Fünf Fragen an Lukas Antonietti, den ersten Energie-Hausmeister

Interview mit dem Geo-Wissenschaftler Lukas Antonietti

Dr. Lukas Antonietti
Dr. Lukas Antonietti

Seit 2007 ist der promovierte Geowissenschaftler Lukas Antonietti hauptamtlich beim TV 08 Dienheim angestellt, als bundesweit erster Energie-Hausmeister. „Das ist keine 0815-Nummer, um ein paar Hartz IV-Leute bei Laune zu halten“, sagt er im Gespräch mit Andreas Müller.

DOSB PRESSE: Wie muss man sich Ihr Berufsbild vorstellen?

LUKAS ANTONIETTI: Als Energie-Hausmeister geht es im engeren Sinne erst einmal darum, dass ich mich um den Strom- und Energieverbrauch bei unseren Sportanlagen und der Geschäftsstelle des Vereins mit dem angeschlossenen Kindergarten kümmere. Dann gehört zu meinen Aufgaben, das Energie-Team 21 zu leiten. Das sind hoch qualifizierte Leute. Das ist keine 0815-Nummer, um ein paar Hartz IV-Leute bei Laune zu halten, sondern das sind gut ausgebildete Männer aus verschie-densten Berufen und damit eine hochprofessionelle Geschichte. Alles, was das Energieteam an Aufgaben übernommen hat, das gehört in meinen Verantwortungsbereich. Darüber hinaus bin ich als Umweltbeauftragter des Vereins tätig. Das ist meine übergeordnete Funktion, in der ich Kontakte zu unseren Kooperationspartnern pflege und
beispielsweise Aus- und Weiterbildungs-veranstaltungen in Sachen Umweltschutz vornehme. Ganz intensiv geschieht das an vier Schu-len, an denen ich im Rahmen der Nachmittags-Arbeitsgemeinschaften jeweils eine AG mit dem Schwerpunkt Natur und Umweltschutz leite.

DOSB PRESSE: Also gehört es auch zum Profil des Energie-Hausmeisters, sich in die
Kooperationen des Sportvereins mit den Schulen einzubringen?

ANTONIETTI: Unbedingt, denn im Rahmen der Ganztagsschule leisten wir zusätzlich zu den knapp 300 Wochenstunden in den verschiedensten Sportarten auch unseren Beitrag beim Umweltschutz. Im Rahmen der AG „Energie-Detektive“ bin ich vier Mal pro Woche an einer Grundschule sowie an einer Haupt- und Realschule im Einsatz, um die Schüler zum Beispiel mit häufigen Exkursionen an die Natur heranzuführen und natürlich bei den Kindern und Jugendlichen auch das Interesse für die Belange des Umwelt- und Naturschutzes zu wecken. Besonders intensiv geschieht das gerade jetzt wieder in den Sommerferien, für die der TV 08 schon traditionell ein spezielles Ferienprogramm anbietet. Das beinhaltet natürlich in erster Linie sportliche Aktivitäten, aber mein Kurs „Natur erleben“ ist ebenfalls sehr beliebt. Mit Gruppen zwischen 15 und 25 Schülern bin ich jetzt drei Wochen lang jeden Tag draußen in der Natur, denn Natur ist draußen, wie ich immer sage. Wir sind dann auf unserem großartigen Erlebnisspielplatz oder ich entführe die Teilnehmer in das Öko-System Wald oder auf eine große Wiese oder an den Rhein. Natürlich können wir als Verein über solche Angebote auch ein paar Einnahmen erzielen, um so auch teilweise unsere Personalkosten zu finanzieren.

DOSB PRESSE: Wie ist es für Sie zu dieser beruflichen Neuorientierung gekommen?

ANTONIETTI: Nach einiger Zeit der Arbeitslosigkeit 2006 bin ich zunächst mit einem Ein-Euro-Job als Energieberater beim TV 08 Dienheim eingestiegen und bekam ein Jahr später eine Festanstellung als Umweltbeauftragter und Energie-Hausmeister. Der Verein suchte einen Spezialisten, und die Arbeitsagentur hat mich darauf angesprochen, weil ich durch meine Qualifikation als promovierter Geowissenschaftler und Spezialist für Boden, Wasser, Luft und Klima für diese Aufgabe prädestiniert bin. Nun hoffe ich sehr, dass sich nach den ersten Erfolgen auf diesem Weg für andere Mitglieder aus unserem Energie-Team ähnliche berufliche Perspektiven ergeben.

DOSB PRESSE: Was bedeutet der Begriff „Energieteam 21“?

ANTONIETTI: Der Name geht auf die erste UN-Umweltkonferenz 1992 in Rio de Janeiro zurück, an der Vertreter aus mehr als 180 Staaten teilgenommen haben und in den Grundzügen die Agenda für das 21. Jahrhundert festgelegt wurde. Dort wurde praktisch das Pflichtenheft der internationalen Staatengemeinschaft für den Umweltschutz angelegt und deutlich zum Ausdruck gebracht, dass man Umwelt, Wirtschaft und Soziales nicht einzeln betrachten darf, sondern als komplexes Ganzes ansehen muss. Mit unserer Initiative folgen wir dieser Dreieinigkeit auf geniale Weise. Wir sorgen für Einsparungen beim Verbrauch von Energie, bei Wasser und anderen Ressourcen, das ist wirtschaftlich. Wir entlasten damit die Um-welt, indem zum Beispiel weniger Kohlendioxyd ausgestoßen wird. Und wir schaffen Arbeitsplätze oder wenigstens Mini-Jobs, das ist die soziale Komponente. Der Name Energieteam soll aber zugleich ausdrücken, dass wir an diese Aufgabe mit Energie und sehr energisch und dynamisch herangehen.

DOSB PRESSE: Gibt es schon Anfragen von anderen Vereinen?

ANTONIETTI: Bisher wurde vor allem über die örtliche Presse wahrgenommen, was wir hier auf die Beine gestellt haben. Wir haben auch schon einige Vorträge darüber gehalten, aber der Eindruck bisher ist, dass sich die Vereine schwer damit tun, Neues aufzunehmen und diesen Ansatz in ihre Arbeit zu implementieren. Für hauptamtliche Umweltbeauftragte oder Energiehausmeister werden sich wohl die wenigsten Vereine entscheiden. Aber es scheint ein Interesse zu geben, auf diesem Gebiet von außen professionell beraten zu werden. Das ist eine Chance für uns Chance, unsre Erfahrungen zu transportieren. Wir geben unser Know-how gern weiter und sind durchaus einverstanden mit Nachahmern – nur die Qualität und Professionalität muss
gewährleistet sein. Das Thema ist doch für manche Vereine schon existentiell, denn die gestiegenen und immer weiter zunehmenden Kosten für Strom, Heizung und Wasser können über höhere Mitglieds-Beiträge bestimmt nicht aufgefangen werden.


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