"Freude an der Bewegung"

Das Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland befragt den DOSB-Präsidenten Thomas Bach zur erfolgreichsten Breitensportkampagne "Trimm Dich".

DOSB-Präsident Thomas Bach: "Computerspiele können nie den richtigen Sport ersetzen". Copyright: DOSB
DOSB-Präsident Thomas Bach: "Computerspiele können nie den richtigen Sport ersetzen". Copyright: DOSB

HAUS DER GESCHICHTE: Am 16. März 1970 startete der Deutsche Sportbund die Kampagne „Trimm Dich – durch Sport!“. Herr Dr. Bach, haben Sie sich damals auch von Trimmy, dem Maskottchen der Aktion, animieren lassen, einen der neuen Trimm-Dich-Pfade zu benutzen?

THOMAS BACH: Damals war ich bereits als Fechter aktiv, ich musste also nicht mehr zum Sporttreiben motiviert werden. Waldläufe zählten zum Trainingsalltag, und dabei sind wir auch über Trimm-Dich-Pfade gerannt.

HDG: Erklärtes Ziel der Trimm-Dich-Kampagne war, die stark gestiegene Zahl der Übergewichtigen durch sportliche Betätigung zu verringern. Hat die Aktion ihr Ziel erreicht?

BACH: Rückblickend betrachtet war das Ziel, die Zahl der Übergewichtigen zu verringern, nur ein Teil der Initiative. Geselligkeit, Spaß, Leistungsfreude, Körpererleben und Wettkampf sind ebenso gute Motive, sich zu bewegen. Dies gilt bis heute. Über allem steht die Idee Sport für alle, die seit den 70er Jahren richtungsweisend für die Gestaltung der Kampagnen des deut-schen Sport-Dachverbandes war. Wenn eine Gesellschaftskampagne einen solchen Bekanntheitsgrad wie „Trimm Dich – durch Sport erlangt, dann ist sie ein Erfolg.

HDG: Zunächst war die Aktion sehr erfolgreich. In zahlreichen Städten und Gemeinden wurden sogenannte Trimm-dich-Pfade eingerichtet. Zwischenzeitlich soll es mehr als 1.500 Trimm-Dich-Pfade gegeben haben. Wie erklären Sie das nachlassende Interesse?

BACH: Die Trimm-Dich-Pfade waren kein Bestandteil der Kampagne. Sie wurden von einem Unternehmen initiiert, das sich als Trittbrettfahrer an die Bewegung angehängt hatte. Dass der Trimm-Pfad so bekannt wurde, ist der hohen Popularität der Trimm-Kampagne zu verdanken. Mit der Trimm-Bewegung wurde der Grundstein für die  Entwicklung von Lauftreffs gelegt. Davon gibt es heutzutage Tausende. Von daher ist das Interesse ungebremst.

HDG: Höhepunkt der Kampagne waren die Olympischen Spiele 1972 in München. 94 Prozent der bundesrepublikanischen Bevölkerung und sogar 99 Prozent der Jugendlichen kannten damals die Aktion. Was war das Erfolgsrezept?

BACH: Die Freude an der Bewegung, an der Geselligkeit beim Sport, an der Leistungsfreude und am Körpererleben. Sport für alle ist nach wie vor ein großes Thema. Der DOSB ist mit 27,5 Millionen Mitgliedschaften die größte Personenvereinigung Deutschlands. Hinzu kommt, dass Olympische Spiele etwas Einzigartiges sind. Durch die Trimm-Dich-Bewegung konnte jeder Teil dieser sportlichen Großveranstaltung werden. Auf solch einen Schub für den deutschen Sport hoffen wir auch bei der Bewerbung Münchens um die Olympischen und Paralympischen Winterspiele 2018.

HDG: Trimmy ist fast vergessen – doch die Zahl der Übergewichtigen und Herzinfarktgefährdeten steigt weiter. Ist es für den DSOB nicht an der Zeit, eine neue Trimm-Dich-Aktion zu starten?

BACH: Unser Ziel als DOSB ist es, gemeinsam mit unseren 91.000 Vereinen weitere attraktive Angebote im Sinne des Sports für alle zu schaffen. Dabei spielt der Gesundheitsaspekt eine wichtige Rolle. Allerdings konkurriert der Sport auch mit einer immer größer werdenden Anzahl an alternativen Freizeit- und Gesundheitsangeboten.

HDG: Mit interaktiven Computerspielen auf der Konsole Wii versuchen findige Unternehmen, den Breitensport ins Wohnzimmer zu holen. Strampeln wir in Zukunft zu Hause einzeln vor dem Bildschirm statt gemeinsam im Stadtwald?

BACH: Nein. Computerspiele werden nie den echten Sport ersetzen können. Das gute Gefühl, gemeinsam mit Gleichgesinnten Sport getrieben zu haben, kann man sich nicht vor dem PC holen. Solche Videospiele können aber für den Sport begeistern und zum Sport motivieren.

Das Interview ist im „museumsmagazin 1.2010“ des Hauses der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland erschienen.


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    DOSB-Präsident Thomas Bach: "Computerspiele können nie den richtigen Sport ersetzen". Copyright: DOSB