Die „Dreamdaddys und ihre Töchter“ brachten die (Welt-) Kugel ins Rollen. Die Vorführung der Väter- und Töchtergruppe vom brandenburgischen TSV Falkensee setzten das Thema der Veranstaltung „Familien(Politik) in Bewegung“ anschaulich um: Kreativität, Mut, Zusammenarbeit, Toleranz, Vertrauen gehören dazu, um etwas in Bewegung zu bringen. 22 Monate lang haben Sportvereine und -verbände bei dem Projekt „Sport bewegt Familien - Familien bewegen den Sport“, das der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSJF) im März 2011gestartet haben, genau das umgesetzt.
Familien und Sport – auf den ersten Blick doch schon eine gelungene Beziehungskiste. Das bestätigen auch Daniel Illmer von der DOSB-Führungsakademie und Wolfgang Kleemann vom Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik Frankfurt, die das Projekt wissenschaftlich begleiteten. „Familien halten Vereine für familienfreundlich“, war ein Ergebnis ihrer Auswertung, aber der Eindruck von Familienfreundlichkeit alleine reicht nicht: Die Sportvereine müssen sich den Bedürfnissen von Familien anpassen.
Definition von Familie
Doch was ist heute eine „Familie“? Großfamilie, Ehepaar oder Alleinerziehende mit Kind(ern) ? Darauf gab die Gießener Professorin Uta Meier-Gräwe eine Antwort: “Familien sind Gemeinschaften, in denen mehrere Generationen füreinander Verantwortung übernehmen“, sagt sie, und das heißt, dass Familie auch da sein kann, wo keine eigenen Kinder, Geschwister, Onkel und Tanten oder Großeltern leben, wo man sich aber in einer Gemeinschaft aufgehoben fühlt. Meier-Gräwe zeigte sehr anschaulich, wie sich die gesellschaftliche Struktur verschiebt – nicht zuletzt wegen des demographischen Faktors. Etwa wenn es - laut einer Studie - 2025 in Deutschland 41 Prozent Ein- und 37 Prozent Zweifamilienhaushalte geben wird. Dass es in Deutschland künftig mehr Kinder geben wird, ist angesichts des Wunschkatalogs junger Männer nicht zu erwarten: Sie wollen viel Zeit für ihre Karriere, eine romantische Beziehung und viel Freizeit. Und junge Frauen? 90 Prozent wünschen sich neben dem Beruf Kinder und setzen darauf, dass sie von den Männern unterstützt werden. „Doch es zeigt sich, dass viele ihren Kinderwunsch nach hinten schieben und ihn nicht realisieren“, sagt Meier-Gräwe.
Den Sport und sein neuestes Projekt sieht sie als Bereicherung und als wichtigen Beitrag: Nicht nur, weil Sport für die Gesundheit, die Kommunikation wichtig ist, sondern weil man über den Sport auch leichter an junge Menschen herankommt – etwa aus bildungsarmen Schichten –, die man sonst nicht erreichen würde. Und sie empfiehlt, sich weitere Partner zu suchen. „Bowling alone“, wie der Titel eines Buches des Amerikaners Robert Putnam lautet, macht auf Dauer keinen Spaß – Kooperation ist wichtig.
Eventuell andere Familienverbände ins Boot holen
Das sieht auch Staatssekretär Hermann Kues so, der die verhinderte Ministerin Kristina Schröder vertrat. Das Projekt sei ein guter Ansatz, um es weiter zu entwickeln und gemeinsam daran weiter zu arbeiten, vielleicht auch noch andere Familienverbände ins Boot zu holen. „Das ist aber jetzt noch keine haushaltsverbindliche Zusage“, meinte der Staatssekretär, aber DOSB-Vizepräsident Walter Schneeloch und das Publikum haben das positive Signal gerne vernommen, dass es weitere Mittel gibt, um das Projekt fortzusetzen. Beide überreichten, nachdem sie noch der elfjährigen Kindermoderatorin Pauline und der ehemaligen 400-mLäuferin und Staffelweltmeisterin Anke Feller (die durch den Tag führte) Rede und Antwort gestanden hatten, den Vertretern des Landessportverbandes für das Saarland den mit 3.000 Euro dotierten Preis für das „Beste Innovationsprojekt“.
In einer Diskussionsrunde zum Thema „Mehr Sport – mehr Zeit – mehr Familie?!“ mit Vizepräsident Schneeloch, Klaus Riegert (Familienausschuss des Bundestages), der Schauspielerin Marion Kracht und Professorin Uta Meier-Gräwe wurde noch einmal deutlich, dass die gesellschaftlichen Veränderungen, aber auch beispielsweise Ganztagsschulen oder G8 die Sportorganisationen vor eine Herkulesaufgabe stellen – nicht zuletzt, weil es auch eine Überlebensfrage werden könnte. Strukturen müssen überdacht und neue Wege eingeschlagen werden. Mit dem Familienprojekt wurde ein weiterer Schritt in die Zukunft getan. „Wir haben einen Stein ins Wasser geworfen, und nun schwappen die Wellen“, so Schneeloch.
(Quelle: DOSB/Bianca Schreiber-Rietig)