Gerd Boussel, Präventionsbeauftragter der Berliner Polizei in Marzahn, setzt auf Sport als Mittel zur Gewaltvorbeugung und Integrationskatalysator

Boussel ist gebürtiger DDR-Bürger, hatte Russisch in der Schule. Im Gegensatz zum Gros derer, die in der DDR Russischunterricht hatten, spricht der 45-Jährige die Sprache auch noch. Seine Frau ist in Ussurijsk aufgewachsen, dort wo der sibirische Tiger seinen Namen her hat.

"Wer richtig in einem Sportverein verankert ist, der wird weniger dazu neigen, Gewalt auszuüben", meint Boussel (Foto: privat).
"Wer richtig in einem Sportverein verankert ist, der wird weniger dazu neigen, Gewalt auszuüben", meint Boussel (Foto: privat).

Zugute kommt Boussel dieser Fakt des Öfteren bei dem Job, den er seit gut einem Jahr macht: Er ist Präventionsbeauftragter im Polizeiabschnitt 62, und der liegt in Europas größtem Plattenbauviertel – Marzahn. Hier leben auch viele Aussiedler­familien, und Boussel kann so immer wieder von seinen Russisch­kennt­nissen profitieren – etwa, wenn er den Eltern erklärt, warum Sport ihren Spröss­lingen eine gute Inte­gra­tions­hilfe sein kann. Oder sei es nur, dass plötzlich einer die jungen Aussiedler besser versteht, als ihnen lieb ist, und sie sich nicht hinter ihrer Sprache verstecken können.

 

Hauptaufgabe der Präventionsbeauftragten in den Bezirken ist es, zur Vorbeugung von Kinder- und Jugendgewalt beizutragen. So gibt Boussel, selbst dreifacher Vater, unter anderem Anti-Gewalt-Seminare mit Rollenspielen an Marzahns Schulen.

 

Das Konfliktpotential ist gerade dort hoch, wo auch viele sozial benachteiligte Familien leben - beispielsweise solche mit Migrationshintergrund, weiß Boussel. Oft fehle das Geld, um die Kinder an Angeboten zur Freizeitgestaltung teilnehmen zu lassen. Die Folge: Sie "hängen rum", begehen nicht selten früher oder später so genannte Bagatelldelikte – von Schwarzfahren über Ladendiebstahl bis Körperverletzung reicht die Palette – und landen so auf dem Polizeirevier. Oft geht die kriminelle Karriere mit dem Schuleschwänzen einher.

 

„Ich bin froh über jedes Kind, das ich in einem Sportverein unterbringe“

 

Hat er die Kids nicht schon in der Schule erreicht, so setzt Boussel spätestens jetzt an, zum Beispiel, indem er ihnen und ihren Eltern seine selbst zusammengestellte Liste von über 50 Sportvereinen in Marzahn und Umgebung übergibt. „Ich bin froh über jedes Kind, das ich in einem Sportverein unterbringe. Wer richtig in einem Sportverein verankert ist, der wird weniger dazu neigen, Gewalt auszuüben“, ist Boussel überzeugt. Ist partout kein Geld für einen Vereinsbeitritt da, dann bringt Boussel den Marzahner Ableger des kostenlosen KICK-Projekts ins Spiel, mit dem er nun schon seit vielen Jahren zusammenarbeitet.

 

Sport gegen das Abgleiten in die Kriminalität

 

Bei dem international beachteten Projekt mit acht Standorten in der ganzen Stadt arbeiten die Sportjugend Berlin, der Verein für Sport und Jugendsozialarbeit e.V. und die Polizei eng zusammen. Ziel: Mit Sportangeboten und sozialpädagogischen Methoden soll das Abgleiten von Kindern und Jugendlichen in die Kriminalität verhindert werden. Boussel und seine Kollegen vermitteln Kinder und Jugendliche, die etwas auf dem Kerbholz haben, auf freiwilliger Basis an das Projekt. KICK bietet ein breit gefächertes Angebot von Kursen in einem Seilgarten bis hin zu Eissport.

 

Respekt und Regeln (Sie müssen miteinander sprechen)

 

"Beim Sport sind die Kids dazu gezwungen, sich mit ihren Teammitgliedern oder der gegnerischen Mannschaft auseinanderzusetzen. Sie lernen da ganz nebenbei viel übereinander. Sicher gibt es immer mal wieder Anfeindungen, aber das Ganze findet in einem sicheren Umfeld statt, in dem auf Respekt, die Einhaltung von Regeln und auf Fairness geachtet wird", sagt Boussel. Besonders freut er sich über das Resümee seiner Arbeit im vergangenen Jahr. 81 Kids hat er an das Kick-Projekt vermittelt, 17 sind geblieben. Das ist eine Erfolgsquote von 21% - sein langjähriges Mittel lag bislang bei 15 %.


  • "Wer richtig in einem Sportverein verankert ist, der wird weniger dazu neigen, Gewalt auszuüben", meint Boussel (Foto: privat).
    "Wer richtig in einem Sportverein verankert ist, der wird weniger dazu neigen, Gewalt auszuüben", meint Boussel (Foto: privat).