Die Deutsche Sportjugend greift zusammen mit den Sportprojekten des Bundesprogramms „Zusammenhalt durch Teilhabe“ dieses Ereignis auf, um der Opfer der Überlebenden und ihrer Familien zu gedenken. „Nie wieder solche Gräueltaten“, das ist der Auftrag und die Verpflichtung der Überlebenden. 2004 wurde der Gedenktag durch die Initiative „!Nie wieder – Erinnerungstag im deutschen Fußball“ geschaffen, um die Botschaft der Überlebenden mit Leben zu füllen.
Gemeinsam wollen wir dieses Jahr wieder als Sportfamilie erinnern. Denn zwischen 1933 und 1945 wurden Menschen durch die Nationalsozialist*innen verfolgt und systematisch ermordet, darunter fast sechs Millionen Menschen jüdischer Herkunft genauso wie Sinti*zze und Rom*nja oder politisch Andersdenkende. Nur wenige überlebten Konzentrations- und Vernichtungslager in ganz Europa.
In diesem Jahr liegt der Schwerpunkt auf „Frauen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus“. Die nationalsozialistischen Verbrechen waren möglich, weil es viele aktive Täter*innen und Unterstützer*innen gab, aber auch, weil so viele Menschen wegschauten. Nur ein sehr kleiner Teil der Deutschen im nationalsozialistischen Regime leistete Widerstand. Unter diesen wenigen Menschen, die Verfolgten geholfen haben und Widerstand leisteten, gab es viele Frauen. Etliche von ihnen wurden von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet. Die meisten ihrer Namen sind heute vergessen.
„Im Nationalsozialismus haben Frauen aktiv Widerstand geleistet. Sie haben unter Einsatz ihres Lebens verfolgte Menschen unterstützt, sich für Demokratie und Selbstbehauptung eingesetzt oder bewusst nicht den Vorstellungen des Regimes entsprochen – auch im Sport“, sagt Benny Folkmann, dsj-Vorstand. „Couragiert Haltung zu zeigen und aktiv zu werden gegen antidemokratische Haltungen und Handlungen ist auch heute so wichtig und leider nicht selbstverständlich. Wir stehen für einen Sport mit Courage und unterstützen aktiv mit Projekten und Maßnahmen alle Menschen in den Strukturen des Sports dabei, mutig gegen antidemokratische Entwicklungen einzustehen und diesen entgegenzutreten.“
Widerstand im Sport
Widerstand konnte in allen gesellschaftlichen Bereichen erfolgen, auch im Sport. Bisher werden kaum Geschichten von Frauen erzählt, die Widerstand leisteten und einen Sportbezug hatten. Das diesjährige Kampagnen-Thema ist ein Appell an die Vereine und Fanszenen: Begebt euch auf die Suche nach Biografien von Frauen im Widerstand im Nationalsozialismus, die einen sportlichen oder lokalen Bezug zu euch haben und erzählt diese Geschichten.
Zum Beispiel die Geschichte von Margit Zinke (1914-1945), die als Jugendliche Hockey beim Hamburger SV spielte und als junge Erwachsene gemeinsam mit ihrem Mann Paul in einem kommunistischen und sozialdemokratischen Umfeld Widerstand leistete. Margit und Paul Zinke wurden zusammen mit 69 anderen Frauen und Männern im April 1945 im KZ-Neuengamme erhängt, nur wenige Tage vor dessen Befreiung.
Oder die Geschichte der Schwestern Helga (1920-1942) und Ursula Beyer (1918-2013), die im deutschjüdischen Wanderbund aktiv waren und anti-nationalsozialistische Flugblätter von Tschechien nach Deutschland schmuggelten. Ursula überlebte, Helga wurde 1942 im KZ Ravensbrück ermordet.
Nicht zu vergessen die Biografie von Martha Wertheimer (1890-1942). Sie ist in den 1920er Jahren Schriftstellerin, Aktivistin, Fechterin und Schriftleiterin der Vereinsnachrichten von Eintracht Frankfurt. Im Nationalsozialismus organisierte sie Kindertransporte und engagierte sich in der jüdischen Wohlfahrtspflege. Nach ihrer Deportation im Juni 1942 verliert sich ihre Spur, wahrscheinlich wurde sie im Vernichtungslager Sobibor ermordet.
Herausforderungen für die Gegenwart
In vielen Teilen der Welt stellen sich Frauen gegen autoritäre Regime und kämpfen für Menschenrechte, körperliche Selbstbestimmung und ein gewaltfreies Leben. Auch wenn wir in Deutschland heute in demokratischen Verhältnissen leben, ist Diskriminierung und rechte Gewalt nicht verschwunden. Sport ist bis heute ein umkämpfter Raum und nicht frei von rechter Ideologie. So werden Menschen im Sport und in anderen gesellschaftlichen Bereichen zum Beispiel aus antisemitischen, rassistischen, queerfeindlichen oder sexistischen Gründen ausgegrenzt. Dies ist eine Forderung an uns alle, das so nicht hinzunehmen. Die dsj setzt sich als Koordinierungsträgerin des Bundesprogramms „Zusammenhalt durch Teilhabe“ (Z:T) und mit weiteren vielseitigen Aktivitäten für eine Demokratiestärkung im, durch und mit Sport ein.
Weitere Informationen:
Hintergrund: Der Aufruf stammt von der Initiative „!Nie wieder – Erinnerungstag im deutschen Fußball“. Das Netzwerk aus Fangruppen, Fanprojekten, antirassistischen Bündnissen, Amateur- und Profivereinen, der DFL und des DFB, sowie zahlreichen Personen und Institutionen aus der Zivilgesellschaft, organisiert seit 19 Jahren den „Erinnerungstag im deutschen Fußball“, an den Spieltagen um den 27. Januar. Kernpunkte der Kampagne sind das mitfühlende Erinnern an das unendliche Leid, das Millionen Menschen in der NS-Zeit erfahren mussten, mit besonderem Blick auf die preisgegebenen Mitglieder der Fußballfamilie, sowie die unbedingte Forderung, alles heute zu tun, „dass Auschwitz nie mehr sein!“ Darüber hinaus versteht sich die Kampagne als historischen und politischen Lern- und Aktionsort, wo sich Menschen, die den Fußball lieben, generationsübergreifend, mit klugen und kreativen Aktionen im Stadion und in der Zivilgesellschaft für ein demokratisches, den Menschenrechten verpflichtetes Gemeinwesen, engagieren.
(Quelle: DOSB / dsj)