Frauenfußball im Aufbruch

DOSB-Auslandsexpertin Monika Staab berichtet über ihren Einsatz in Gambia

School Festival in Banjul 01
School Festival in Banjul 01

Ein Kurzzeitprojekt im Frauenfußball wurde in Gambia im Oktober und November 2017 sehr erfolgreich durchgeführt. Kurzzeit-Projektleiterin Monika Staab fand ein sehr engagiertes Team um den Fußballverbandspräsidenten Lamin Kaba Bjao vor. Präsident Bjao unterstützt den Frauenfußball sehr, so konnten alle gewünschten Aktivätiten von der Projektleiterin in die Realität umgesetzt werden. Vor allem waren zwei Trainerkurse sehr erfolgreich verlaufen. Sainey Sissohore, Frauenfußballbeauftragte des Fußballverbandes, stand der Expertin die ganze Zeit zur Verfügung. Frau Sissohore ist ebenso engagiert wie dem Frauenfußball eng verbunden. Sie war schon 2012 als aktive und jüngste Spielerin bei der U-17 Weltmeisterschaft in Aserbaidschan dabei. Jede durchgeführte Aktivität (Symposium, Festivals, Trainingseinheiten in verschiedenen Clubs, U-17 Nationalmannschaft und Girls-Akademies) brachte eine positive öffentliche Wahrnehmung des Projekts und somit des Frauenfußballs in Gambia mit sich.

Seit zwei Jahren fördert der Gambische Fußballverband den Frauenfußball. Die Teilnahme an der U-17 Weltmeisterschaft in Aserbaidschan in 2012 brachte bereits große Aufmerksamkeit mit sich. Fußball ist Sportart Nummer Eins in Gambia; man kann sagen, dass die Bevölkerung verrückt nach Fußball ist. Der Frauenfußball hat als vergleichsweise junge Sportart noch nicht den Organisationsgrad des Männerfußballs erreicht, ist aber dennoch in der Gesellschaft akzeptiert.

Es gibt zwei gut funktionierende Ligen mit jeweils sechs Mannschaften, die ihre Spiele von November bis Mai austragen. Darüber hinaus gibt auch einige Mannschaften in der dritten Liga, die um den Aufstieg in die 2. Liga spielen. Die Mannschaften aus der 1. und 2. Liga spielen eine Pokalrunde aus. Ein Super-Cup Finalspiel wird vor Beginn der Punktrunde ausgetragen. Nächste Saison soll die Anzahl der teilnehmenden Mannschaften jeweils erhöht werden. Eine vierte Liga soll auch in absehbarer Zukunft in den Spielbetrieb aufgenommen werden.

Ein anderer großer Meilenstein ist die Schaffung einer A-Nationalmannschaft und U-17 Frauennationalmannschaft durch den Verband. Die A-Nationalmannschaft hat ihr erstes offiizielles internationales Länderspiel gegen Guinea Bissau im September 2017 erfolgreich mit 2:0 bestritten. Im Februar nimmt die A-Nationalmannschaft an der CAF-Qualifikation für die WM 2019 teil. Die U-17 Nationalmannschaft spielt gerade die Qualifikation für die U-17 WM in Uruguay 2018. Ihr erstes Spiel konnten sie in Sierra Leone 3:0 gewinnen. Leider trat Sierra Leone zum Rückspiel aus finanziellen Gründen nicht mehr an. Im Dezember spielen sie ihr nächstes Qualifikationsspiel gegen Ghana. Der Fußballverband stellt den Frauen die nötigen finanziellen Mittel zur Verfügung, um diese internationalen Spiele auch wirklich austragen zu können. Dies ist in afrikanischen Ländern leider keine Selbstverstandlichkeit. Umso höher ist die Unterstützung seitens des gambischen Fußballpräsidenten Lamin Kaba Bajo zu bewerten.

