Enttäuschende Eckpunkte des künftigen Präventionsgesetzes

Der organisierte Sport spielt trotz bester Voraussetzungen für Gesundheits­för­derung durch Settingansätze nur eine untergeordnete Rolle in den Eckpunkten des künftigen Präventionsgesetzes, auf die sich die Bund-Länder-Arbeitsgruppe einigte. Auf dieser Grundlage wird nun ein Präventionsgesetz erarbeitet, das noch in diesem Jahr in den Deutschen Bundestag eingebracht werden soll. Prof. Dr. med. Dr. phil. Winfried Banzer, Gesundheitsbeauftragter des DSB, äußert sich im Interview zu den bisherigen Ergebnissen und der Einbindung des Sports in die künftige Gesetzgebung.

 

   Das Präventionsgesetz wurde nun von Bund und Ländern in seinen Eckpunkten abgestimmt. Wie zufrieden sind Sie mit den bisherigen Ergebnissen?

 

Prof. Winfried Banzer: Die bisherigen Arbeitsergebnisse enttäuschen uns sehr. Sowohl das Eckpunktepapier „Nationale Aufgabe Prävention“ des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung vom 04. Mai 2004 als auch die Eckpunkte der Bund-Länder-Arbeitsgruppe für ein Präventionsgesetz sind für den Sport äußerst unbefriedigend. Auch wenn politische Aktivitäten häufig sehr kurze Haltbarkeitsdaten ausweisen, habe ich noch die gemeinsame Entschließung aller im Bundestag vertretenen Parteien im vergangenen Jahr in Erinnerung. Ausdrücklich wurde dort der Einsatz des DSB im Bereich von Prävention und Reha gewürdigt. In seinem Abschlussstatement betonte der Vorsitzende des Ausschusses die Notwendigkeit, „die Zusammenhänge Sport, Bewegung, Gesundheit, Wohlergehen und Kostenersparnis ins Parlament bringen zu müssen“. Davon ist nun nicht mehr viel übrig geblieben. Es erfolgt weder ein Hinweis auf die Sportvereine als ideale Stützpunkte für Settingansätze, noch auf eine konsequente Verbindung des Vereinssports mit dem Gesundheitssystem.

 

   Mindestens 250 Millionen Euro sollen künftig von den Sozialversicherungsträgern für präventive Maßnahmen und Gesundheitsförderung bereitgestellt werden, der Bund ist mit Steuereinnahmen jedoch nicht beteiligt. Was halten Sie von dieser Konstellation?

 

Prof. Winfried Banzer: Ich halte es für richtig, dass künftig auch die gesetzliche Rentenversicherung, die gesetzliche Unfallversicherung und die soziale Pflegeversicherung in die gemeinschaftliche Aufgabe Prävention eingebunden werden, denn auch hier werden sich durch entsprechende Präventionsbemühungen mittelfristige Einsparungen niederschlagen. Bei der Summe von 250 Millionen Euro handelt es sich allerdings auch nur in geringem Maße um zusätzliche Mittel. Nach bestehender Rechtslage (§ 20 SGB V) müssten schon heute allein die gesetzlichen Krankenkassen ca.190 Millionen Euro im Jahr für Prävention zur Verfügung stellen. Im Jahr 2003 lagen die Ausgaben der Krankenkassen für Primärprävention und betriebliche Gesundheitsförderung jedoch nur bei 150 Millionen Euro. Das zeigt, dass es wichtig ist, die Kostenbeteiligung nach § 20 SGB V in eine verbindliche Vorschrift umzuwandeln. Insgesamt sollten sich meiner Meinung nach aber auch der Bund und die Länder finanziell beteiligen. Jede Ebene sollte einen finanziellen Beitrag leisten, um der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung für Prävention gerecht zu werden. Dies ist bisher nicht der Fall.

 

   Wie sollte der Sport in dem künftigen Gesetz verankert werden?

 

Prof. Winfried Banzer: Angebote zur Bewegung gehören neben gesunder Ernährung und Stressabbau zu den Zentralelementen einer gesunden Lebensführung. Nicht verständlich ist, warum mit keiner Silbe erwähnt wird, wie die zugehörigen Lebenswelten geschaffen werden sollen. Alle bisher genannten Settings, wie Kindergarten, Schule, Senioreneinrichtungen und Betriebe schließen die gesamte Erwachsenenwelt außerhalb von Senioreneinrichtungen und Betrieben aus, wobei Betriebe für bewegungsbezogene Gesundheitsfördermaßnahmen eher ungeeignet sind. Die Sportvereine dagegen bieten ideale Voraussetzungen, um sie im Sinne des Settingansatzes zu gesunden Lebenswelten auszubauen. Dabei wären sowohl die Zielgruppen Jugend und Senioren als auch die gesamte Erwachsenenbevölkerung berücksichtigt. Von den derzeit ca. 88.000 Sportvereinen sind mittelfristig 10 bis 20.000 Vereine zu gewinnen, die als Settingpartner mitwirken könnten.

 

   Wie sollte das Mitbestimmung des Sports im Rahmen des Präventionsgesetzes aussehen?

 

Prof. Winfried Banzer: Auf allen von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe geforderten Handlungsebenen ist der Sport bereits etabliert. Konsequent und effektiv wäre es daher, den organisierten Sport in verantwortlicher Position in die geplante Stiftung einzubeziehen.