Forderungen und Selbstverpflichtungen

Alle Loblieder scheinen gesungen, sämtliche Dankadressen übermittelt. Die Substanz von abertausend Sonntagsreden unterschiedlicher Interpreten zu feierlichen Anlässen klingt jedenfalls gebetsmühlenhaft nach.

 

Und auch dem Ärger und Frust über die tiefe Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit sollte längst erschöpfend Ausdruck verliehen worden sein. Was also gibt es zum Dauerthema „Ehrenamt“ noch zu sagen? Auf den ersten Blick ist es tatsächlich gebührend abgefeiert, leidlich problematisiert und manchmal geradezu nervtötend behandelt worden. Doch in letzter Zeit wird genauer hingesehen, und plötzlich ist ein anderer Zuschnitt ehrenamtlicher Arbeit im gesellschaftlichen Visier. Das hat sehr viel mit der hitzigen Diskussion um die Reformen und vor allem die Grenzen des Sozialstaats zu tun. Denn wo die Perspektiven der Arbeitswelt von Jahr zu Jahr schwerer vermittelbar werden, bekommt der gemeinwohlorientierte Einsatz eine neue Qualität.

 

Das bürgerschaftliche Engagement wird zum großen Hoffnungsträger. Hier fließen öffentliche Interessen und private Neigungen sozusagen in idealer Weise zusammen. Wenn nämlich die Sicherung des Wohlfahrtstaates immer enger mit der Bereitschaft von Millionen von Menschen verknüpft wird, dafür die Ärmel noch höher als ohnehin schon zu krempeln, dann hat das schon eine staatstragende Dimension. Ein Bundesnetzwerk von nicht weniger als 150 gemeinnützigen Institutionen macht sich neuerdings mit deutlichen Aufbruchsignalen bemerkbar, und der organisierte Sport steht nicht nur der Größenordnung wegen in der ersten Reihe. Seine ehrenamtliche Substanz ist gefragt. Die jüngste Standortbestimmung hat der Hauptausschuss des Deutschen Sportbundes vorgenommen, wo Empfehlungen zur Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements verabschiedet wurden.

 

Und darin zeigt sich einmal mehr, dass zentralen Forderungen an die Politik zur Verbesserung ehrenamtlicher Rahmenbedingungen ein rapide wachsender Katalog von Selbstverpflichtungen gegenüber steht. Wer von der Kinderbetreuung bis zur Seniorenarbeit auf allen gesellschaftlichen Handlungs- und Problemfeldern kreative Kräfte am Fließband entwickelt, der sollte eigentlich keinen Rechtfertigungsdruck mehr verspüren. Der sollte vielmehr gemeinsam mit seinen Netzwerkpartnern endlich von politischer Vorwärtsstrategie überzeugt werden. Glaubwürdige Weichenstellungen in ehrenamtlichen Grundsatzfragen lassen Lob und Dank bei feierlichen Anlässen schließlich in ganz anderem Licht erscheinen.