Eine große Herausforderung stellt die Trainerausbildung dar. Den Trainern fehlt das Wissen über moderne Trainingsmethoden (spielgerechtes Training), aber auch im taktischen Spielverständnis. Hier herrschen große Defizite. Sie haben extrem viele verletzte Spielerinnen bedingt durch Unwissenheit an Trainingssteuerung und Trainingsaufbau. Hier herrscht großer Nachholbedarf für die Zukunft, es gilt, viele Trainerkurse für die Trainer/innen in den Clubs als auch für die wenigen Sportlehrer/innen durchzuführen. Die meisten Trainer im Frauenfußball haben keine Lizenz. Es gibt nur zwei Trainerinnen mit einer B-Lizenz und eine Trainerin mit C-Lizenz. Es wäre eine große Bereicherung, C- und B-Lizenz- Kurse in der Zukunft im Frauenfußball durchzuführen. Vor allem müssen mehr Traierinnen ausgebildet werden, da es noch viele Vorbehalte seitens der Eltern gegenüber männlichen Trainern gibt. Ein anderes großes Problem sind die Leistungen der Torleute. Leider gibt es nur ganz wenige Torwarttrainer, um ihr Niveau dementsprechend zu fördern.

Die Bevölkerung ist sehr aufgeschlossen und besonders ehrgeizig. Sie versuchen trotz der gegebenen Umstände (mangelnde finanzielle Mittel) ihr Bestes. Die Menschen in Gambia sind extrem freundlich und immer hilfsbereit. Das Land wird nicht umsonst die „Smiling West Coast of Africa“ genannt. Sie sind immer bereit, zu unterstützen und mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln dem Gegenüber gerecht zu werden. Durch eine neue politische Situation -22 Jahre Diktatur sind endlich Geschichte- herrscht große Aufbruchstimmung und es wäre extrem wichtig, Gambia bei diesen neuen demokratischen Prozessen durch den Sport zu unterstützen. Sport findet leider in den Schullehrplänen nur wenig Berücksichtigung. Es gibt sehr wenige Sportlehrer, noch weniger Sportlehrerinnen – die Bevölkerung ist dennoch sehr sportlich und beweglich. Ein Trainerlehrgang mit Sportlehrer/innen im KZP war der erste dieser Art, den der gambische Fußballverband durchgeführt hat. Der Lehrgang war sehr erfolgreich. Die Sportlehrer/innen waren hoch motiviert und konnten viele neue Erkenntnisse in Sachen Trainingsmethodik im Fußball mitnehmen.

Der Straßenfußball findet hier noch statt und es gibt sehr viele gute potentielle Talente (Mädchen und Jungs), die leider durch fehlende Programme dementsprechend nicht gefördert werden können. Viele Jugendliche sind arbeitslos und sehen keine Perspektive. Der Sport, vor allem der Fußball, könnte einen großen Beitrag leisten, um ihnen eine bessere Zukunft in Aussicht zu stellen. Teilweise heiraten die Mädchen mit 16, 17 oder 18 Jahren – und bekommen sehr früh schon viele Kinder. Dadurch haben sie weniger Chancen, sich beruflich weiterzuentwickeln und erfahren sehr oft finanzielle Einschränkungen. Gerade die Mädchen müssen im Haushalt früh mithelfen und haben nicht dieselben Chancen wie Jungs, die auf den Straßen Fußball spielen und dadurch auch Erfolgserlebnisse in ihrer Jugendzeit erfahren können. Die Jungs strotzen oft vor Selbstbewußtsein und haben dadurch ganz andere Voraussetzungen im Leben. Dieses veraltete gesellschaftliche Rollenbild könnte durch eine besondere Förderung des Mädchen- und Frauenfußballs zum Positiven verändert werden. Frauen könnten durch eine stärkere Rolle in der Gesellschaft auf längere Sicht einen positiven Einfluss nehmen.

Gambia hat einen großen Mangel an ausreichenden Sportplätzen – es gibt in ganz Gambia nur eine Mannschaft, die ein Clubhaus besitzt. Viele Mannschaften tragen ihre Punktspiele auf mehreren Sportplätzen gemeinsam aus. Die jungen und sehr talentierten Spielerinnen befinden sich alle in den Schulen und hier muss angesetzt werden, um Nachwuchsförderprogramme für den Frauen- und Mädchenfußball zu etablieren.

