Fair Play braucht Vorbilder

Wer bereits als Kind Fair Play kennen lernt, dem wird es später leichter fallen, Regeln einzuhalten und Mitspieler wie Gegner zu respektieren, sagt Autorin Ulrike Spitz.

Zwei Fußballer geben sich die Hand. Foto: picture-alliance
Für viele Sportler und Sportlerinnen ist Fair Play eine Selbstverständlichkeit. Foto: picture-alliance

Es sind Entscheidungen, die in Sekundenschnelle getroffen werden müssen. Dazu kommt der Wettkampfstress und der Druck von außen durch erwartungsvolle Zuschauer rundum. Hebe ich die Hand und zeige an, dass das Tor nicht regulär war, obwohl ich dann das Risiko eingehe, dass mein Verein nicht gewinnt? Korrigiere ich die Entscheidung an der Tischtennisplatte zu meinen Ungunsten und nehme in Kauf, dass ich das Spiel verliere? Gebe ich meiner Kontrahentin, der ich im Getümmel aus Versehen auf den Stock getreten bin, meinen eigenen Stock und schwäche mich dadurch selbst?

Miroslav Klose, Timo Boll und Lisa Theresa Hauser haben spontan genau solche Entscheidungen bei wichtigen Wettbewerben getroffen. Klose hat den Schiedsrichter darauf hingewiesen, dass das 1:0 seines Vereins Lazio Rom beim SSC Neapel vor ein paar Jahren ein mit der Hand und damit regelwidrig erzieltes Tor war. Rom hat das Spiel dann 0:3 verloren. Timo Boll verlor ein WM-Achtelfinale, nachdem er im Entscheidungssatz bei eigenem Matchball nach einem Rückschlag des Gegners eine von den Schiedsrichtern unbemerkte Tischberührung des Balles angezeigt und seinen Gegner damit im Spiel gehalten hat. Die österreichische Biathletin Lisa Theresa Hauser hat der Deutschen Vanessa Hinz als Ersatz für den gebrochenen ihren eigenen Stock gereicht, danach den Anschluss an die Läuferinnen vor ihr verloren und später nach einem Sturz das Rennen aufgegeben.

Alle drei haben Fair-Play-Preise bekommen, erst unlängst erhielt Hauser den „Fair Play Preis des Deutschen Sports“, weil sie nur im Sinn hatte, das Versehen zum Schaden der Gegnerin sofort wieder gutzumachen und dabei den eigenen Nachteil komplett zu ignorieren. Alle drei sagten übrigens, es sei eine Selbstverständlichkeit für sie, so zu handeln.

Vermutlich wäre es nicht für alle Sportlerinnen und Sportler so selbstverständlich, diesen Weg des Fair Play zu gehen. Vor allem wenn es wirklich um etwas geht. Vielleicht wäre es einfacher, ein nicht reguläres Tor anzuzeigen, wenn man 5:0 vorne liegt. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass das faire Verhalten in der Persönlichkeit dieser Sportlerinnen und Sportler verankert ist und so eben ohne nachzudenken in Sekundenschnelle in einer Wettbewerbssituation auch abgerufen wird.

Wahrscheinlich ist auch, dass die Grundlage für diese Haltung bereits im Kindes- und Jugendalter gelegt wird. Sicher ist, dass darauf noch viel mehr Wert gelegt werden muss. Denn wer von Kindesbeinen an daran gewöhnt ist, Regeln zu akzeptieren und sie auch ohne Eingreifen eines Schiedsrichters einzuhalten, Mitspieler wie Gegner zu respektieren und Niederlagen zu akzeptieren, dem kommen solche Entscheidungen wie sie Klose, Boll oder Hauser trafen, selbstverständlich vor.

Das Gewöhnen geht allerdings eng mit dem Vorleben einher, dem so genannten „Tone from the Top“. Wer hautnah mitbekommt, dass erwachsene Sportler, Trainer, Betreuer oder Eltern fair miteinander umgehen, der wird eher selbst auch fair handeln als der, der mitbekommt, dass einer aus dem Verein mit einem geschundenen Elfmeter prahlt und auch noch dafür als Held gefeiert wird. Wenn ein Kind gelobt wird, weil es sich auch mal zu seinen Ungunsten fair verhält wird es später eher seinen Stock an einen Konkurrenten abgeben, als wenn es hinterher vom Trainer gesagt bekommt, das sei nun doch ein bisschen dumm gewesen, diese Chance nicht zu nutzen.

Die Rugby-Abteilung des USV Potsdam ist ein Beispiel, wie so eine Haltung aufgebaut werden kann. Seine Verantwortlichen leben den Kindern und Jugendlichen seit Jahren ein faires Miteinander und einen vorurteilsfreien Umgang miteinander vor. Das vom USV ausgerichtete Nachwuchsturnier um den Sanssouci-Pokal  steht unter dem Motto „Rugby spielen gegen rechte Gewalt und Langeweile“. Neben den sportlich besten Mannschaften werden dabei auch die „PlayFair-Siegerteams“ gekürt und zwar dadurch, dass sich die Teams nach den Partien gegenseitig bewerten in Kategorien wie Regelgebrauch, Aufrichtigkeit und Kommunikation. Dafür bekam der Verein den Sonderpreis beim „Fair Play Preis des Deutschen Sports“.

In diesem Jahr gingen, so der Jury-Vorsitzende Professor Manfred Lämmer, mehr Vorschläge für den „Fair Play Preis“ ein als in früheren Jahren. Das macht Mut, dass Fair Play auf allen Ebenen real gelebt wird und nicht nur in Sonntagsreden vorkommt.

(Autorin: Ulrike Spitz)

In jeder Ausgabe der DOSB-Presse, die wöchentlich erscheint, gibt es einen Kommentar zu aktuellen Themen des Sports, den wir hier veröffentlichen. Diese mit Namen gezeichneten Beiträge geben nicht unbedingt die offizielle DOSB-Meinung wieder.


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