EYOF 2013: Die Mischung macht's

Portrait über Tanja Bauer und Raphael Keller: Ein Tag mit den Technikern der deutschen Mannschaft beim EYOF in Brasov.

Stille liegt über der Biathlonstrecke. Die ersten Sonnenstrahlen kommen über die Gipfel der naheliegenden Berge. Doch für die atemberaubende Natur an diesem klaren Morgen haben Tanja Bauer und Raphael Keller kaum Augen. Die beiden Techniker der deutschen Mannschaft des European Youth Olympic Festival (EYOF) in Brasov diskutieren vielmehr über Luft- und Schneetemperaturen. Denn diese Parameter sind mitentscheidend bei der Findung der richtigen Wachsmischung für die Wettkämpfe am heutigen Tag. „Ein Ski besitzt einen speziellen Schliff. Auf diesem tragen wir das Wachs auf. Hinzu kommt eine Struktur. Diese drei Teile werden auf die äußeren Bedingungen abgestimmt. Im besten Fall arbeiten die Bestandteile des Skis optimal miteinander“, erklärt Raphael Keller. Der 28-Jährige liebt die Herausforderung beim Wachsen. Schon kleine Veränderungen in der Mischung können über Sieg und Niederlage entscheiden. „Ich tüftle gerne. Es stimmt nicht immer, was auf der Packung der Wachse steht. Die Verbindungen haben oft einen größeren Wirkungsbereich. Das hat einen großen Reiz“, sagt Raphael während er anfängt mit einem Bügeleisen über einen Ski zu streichen.

Die Wachskabine der beiden Deutschen riecht nach nassem Holz und erhitzter Luft. An einer Wand stehen mehrere Paar Skier. Auf einem Tisch liegen Pulver, Wachsblöcke und besagtes Bügeleisen. Ständig bearbeiten Tanja und Raphael einen neuen Ski. Für ungeübte Augen ein interessantes Schauspiel. Unter Wachsen können sich die meisten Menschen kaum etwas vorstellen. Die Arbeit bleibt im Verborgenen. „Biathlon ist ein Sport mit vielen Faktoren. Einer davon ist der Ski. Wir wollen den Sportlern ermöglichen ihre Leistung abrufen zu können und somit erfolgreich zu sein“, sagt Tanja. Die ehemalige Biathletin steht eigentlich als Co-Trainerin an der Strecke. Beim EYOF arbeitet sie in der Wachskabine. „Es ist wichtig zwei Meinungen zu hören. Raphael kennt die Wachse sehr gut. Ich fahre blind auf die Strecke. So kann ich unvoreingenommen sagen welcher Ski wirklich besser läuft“, erklärt die 38-Jährige.

Heute bereiten Tanja und Raphael insgesamt acht Wettkampfski vor. Für die Mädchen und Jungen die beim Einzelwettbewerb im Biathlon an den Start gehen probieren sie etliche Kombinationen aus. Bis zur letzten Sekunde sammeln die beiden Techniker Informationen auf der Strecke. „Heute ist das Wechselspiel zwischen Licht und Schatten entscheidend. Die Strecke ist momentan recht unterschiedlich“, sagt Raphael Keller während er den Ski von Marion Deigentesch präpariert.

Keine Stunde später liegen sich die beiden Techniker in den Armen. Marion hat ihr Rennen, auch dank eines sehr guten Skis, gewonnen. Doch für lange Freude bleibt keine Zeit. Nur Minuten nach dem Zieleinlauf der Mädchen fangen Tanja und Raphael an die Skier der Jungen zu präparieren. Dabei beginnt die Prozedur von vorne. „Die Verhältnisse haben sich stark verändert. Die Ergebnisse von heute Morgen können wir vergessen“, sagt Tanja, die mit Testskiern auf der mittlerweile sonnenüberfluteten Strecke steht. Doch auch diese Herausforderung meistern die beiden Techniker. Dominic Reiter gewinnt souverän seinen Lauf über 12,5 Kilometern mit fast zwei Minuten Vorsprung. Nun fällt auch die Spannung von Tanja und Raphael ab. Sie haben es geschafft. Mit einem sehr guten Ski haben sie zum Doppelerfolg der deutschen Biathleten beigetragen.

„Heute hatten wir eine super Wachsmischung. Wir waren uns beim Testen schnell einig. Es hat einfach alles gepasst“ freut sich Tanja am Ende des Wettkampfes. Doch damit ist der Tag der Techniker noch lange nicht vorbei. In ihrer Kabine befreien sie die Skier vom abgenutzten Wachs. Sauber und aufgeräumt verlassen Raphael und Tanja nach neun Stunden ihren Arbeitsplatz, um doch noch einen letzten Augenblick die Natur der rumänischen Karpaten im nachmittäglichen Sonnenlicht zu genießen.

(Quelle: Moritz Belmann)