„Ich war sehr wütend, ich habe viel gehasst“

Rapper Sylabil Spill spricht in der neuen Folge der Podcast-Serie „Halbe Katoffl Sport“ über seine fast tödliche Krankheit, Sport als Anker und wie er seine Aggression verarbeitet.

Rapper Sylabil Spill. Foto: Noela Kashila/Noelle Eisenbarth
Rapper Sylabil Spill. Foto: Noela Kashila/Noelle Eisenbarth

Sylabil Spill heißt in Wirklichkeit Musitu Kumuini. Er wurde 1983 in Kinshasa, der Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo, geboren. Dort ist er auch die ersten Jahre seines Lebens aufgewachsen, bis er im Alter von sieben Jahren seiner Mutter und seiner Schwester nach Deutschland folgt.

„Ich war ein Jahr alleine bei meiner Großmutter. Ich war super traurig, super verzweifelt. Ich bin aufgrund der Trauer krank geworden.“ An einer Infektionskrankheit wäre er fast gestorben. In seiner ersten Zeit empfand er die Menschen und Deutschland als „unheimlich kalt“, erinnert er sich. „Ich habe die ganze Zeit lachende Gesichter gesucht  – aber keins gefunden.“

Das Einleben im neuen Land gestaltet sich schwierig. „Schule war eine Katastrophe.“ Schüler*innen setzen sich von ihm weg, beschimpfen ihn als „Affe“ und mit dem N-Wort, selbst Lehrer*innen machen rassistische Sprüche – erst der Sport verschafft ihm nachhaltige Erfolgserlebnisse.

Musitu ist groß und athletisch. Er spielt sehr erfolgreich Fußball, macht Leichtathletik – Mehrkampf und Sprint – und später Basketball. „Ich habe natürlich erkannt: Wenn du Leistung bringst, kann es sein, dass du akzeptiert wirst. Kann sein, muss aber nicht. Durch Sport bin ich in Kreise gekommen, in die ich normalerweise nicht reingekommen wäre. Aber selbst im Sport gab‘s Rassismus.“

Vor allem als Jugendlicher findet Musitu kaum andere Lösungswege als die körperliche Auseinandersetzung. Die ständige Ausgrenzung, die offene Diskriminierung nagen an ihm. „Ich war sehr wütend, ich habe viel gehasst. Irgendwann wollte ich Konflikte nur noch mit Gewalt lösen. Du schlägst dich, aber innen drin weißt du immer, dass das falsch ist.“

Schließlich kommt der Hip Hop in sein Leben, beim Rappen paart er lyrisch-gewitzte Texte mit aggressiv-brachialer Schonungslosigkeit in der Ausdrucksweise. „Ich schreibe, was ich machen würde, damit ich es nicht mache.“ Er hat mehr und mehr Erfolg mit der Musik, aber er merkt auch, dass er „vielen zu viel ist“. „Ich passe in keine Schublade. Ich gelte als sophisticated – aber dangerous.“ Eine Mischung, die viele verwirrt.

Derzeit arbeitet er an einem neuen Album, einer „gerappten Nacherzählung“, in dem er vor allem die Erlebnisse und Erfahrungen der letzten Zeit verarbeiten will. Rechte Hacker hatten dieses Jahr seinen Instagram-Account gehackt und derbe rassistische Dinge unter seinem Namen online gestellt, es wurde zudem viel Geld von seinem Konto gestohlen und er bekommt regelmäßig Hate-Nachrichten. „Jeder soll mitbekommen, was passieren kann. Jeder soll sich die Frage stellen, was tue ich dagegen?“

Was ihn aufbaut, ist die sinnstiftende Arbeit mit den Tracksrunnern, eine Nachwuchs-Leichtathletikgruppe, die er trainiert. „Die Kids helfen mir. Die wissen das gar nicht, aber sie helfen mir.“

(Text: Frank Joung)

Zur neuen Podcast-Folge >>>

Halbe Katoffln im Sport

Im vergangenen Jahr begann die Kooperation des Podcasts „Halbe Katoffl“ mit „Integration durch Sport“, es entstand die Serie „Halbe Katoffl Sport“. Der Anlass: das 30-jährige Jubiläum des vom BMI und BAMF geförderten Bundesprogramms. Es waren acht interessante, bewegende, immer auch humorvolle Gespräche mit Menschen mit nichtdeutschen Wurzeln über Themen wie Integration und Identität und die Frage, welche Rolle der Sport dabei spielte. Wegen der sehr positiven Resonanz auf den Podcast, wird die Kooperation in diesem Jahr fortgeführt. „Halbe Katoffl Sport“ erscheint immer Mitte des Monats. Die neuen Folgen kann man hier hören.


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  • Rapper Sylabil Spill. Foto: Noela Kashila/Noelle Eisenbarth
    Rapper Sylabil Spill. Foto: Noela Kashila/Noelle Eisenbarth