Erfolgsfaktoren des Projekts GeniAl

Erfahrung sammeln und herausbekommen, was wirklich funktioniert: Beiratsmitglied Sieglinde Ludwig über die Erfolgsfaktoren des Projekts GeniAl.

BVPG-Vorstandsmitglied Sieglinde Ludwig (Foto: BVPG)
BVPG-Vorstandsmitglied Sieglinde Ludwig (Foto: BVPG)

Es ist eines ihrer Herzensthemen. Sieglinde Ludwig, Mitglied im Beirat des DOSB-Projektes GeniAl (Gemeinsam bewegen – Gesund leben im Alter), setzt die regelmäßige körperliche Bewegung ganz weit oben an, wenn es um Prävention und Gesundheitsförderung geht. Und Sieglinde Ludwig muss es als Präventionsexpertin par excellence wissen, denn sie ist im Ehrenamt Vorstandsmitglied der Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V. (BVPG) und im Hauptamt Leiterin der Abteilung Gesundheit und des Fachbereichs „Gesundheit im Betrieb“ der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V. (DGUV). „Bewegung ist unentbehrlich für ein gesundes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen“, sagt sie, „und extrem wichtig für die Erhaltung physischer und psychischer Gesundheit sowie für die soziale Integration. Und zwar für alle Menschen, in jedem Alter. Wer sich regelmäßig bewegt, beugt Erkrankungen vor und erhöht seine Lebensqualität.“

Weil ihr das Thema Bewegung so wichtig ist, sieht sie viel Potenzial im Projekt GeniAl. „Wenn wir mit den verschiedenen Teilprojekten ältere Menschen mit Einwanderungsgeschichte für Sport, für Bewegung und für gesundheitsbewusstes Leben begeistern können, dann ist extrem viel gewonnen“, sagt sie. GeniAl hat genau diese Zielgruppe im Blick, die im Sport deutlich unterrepräsentiert ist. Das hat damit zu tun, dass für viele der Zugang zu Angeboten der Bewegungsförderung u. a. aufgrund sprachlicher Barrieren erschwert ist, sie schlicht einfach nicht wissen, wo es welche gibt, oder die Hemmschwelle zu groß ist, sich aktiv zu beteiligen. „Und jetzt können wir in den fünf Teilprojekten herausfinden, was erfolgversprechend in der Ansprache dieser Menschen ist“, so Ludwig.

Angebote für Bewegungsförderung seien genügend vorhanden und grundsätzlich auch offen für alle, sagt die Expertin. Was aber häufig fehle, sei der Gesamtüberblick und die Vernetzung: „Denn nicht jeder muss das Rad neu erfinden. Nicht jeder muss Ressourcen in etwas stecken, was es schon gibt, oder was schon einmal durchgeführt wurde. Wichtig ist, sich umzuschauen, erfolgreiche Konzepte zu identifizieren und auf die eigenen Ziele hin anzupassen.“

Sieglinde Ludwig verweist auf ihr berufliches Umfeld, in dem das Vernetzen das A und O ist. Durch das Präventionsgesetz wurde die gesetzliche Unfallversicherung verstärkt verpflichtet, mit den anderen Sozialleistungsträgern zusammenzuarbeiten. „Dabei habe ich sehr viel gelernt“, sagt Sieglinde Ludwig. Zum Beispiel, dass man erst einmal wissen muss, wer in welchem Fall überhaupt Angebote hat oder Unterstützung leisten kann. Sie hat deshalb die „Landkarte der Unterstützenden“ auf den Weg gebracht, eine Broschüre, in der die verschiedenen Sozialleistungsträger mit ihren Aufgaben und Leistungen aufgelistet sind. Bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen (Gefährdungsbeurteilung) ist die gesetzliche Unfallversicherung die Beratungsinstitution schlechthin, bei der Gesundheitsförderung sollte an Krankenkassen verwiesen werden, weil die dank ihres gesetzlichen Auftrags Bewegungsangebote im Betrieb fördern können; bei ganz speziellen individuellen Problemen kann die Rentenversicherung die Beschäftigungsfähigkeit mit gezielten Leistungen wiederherstellen und die Bundesagentur für Arbeit steht mit Qualifizierungsangeboten zur Verfügung, wenn jemand nicht mehr an seinem bisherigen Arbeitsplatz einsetzbar ist. „Es gibt so viele Unterstützungsmöglichkeiten, aber gerade kleine Betriebe kennen diese häufig nicht“, sagt sie. „Deshalb haben wir das alles in unser Ausbildungsprogramm aufgenommen und befähigen unsere Aufsichtspersonen, die Betriebe und Bildungseinrichtungen an die richtigen Stellen zu lotsen, damit das vorhandene Potenzial, genutzt werden kann.“

