DOSB PRESSE: Ist das Experiment gelungen, mit der Bundeskonferenz Sportentwicklung die einzelnen Themen der Sportentwicklung mit Bildungsprozessen zu verbinden und dadurch auch die bisherigen unterschiedlichen Bundeskonferenzen für Breitensport und für Bildung zusammenzuführen?
DOLL-TEPPER: Aus bildungspolitischer Sicht konnten wir in der Bundeskonferenz wichtige Fragen diskutieren, die unmittelbar das Bildungsverständnis des organisierten Sport berühren und die zugleich ganz konkrete Handlungsfelder des organisierten Sports zum Inhalt hatten. Natürlich gehörte hierzu die Diskussion über Herausforderungen des organisierten Sports vor dem Hintergrund von Schulentwicklung. Aber darüber hinaus wurde auch aufgearbeitet, dass das Zivilengagement und seine Anpassung an die veränderten Lebensbedingungen neue Bildungs-potentiale im Sport schafft, die es zukünftig verstärkt zu nutzen gilt. Die zentrale Frage, welche Bildungspotentiale der organisierte Sport bietet, zog sich durch fast alle Arbeitskreise: Unter dem Blickwinkel der Aus- und Fortbildung von Trainer/innen im Leistungssport, der Engagementformen für Ältere oder auch der Umweltbildung im und durch den Sport wurden Anregungen für die Teilnehmer/innen der Bundeskonferenz und zugleich wichtige Impulse für die zukünftige Arbeit des Breitensports und der Bildung im DOSB gegeben. Dies alles wurde möglich, weil sich nicht nur die Teilnehmer/innen, sondern in besonderer Weise auch die Referent/innen auf komplexe Fragestellungen eingelassen haben. Daher gilt unser Dank allen Referent/innen, die sich dieser Aufgabe gestellt haben!
SCHNEELOCH: Es war ja die erste Bundeskonferenz, die sich zum Ziel gesetzt hatte, Themen der Sportentwicklung ganzheitlich anzugehen und sich zugleich konzentriert mit aktuellen und differenzierten Fragestellungen zu befassen. Uns war dabei von Anfang an klar, dass die Aufgabe, Sportentwicklung aus den spezifischen Fragen von Bildung und Breitensport zu thematisieren, ein ambitioniertes Unterfangen war. Mit der Fokussierung auf die beiden zentralen Bildungsaspekte „Lernende Menschen“ und „Lernende Organisationen“ wurden in den beiden durchaus anspruchsvollen Hauptvorträgen Fragen angesprochen, die in den nachfolgenden Workshops inhaltlich vertieft und ausführlich diskutiert werden konnten. Die Inhalte der Workshops orientierten sich im Wesentlichen an aktuellen, gesellschaftlich relevanten Aufgaben des organisierten Sports. Dass wir mit dem Experiment nicht falsch lagen, war spätestens klar, nachdem feststand, dass sich über 250 Personen an der Bundeskonferenz beteiligen werden. Damit war das Limit, das wir uns im Vorfeld der Veranstaltung gesetzt hatten, zwar überschritten, aber das gewählte Veranstaltungsformat und das Konferenzhotel sicherten die notwendige Flexibilität, dass alle, die sich angemeldet hatten, sich auch aktiv in die Bundeskonferenz einbringen konnten.
DOSB PRESSE: Wie bewerten Sie Ablauf und Inhalte der zweitägigen Bundeskonferenz in Berlin?
SCHNEELOCH: Neben den Hauptvorträgen und der Arbeit in den Workshops war ein Highlight die Begrüßung durch die Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt: Sie hat ein klares Bekenntnis dafür abgegeben, dass der Sport mit seinen organisatorischen Rahmenbedingungen und seiner flächendeckenden Struktur unverzichtbare Leistungen gerade für die Prävention erbringt. Dabei bezeichnete sie den Sport als einen der wichtigsten Partner für ihr Ministerium und verwies auf den Aufbau gemeinsamer Projekte, wie z.B. die Frauensportaktionswochen, die sie auch in 2009 unterstützen wird, und das gerade angelaufene Netzwerkprojekt „Bewegung und Gesundheit: Mehr Migrantinnen in den Sport“, das sich über drei Jahre erstreckt. Die Ministerin unterstrich zudem, dass sie das geplante Präventionsgesetz weiterhin für erforderlich hält und dass in dem derzeitigen Entwurf die Sportvereine als gesunde Lebensorte ausdrücklich genannt sind. Zur Bundeskonferenz konnten wir auch den Präsidenten des DOSB, Dr. Thomas Bach, begrüßen, der sich in seiner Ansprache beeindruckt zeigte von den angebotenen Konferenz-themen und dem großen Interesse der Mitgliedsorganisationen hierfür, was sich in der hohen Teilnahmezahl widerspiegelt.
