Entschädigung für Doping-Opfer aus der ehemaligen DDR wird konkret

 

Beim Bundesverwaltungsamt laufen in diesen Tagen die letzten Vorbereitungen für die Bearbeitung von Anträgen von Doping-Opfern der ehemaligen DDR.

Schon bald sollen bei den beiden Dienststellen der Behörde in Köln und Berlin die ersten Bewilligungsgesuche für eine Entschädigung entgegen genommen werden können. Friedhelm Julius Beucher (SPD), als Vorsitzender des Sportausschusses im Deutschen Bundestag maßgeblicher Initiator dieses kürzlich verabschiedeten Gesetzes, glaubt an einen baldigen Beginn der Bearbeitung der Anträge. "Die vorbereitenden Arbeiten laufen auf Hochtouren, so dass ich davon ausgehe, dass mit Beginn des Monats September die Arbeit aufgenommen wird", meinte Beucher.

Sportler aus der ehemaligen DDR, die immer noch unter den Nebenwirkungen hauptsächlich von anabolen Steroiden leiden, haben nun sieben Monate lang bis zum 31. März 2003 Zeit, ihren Antrag zu formulieren und bei den entsprechenden Stellen einzureichen. Zwar läuft das Gesetz, das im Juni vom Bundestag in dritter Lesung verabschiedet und im Juli dann vom Bundesrat gebilligt wurde, bis 2007. Aber über die Aufteilung der Entschädigungs-Summe von zwei Millionen Euro soll möglichst zügig nach Ablauf der Frist entschieden werden. Durch die Vermeidung einer Festsumme für den Einzelnen wird es auf jeden Fall länger dauern, bis es zur Auszahlung kommt, denn erst aus der Zahl der Anträge ergibt sich die Summe für jeden Betroffenen.

Gerade über diese Höhe der Entschädigung hatten sich bis zuletzt die Geister gestritten. Die Politik war sich zwar grundsätzlich über die Zahlung einer Summe einig, aber Finanzminister Hans Eichel (SPD) bewilligte angesichts seiner Sparzwänge nur zwei Millionen Euro für das so genannte Doping-Opfer-Hilfegesetz. Wie viel dabei jeweils der Einzelne erhalten wird, hängt nun eben von der Zahl der Anträge ab. Schätzungen gehen von 500 bis 1.000 Athleten aus, die Anspruch auf eine Entschädigung haben. Im Bundesrat wurde aber sogar von 10.000 Sportlern gesprochen, die zwischen 1970 und 1989 Doping-Mittel erhalten haben sollen.

Bei 500 bis 1.000 Anträgen ergibt sich eine Summe zwischen 2.000 und 4.000 Euro pro Betroffener. Die Opposition aus CDU/CSU und FDP hielt diesen Betrag angesichts der Schwere der Folgen für zu gering und hatte in einem eigenen Entwurf eine Mindestsumme von 5.000 Euro gefordert. Dieser Antrag erhielt aber keine Mehrheit.

Für die Bewilligung müssen einige Bedingungen erfüllt werden. Die Aktiven müssen in ihrem Antrag nachweisen, dass sie "ohne ihr Wissen oder gegen ihren Willen Substanzen verabreicht bekamen", heißt es im Gesetzes-Text. Diese Hürde müssen die Doping-Opfer nehmen. Hilfe können sie aber seit Neuestem von einer Beratungsstelle in Berlin erhalten, die vom Deutschen Sportbund (DSB) im Rahmen einer Anschub-Finanzierung mit 20.000 Euro gefördert wird. Dort steht mit Birgit Boese selbst eine Betroffene den Antragsstellern nicht nur bei der Bearbeitung der Formulare mit Rat und Tat zur Seite, sondern auch bei der Begründung des unwissentlichen Dopings.

Auch bei einigen der Sportler war die Begrenzung der Entschädigungssumme auf zum Teil heftige Kritik gestoßen, vor allem, weil sie mit der Auszahlung der Summe auf jedwede weiteren Ansprüche verzichten müssen. Als Gegenargument meinte die ehemalige Diskuswerferin Brigitte Michel, die selbst stark unter den Langzeitfolgen von Anabolika zu leiden hat, dass derzeit noch gar nicht absehbar sei, wie stark der Körper noch später auf die verabreichten Medikamente reagiere. Sie führt bei sich selbst einen Nierenschaden, Beschwerden an der Wirbelsäule und an den Hüften - bis hin zu einem neuen Hüftgelenk - auf das Doping zurück. Sie empfände einen solchen Betrag als Almosen, schrieb sie in einer Zeitungs-Kolumne. Sie hält eine monatliche Rente für angemessen.

Einzig die Politik zahlte bisher – vom DSB-Engagement abgesehen - einen Beitrag in den Fonds für die Doping-Opfer ein. Eine Million Euro soll auch der Pharma-Betrieb "Jenapharm" beisteuern. Die Firma ist aus dem ehemaligen "Volkseigenen Betrieb VEB Jenapharm" hervorgegangen, gehört jetzt allerdings zum Pharma-Konzern Schering. Zahlreiche Dokumente des früheren DDR-Ministeriums für Staatssicherheit sollen die Beteiligung an den Doping-Vorhaben im ehemaligen DDR-Sport deutlich belegen. Entsprechende Gespräche sollen eine Klärung über eine finanzielle Beteiligung an dem Fonds ergeben.