Von dieser Erfahrung profitiert natürlich auch ihre Arbeit im Ehrenamt. „Gerade vor dem Hintergrund Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit ist Vernetzung ein ganz wichtiger Erfolgsfaktor“, sagt Sieglinde Ludwig. Auch für GeniAl ist die Vernetzung ein entscheidender Punkt. Als Beispiel sei hier das Projekt mit dem Verein Kinder im Zentrum Gallus e.V. genannt, bei dem in einem Mehrgenerationenhaus Bewegungs- aber auch Begegnungsangebote gemacht werden, was Sieglinde Ludwig herausstellt: „Da wird nicht nur gemeinsam gekocht, gegessen, sondern auch über gesunde Ernährung gesprochen.“ Das gilt übrigens für alle fünf Projekte. „Erfolgsversprechend an GeniAl ist, dass es fünf völlig unterschiedliche Teilprojekte sind, in denen wir Erfahrungen sammeln und evaluieren können, was wirklich funktioniert“, sagt sie. Denn aus eigener langjähriger Erfahrung weiß sie, dass es durchaus Projekte gibt, die genau in dem Moment enden, wenn die Förderung wegfällt. Ziel ist aber immer, dass sie danach weitergeführt werden und somit nachhaltig sind. „Für mich ist der wichtigste Punkt, dass die Projekte in den Settings verankert werden müssen, damit sie nachhaltig sind“, sagt sie. Sehr gute Chancen auf Verstetigung sieht sie beim Projekt im Gallus, das „hervorragende Rahmenbedingungen“ habe. Oder auch beim Projekt in Solingen, wo Übungsleitende mit Migrationsgeschichte ausgebildet werden, was bereits an anderer Stelle gut funktioniert hat, nämlich beim Landessportverband für das Saarland e.V., der damit schon länger arbeitet und dies im aktuellen Projekt verstetigt.

Sieglinde Ludwig ist jedenfalls sehr gespannt auf die wissenschaftliche Evaluation am Ende des Projekts. Wie gut zum Beispiel die neuen Wege in der Zielgruppenansprache der spanischen Weiterbildungsakademie funktionieren, wie deren digitale Bewegungsangebote genutzt werden, ob die Wissensvermittlung und Teilhabe durch Erleben bei moveGLOBAL e.V. nachhaltig sind. „Es ist ja der Sinn des Gesamtprojektes, herauszufinden, was die Erfolgsfaktoren sind, worauf man setzen kann und welche Wege in Zukunft eingeschlagen werden sollten. Dabei ist es wichtig, eine gute Fehlerkultur zu verankern“, sagt sie. „Wenn wir zum Beispiel feststellen, dass ein Projekt jetzt nicht verstetigt werden kann, müssen wir nochmal ganz genau hinschauen, woran das lag und was wir für die Zukunft daraus lernen können.“

Eine Wertung des Gesamtprojektes steht für sie schon fest: „GeniAl ist besonders, u. a. weil es auf Integration und Partizipation setzt.“ Und es bringt ihr Herzensthema Bewegung auf jeden Fall wieder mal einen kleinen Schritt nach vorn.

Das DOSB-Projekt GeniAl wird vom Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI), dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gefördert. Es ist ein Kernvorhaben des Nationalen Aktionsplans Integration (NAP-I), das bis Ende 2023 umgesetzt werden soll.

Text: Ulrike Spitz

 


  • BVPG-Vorstandsmitglied Sieglinde Ludwig (Foto: BVPG)