DOLL-TEPPER: Natürlich spielt bei einer solchen Veranstaltung immer auch das „informelle Lernen“ eine wichtige Rolle. So bot eine Posterausstellung mit den Ergebnissen des Innovationsfonds 2007 vielfältige Möglichkeiten, sich über die Veranstaltungsthemen hinaus zu informieren und mit anderen ins Gespräch zu kommen. Zudem hatte es der Landessportbund Berlin übernommen, eine Schifffahrt auf der Spree vom Hotel zum Roten Rathaus zu organisieren. Dort schloss sich ein Empfang durch den Regierenden Bürgermeister an, der in einem wunderbaren Büffet ausklang. Auch dies sind bleibende Bilder, die wir mit nach Hause genommen haben: Die Fahrt durch das Regierungsviertel, vorbei an der beeindruckenden Museumsinsel und an den wenigen, noch sichtbaren Ruinen des ehemaligen Palastes der Republik und dann das Buffet unter den Augen von Otto von Bismarck und Wilhelm I. wird uns allen in bester Erinnerung bleiben. Dafür gelten dem Senat von Berlin und dem Landessportbund unser besonderer Dank. Sie haben die Latte für nachfolgende Veranstaltungen hoch gelegt!
DOSB PRESSE: Welche Erkenntnisse konnten für die künftige Entwicklung des Sports gewonnen werden, sind sogar schon praktische Umsetzungen aus dem Konferenz-Ergebnis abzuleiten?
DOLL-TEPPER: Sportentwicklungsprozesse sind immer auch verbunden mit Bildungsprozessen. Dies ist in der Bundeskonferenz klar und deutlich geworden. So werden wir die Aufgabe an-packen, eine Bildungsberichterstattung aufzubauen, die sich an den speziellen Bedürfnissen von Ehrenamt und Zivilengagement ausrichtet, wie wir sie auf allen Ebenen des Sports finden. Darüber hinaus habe ich eine ganze Reihe von Anregungen für meine Arbeit erhalten, wie z.B. mit der Kultusministerkonferenz in die Diskussion darüber einzusteigen, für den Schulsport verstärkt auch sportartspezifische Entwicklungen zu thematisieren und darüber hinaus auch Bildungsauf-gaben bei der Trainerausbildung verstärkt in den Blick zu nehmen. Darüber hinaus hatten alle Konferenzteilnehmer/innen die Möglichkeit, die Veranstaltung differenziert zu bewerten und Hinweise für ihre Weiterentwicklung zu geben. Die Auswertung hiervon wird in die Planung der nächsten Bundeskonferenz einfließen, deren Termin Sie sich bereits jetzt notieren können: Sie wird am 8. und 9. Oktober 2010 stattfinden. Leitmotiv und Ort werden wir nun sehr rasch festlegen.
SCHNEELOCH: Der Präsidialausschuss Breitensport/Sportentwicklung, der sich intensiv mit der Planung der Bundeskonferenz befasst hat, wird die Inhalte der Hauptvorträge und die Workshop-Ergebnisse aufbereiten und unmittelbar in seine Arbeit einfließen lassen. Da geplant ist, die Dokumentation der Veranstaltung noch in diesem Jahr zu veröffentlichen, können die Arbeitser-gebnisse sehr rasch zur Verfügung stehen. Neben allen inhaltlichen Erkenntnissen und zentralen Anregungen für unsere weitere Arbeit war die Veranstaltung für den Präsidialausschuss ein wichtiger Meilenstein in der Vernetzung nicht nur der Breitensportentwicklung mit Bildungsthemen. Vielmehr lag der Mehrwert vor allem auch darin, dass die Bundeskonferenz im eigentlichen Sinne des Wortes ein Forum für den Gedankenaustausch zwischen den engagierten Ehrenamtlichen und hauptberuflichen Menschen geboten hat, die die Sportentwicklung in ihren jeweiligen Organisationen nachhaltig prägen und gestalten. Dies gilt auch für das Team des Geschäftsbe-reiches Sportentwicklung im DOSB, für deren Arbeit ich mich auch im Namen von Gudrun Doll-Tepper sehr herzlich bedanken will.