liegt Europa mit sieben Sitzen vor Amerika (5), Afrika (4) und Asien. Arabische Länder und Ozeanien sind hier überhaupt nicht vertreten.

 

Herausragende Bedeutung im Hinblick auf die Organisationsentwicklung des IOC und die Steuerung der Olympischen Bewegung haben gewiss auch Gremien wie die Finanzkommission, die Juristische Kommission, die Marketing-Kommission, die Radio-TV-Kommission, für die die zuvor getroffenen Aussagen ebenfalls Gültigkeit besitzen. Als exemplarisch für die besondere Bedeutung Europas im IOC kann aber die Sitzverteilung in der IOC-Exekutive herangezogen werden, meint Katharina Wildermuth. "Von insgesamt verfügbaren 16 Sitzen (incl. hauptamtlicher Geschäftsführung) hält Europa nicht weniger als 11, Amerika und Asien je zwei und Afrika einen", hat die gebürtige Hallenserin herausgefunden.

 

Insgesamt 12 Offizielle aus Deutschland sind in den IOC-Gremien vertreten. Mit insgesamt 19 Sitzen ist Deutschland nach den USA (24) damit am zweithäufigsten vertreten. Aus deutscher Sicht in den meisten Kommissionen im IOC ist IOC-Vizepräsident Dr. Thomas Bach. Er leitet zwei dieser Gremien und ist Mitglied in sechs weiteren. Prof. Walther Tröger und Dr. Roland Baar vertreten Deutschland in jeweils zwei Gremien. Zahlenmäßig am stärksten vertreten ist Deutschland mit den Proff. Lennartz und Müller sowie dem internationalen und nationalen Präsidenten des Verbandes für Modernen Fünfkampf, Klaus Schormann, in der Kommission für Kultur und Olympische Erziehung.

 

Im Hinblick auf die IOC-Mitgliedschaften rangiert Deutschland mit seinen Mitgliedern Prof. Walther Tröger, Dr. Thomas Bach und Dr. Roland Baar derzeit auf Rang drei auf einer Ebene mit Ländern wie Frankreich, Kanada, Mexiko, Russland, Schweden, Spanien, den USA und vor vielen weiteren großen Nationen. Die meisten IOC-Mitglieder können allerdings die Schweiz und Italien mit fünf Repräsentanten vorweisen. Ihnen folgen mit vier Mitgliedern die Niederlande, Australien, Großbritannien und Korea.

 

"Weltweit hat die Untersuchung der IOC-Gremien die Dominanz Europas und Nordamerikas bestätigt. Staaten wie USA, Australien, Frankreich, Kanada, Italien, Schweden, Schweiz und Deutschland haben auch in den Kommissionen und Arbeitsgruppen des IOC die meisten Sitze. Auffällig ist aber auch, dass Afrika, Asien und Ozeanien im wesentlichen von Ländern wie Ägypten, Senegal, China, Korea oder Japan vertreten werden, die einen höheren Bildungs- und Wohlstand aufweisen" resümiert Katharina Wildermuth. "Im Sinne der Olympischen Charta wäre es wünschenswert, künftig noch mehr Ländern Einflussmöglichkeiten auf die Arbeit des IOC zu gewähren. Eine derartige Aufwertung könnte dem Sport in diesen Ländern gewiss nur nutzen", meint Katharina Wildermuth, die sich als Wahl-Nürnbergerin nach ihrem bald anstehenden Examen auch beruflich im Sport engagieren möchte.

 

Rückfragen an die Autorin der kleinen Projekt-Studie sind noch bis zum 26.03. im NOK für Deutschland, Pressestelle, Tel.: 069/6700229, möglich.

 

Die Liste der IOC-Gremien und Arbeitsgruppen im PDF-Format im Internet: http://multimedia.olympic.org/pdf/en_report_789.pdf