Ein anderes großes Problem sind die mangelnden finanziellen Mittel, die dem Fußballverband zur Verfügung stehen. Man ist komplett von finanziellen Zuschüssen der FIFA abhängig. Die Zusammenarbeit mit der FIFA läuft aber erfreulicherweise hervorragend. So wurde gerade das “Live Your Goals”-Projekt für Mädchenfußball in den letzten vier Jahren durchgeführt und beendet. Diese Festivals wurden in den verschiedenen Regionen durchgeführt und brachten letztlich viele Mädchen zum Fußball. Allerdings mangelt es an Fußball-Schuhen und adäquater Sportkleidung (Trikots/Hosen/Stutzen und Schienbeinschoner). Wären diese Materialen zu genüge vorhanden, könnten sehr viele Mannschaftswettbewerbe in den ländlichen Regionen stattfinden. Vor allem im Jugendbereich finden nur Jugendwettbewerbe in der Mittelschule (Altersstufe 13-15 Jahre) und Oberstufe (15-18 Jahre) statt. Jede Schulmannschaft spielt nur insgesamt fünf Spiele im ganzen Jahr, was natürlich viel zu wenig für die Entwicklung der Spielerinnen ist. In der Grundschule sind mangels finanziellen Mitteln alle Turniere eingestellt worden. So können Mädchen zwischen acht und zwölf Jahren weder Spiele mit Wettbewerbscharakter noch Trainingseinheiten absolvieren. In einigen Grundschulen finden dennoch untereinander einige Freundschaftsspiele statt. Vor allem fehlt es an Trainingsmaterialen wie Bällen, Hütchen und Leibchen. Ein Breitenfußball-Schul-Programm wäre absolute Priorität, um den Mädchen- und natürlich auch den Jungenfußball zu fördern.

Die Projektleiterin konnte mit Frau Sissohore einen Strategieplan für den Frauen- und Mädchenfußball für die nächsten fünf Jahre erstellen. Dieser Plan wurde sehr positiv seitens des Exekutivkomitees des Verbandes aufgenommen.

Ein anderes wichtiges Anliegen der Projektleiterin war es, während den zwei Monaten Werte von Gemeinsamkeiten zu vermitteln und alle Partner in den Dialog einzubeziehen. In diesem KZP konnte die Expertin zum ersten Mal alle Partner an einen Tisch bringen, insbesondere auch das Bildungsministerium. Es konnten sehr viele positive Gespräche in dieser Hinsicht geführt werden. Die Tatsache, dass die Expertin immer wieder darauf hingewiesen hat, dass etwas in der Gesellschaft nur verändert werden kann, wenn alle gemeinsam an einem Strang ziehen, zeigte am Ende positive Wirkung beim Jugend- und Sportministerium. In der Abschlussrede sprach man sich für eine Partnerschaft von Gambischem Fußballverband und Nationalem Olympischen Komitee für ein mögliches Langzeitprojekt im Frauenfußball aus.

Gambia hat großes Potential im Frauenfußball. Die fußballspielenden Frauen und Mädchen sind voller Leidenschaft und arbeiten sehr hart, um die Anerkennung, die sie sich auch verdient haben, im Frauenfußball in Gambia zu bekommen. Sollte es dem Fußball-Verband und den jeweiligen Institutionen gelingen, ein gutes Grassroots (Nachwuchsförderungs-) Programm zu erstellen, könnte Gambia einen großen Schritt nach vorne machen. Das Kurzzeitprojekt hat sicherlich für die nötige Promotion und Aufmerksamkeit für den Frauenfußball gesorgt. Die vielen TV-Berichte und Radio-Interviews trugen zu einer sehr positiven Außendarstellung des Frauenfußballs in Gambia bei. Vor allem galt es, durch die vielen Aktivitäten im Jugendbereich die bestehenden Vorurteile gegenüber dem FF in Gambia abzubauen. Die Kurzzeit-Projekt Leiterin konnte durch die jeweiligen Aktivitäten einige Steine ins Rollen bringen, die hoffentlich für die Zunkunft des Frauenfußballs in Gambia nachhaltige Wirkung entfalten werden.


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