Das von vielen Experten geforderte Thema „Prävention“ als vierte Säule im Gesundheitswesen ist in dem Eckpunkte-Papier von Bundesregierung und Opposition
zur anstehenden Gesundheitsreform zwar mit einem Absatz erwähnt, aber nur mit dürftigen Worten beschrieben worden. Nach dem Kompromiss zwischen den Verhandlungsführern von SPD/Bündnis 90/Die Grünen um Gesundheitsministerin Ulla Schmidt und der CDU/CSU um Horst Seehofer sollen die Einzelheiten in einem noch zu verabschiedenden Präventionsgesetz geregelt werden. „Es ist schon enttäuschend, was darin enthalten ist“, meinte der Gesundheitsbeauftragte des Deutschen Sportbundes, der Frankfurter Sportmediziner Prof. Dr. Winfried Banzer.
Die Formulierungen in dem Papier zur Prävention im Einzelnen: „Präventionsmaßnahmen und Fördermaßnahmen für die Selbsthilfe sollen stärker zwischen den Krankenkassen und mit anderen Beteiligten koordiniert werden. Hierfür soll ein Gemeinschaftsfonds auf Bundes- und Landesebene aus einem Teil der Mittel für diese Maßnahmen gespeist werden. Näheres auch zur Finanzverantwortung regelt ein Präventionsgesetz, das Prävention definieren, eine Vernetzung von Initiativen bewirken, das Bewusstsein für die Notwendigkeit der Prävention schärfen und für eine Intensivierung der Forschung sorgen soll. Bei der Ausgestaltung ist sozialen, regionalen und zielgruppenspezifischen Erfordernissen Rechnung zu tragen.“
Die Feinabstimmung des Gesetzes für die Gesundheitsreform wird ab dem 21. August erfolgen. In den Verhandlungen hatte es allerdings eine Arbeitsgruppe gegeben, die sich eigens mit dem Thema Prävention befasst hatte. Sie bestand aus der gesundheitspolitischen SPD-Sprecherin Helga Kühn-Mengel (SPD), den Bundestagsabgeordneten Petra Selg (Bündnis 90/Die Grünen) und Detlef Parr (FDP) sowie der niedersächsischen Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU). Dieses Quartett erarbeitete ein längeres Papier, das am Ende nur zur Kenntnis genommen wurde. Parr, der auch im Sportausschuss des Deutschen Bundestages sitzt, war trotz aller Kritik mit dem Entwurf zufrieden. „Es ist vor allem mit Blick auf mögliche Bonus-Regelungen der Krankenkassen eine gute Richtung eingeschlagen worden“, sagte er. Nun müsse der Sport aufpassen, dass er bei der Erarbeitung des Gesetzes auf jeden Fall auftauche.
Das Präventionsgesetz soll im Herbst angegangen werden. Aber in vielen Kreisen bestehen Befürchtungen, dass das Gesetz gar nicht erarbeitet wird. „Wir müssen massiv darauf drängen, dass ein Präventionsgesetz kommen wird“, forderte Banzer. Er hatte für den Deutschen Sportbund gemeinsam mit einer Gruppe von Gesundheitsexperten um den Präsidenten des Deutschen Kneipp-Bundes, Ulf Fink, ein Alternativ-Papier mit konkreten Vorschlägen wie einer Präventionsstiftung erarbeitet. Diese Vorschläge wurden nun nicht aufgegriffen, sind aber innerhalb der Verhandlungspartner auf reges Interesse gestoßen, wie aus dem Kreis bestätigt wurde.
Dagegen hatten die für Gesundheit zuständigen Landesminister bei ihrem turnusmäßigen Treffen Anfang Juli in Chemnitz einen Paradigmenwechsel gefordert, in dem der Prävention und Gesundheitsförderung ein zumindest gleichrangiger Stellenwert neben der Kuration (Behandlung) und der Rehabilitation zugebilligt werden solle. Primäres Ziel muss es aus der Sicht der Minister sein, die Gesundheit zu erhalten oder wieder herzustellen. Es müssten Strategien und Maßnahmen zur Begrenzung bzw. Minimierung der Erkrankungen entwickelt werden, um das deutsche Gesundheitswesen leistungsfähig zu halten. Die Bundesregierung solle eine kommunale und regionale Steuerung von Maßnahmen der Prävention und Gesundheitsförderung sicherstellen.